Ort: Blue Shell, Köln
Vorband: Josiah Konder

iceage,konzertDenke ich an Iceage, denke ich zuallererst an Manni das Mammut und Sid das Faultier, die sich durch die letzte Eiszeit quälen und Abenteuer erleben. Im zweiten Gedankengang kommt mir die Band Iceage in den Sinn, die ich einst am frühen Abend auf einer der Primavera Bühnen gesehen habe. Im Gegensatz zu den spanischen Emo-Punk Bands, die zuvor und danach spielten, bleibt mir ihr Auftritt stärker in der Erinnerung. Warum genau, kann ich nicht sagen. Vielleicht hat es auch etwas mit Manni und Sid zu tun.

Als ich an diesem Nachmittag kurz in das aktuelle Album der Band höre, Beyondless heißt es, muss ich sofort an eine andere band denken, die ich ein bisschen gut finde: Merchandise. Und als ich las, dass Iceage in einem weiteren Song Sky Ferreira featuren, bin ich gleich noch ein Stück mehr angetan von den Dänen. Vielleicht ist es doch nicht so verkehrt, die Einladung anzunehmen und ins Blue Shell zu fahren. Dort sollten Iceage an diesem Abend auftreten und irgendwie bekam ich Lust, mir die Band live anzusehen.

Lofi Punk steht auf der Homepage des Blue Shells. Und noch einiges mehr. Ich sitze im Zug und da ich wenig über die Band von Johan Surrballe Wieth, Dan Kjær Nielsen, Elias Bender Rønnenfelt und Jakob Tvilling Pless, die später mit zwei weiteren Musikern auf der Bühne stehen werden, weiß, versuche ich mich, schlau zu machen. Vier Alben haben Iceage bereits veröffentlicht, das aktuelle Beyondless ist das erste Album der Band seit vier Jahren. Soweit die Theorie. Wann hatte ich sie nochmal beim Primavera gesehen? Es muss zum ersten oder zweiten Album gewesen sein, denn es ist schon eine Zeit her.

Als ich das Blue Shell betrete, bin ich für einen kurzen Moment unsicher. Sind die Burschen auf der Bühne schon Iceage? Ich habe mir ihre Gesichter nicht sonderlich stark eingeprägt und der Sound klingt durchaus passend: Gitarren und so. Ich brauche daher ein paar Minuten, um mich zu schütteln. Nein, der nach The Pogues klingende Kneipengesang kann nicht von Elias Bender Rønnenfelt kommen. Richtig. Ich erwischte noch die letzten beiden Songs der Vorgruppe Josiah Konder, eine andere Kopenhagener Band, die just ihr Debüt Songs for the stunned herausgebracht haben. Neben der Stimme des Sängers, die ab und an bedrohlich schwankt wie Shane MacGowan, bleibt nur wenig hängen. Zwei Songs sind dann doch zu wenig, um einen Eindruck zu gewinnen. Stand jetzt würde ich sagen, Josiah Konder klingen in ihrem Postpunk poppiger als Iceage.

Iceage, ich sag‘ es gleich, habe ich unterschätzt. Von den ersten Minuten an beeindruckte mich das Konzert. Sechs Mann machen die Bühne voll. Obwohl ich nicht so viele Sachen von der Band kenne, macht das an diesem Abend wenig. Die Songs sind, bis auf zwei, drei Ausnahmen, eingängig und gut. Es ist für mich überraschend, dass ich ab und ein Saxophon höre. Ich mag das aber sehr und in diesen Momenten lässt mich Iceage an King Krule denken. Gut so. Ein bisschen Bluesrock wie in „Thieves like us“ (puh, was für ein Allerweltsongtitel) ist nicht verkehrt. Huch, vor 10 Jahren hätte ich diesen Satz nicht geschrieben. Ich werde ein alter Bluesrocker!

Wenn die beiden Tourmusiker nicht Saxophon und Violine spielen, sind die Songs gleich ein Stück weit brachialer und gitarrenlastig wilder. Ich vermute, es handelt sich dann um Songs aus früheren Jahren und den ersten drei Alben.  Mir persönlich gefallen die aktuellen Songs besser, sie klingen nicht nur ausgereifter und trickreicher, sie sind auch schöner. Hier merkt man dann auch deutlich, dass der Refused Vergleich, den die Dänen oft über sich ergehen lassen müssen, mehr als hinkt.
Ich entdecke auch spontan kleine Hits („Beyondless“), bei denen die ausufernden Armbewegungen des Sängers inklusiver seiner seichten Moves direkt eine andere Qualität erreichen. Ja, Iceage wissen mich zu beeindrucken und gerade die kompakten Songmelodien mit Saxophonunterstützung  begeistern mich immer mehr. Es ist kein reines Rockkonzert, das die Dänen im Blue Shell präsentieren. Doch so habe ich sie aus Barcelona in Erinnerung. Es scheint also, als ob die Band musikalisch an einem neuen Entwicklungspunkt angekommen ist. Der Punkrock wird immer mehr aufgeweicht vom Bluesrock, vom Soul des Saxophons und dem sanften Spiel der Violinen. „Catch it“ oder „Pain Killer“ klingen deutlich anders als „White Rune“ oder „Ecstacy“, die ältesten Stücke des Abends.

Ich muss Beyondless noch einmal genauer unter die Lupe nehmen.

Setlist:
01: Hurrah
02: Pain killer
03: Under the sun
04: Plead the fifth
05: Morals
06: The Lord’s favorite
07: The day the music dies
08: Thieves like us
09: Take it all
10: Beyondless
11: White rune
12: Ecstacy
13: Power ballad
14. Catch It
Zugabe:
15: Plowing into the field of love

Kontextkonzerte:

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