Ort: Club Bahnhof Ehrenfeld, Köln
Vorband: Fredda
Mit französischer Popmusik verbindet mich eine Hassliebe. Und die wunderschönen le Pop Konzerte, die alle Jahre wieder in Köln stattfinden sind folglich ein zweischneidiges Schwert für mich. Typische französische Chanson mag ich nicht, sie klingen mir zu mediterran, zu klassisch, zu sehr nach tralala. O je, das ist eine selten dämliche Umschreibung, aber mir fallen keine besseren Adjektive ein.
Einige Vertreter der „neuen“ französischen Popkultur dagegen finde ich sehr spannend: Dominique A., Benjamin Biolay, Yann Tiersen oder eben Françoiz Breut. Zufällig ist das die Creme de la Creme dieses Genres. In Frankreich sind sie alle Superstars, in Deutschland dagegen nur sehr wenig bekannt. Die le Pop Macher haben es sich daher vor Jahren auf ihre Fahnen geschrieben, diese wunderbaren Künstler auch im nicht frankophilen Deutschland etwas bekannter zu machen.
Und so spielte an diesem Mittwoch Françoiz Breut im Kölner Club Ehrenfeld, zusammen mit der eher „klassischen“ und mir völlig unbekannten Fredda. Also auch am diesem Abend zwiespältige Gefühle, die mich lange unsicher bleiben ließen, ob es wirklich eine gute Idee war, hierhin zu fahren.
Natürlich war es das, denn der Abend war Dank Françoiz Breut ein großer Abend.
Doch zuerst Frédérique Dastrevigne, wie Fredda eigentlich heißt. Die Französin betrat zusammen mit einem Gitarristen die Bühne. Das Bild, welches die beiden abgaben, war so typisch französisch, dass ich es nicht beschreiben möchte. Fredda hat mit „L´Ancolie“ eines der „bisher schönsten Alben des Jahres vorgelegt“, wie Focus Online zu schreiben weiß.
Ich habe keine Ahnung, wie ich ihre Songs beschreiben soll, dafür kenne ich mich auf diesem gebiet zu wenig aus. Das Internet sagt:
Ihren französischen Chanson reichert sie mit US-amerikanischen und kanadischen Inspirationen an. Das Album passt perfekt zum Herbst. (mdr.de)
sie wunderbare, melancholische Songs in der Schnittmenge von Chanson, Country, Blues, Folk und Walzer. Pate stehen dabei Künstler wie Calexico oder Tom Waits. (pop100.com)
Beeinflusst von Karen Dalton und Vashti Bunyan hat Fredda ihren ganz eigenen Stilmix geschaffen, der durchaus von englischen und amerikanischen Einfluss geprägt ist, dennoch kaum französischer sein könnte. (diekopfhoerer.eu)
Den überall gelobten amerikanischen oder gar desert-esken Einfluss habe ich an diesem Abend nicht herausgehört. Das mag daran liegen, das Fredda nicht mit Band auftrat, oder es mag daran liegen, dass es ihn so, wie ich ihn interpretieren würde, gar nicht gibt.
Sei es drum, meins war Freddas Auftritt nicht so ganz. Dass er dennoch einen Höhepunkt des Abends enthielt, verdankte Fredda den Umständen im Club Bahnhof Ehrenfeld. Just in dem Moment, als die Sängerin zur Zugabe auf die Bühne kam und mehr Licht einforderte, machte es paff, und der Konzertsaal war – bis auf die Notbeleuchtung – stromlos. Das sich das Problem nicht so schnell beheben ließ, spielte Fredda ihre Zugabe, ein Stück mit deutschem Text, den sie im Halbdunkel wahrscheinlich nur so gerade von ihrem Zettel ablesen konnte, am Bühnenrand sitzend akustisch und ohne Mikrofonunterstützung. So wurde das natürlich zu einem Knaller, der mit großem Jubel und Applaus belohnt wurde.
Nach einer länger als geplanten Umbaupause (der Strom), betrat Françoiz Breut die Bühne. Mit Band und mit einem Best-of Programm. Bis kurz nach Mitternacht spielte Frau Breut nur Hits, mal akustisch im Zuschauerraum, mal laut mit Band auf der Bühne, mal in englischer, mal in französischer Sprache. Hörspielsample und Verzerrmikrofon waren genauso Instrumente, wie Schlagzeug, Gitarre, Bass und Keyboard.
War ich am Anfang noch unsicher, ob und wie mir das alles gefallen würde, so waren Bedenken nach wenigen Songs verflogen. Es war ein guter, abwechslungsreicher, interessanter und viel umjubelter Auftritt auf der einen und ein unterhaltsamer Abend für mich auf der anderen Seite. Abgelenkt wurde ich nur einmal, als ich durch eine Nachricht auf meinen dienstäglichen Post über das Mono Publikum in unterhaltsamer Weise aufmerksam gemacht wurde. Nein, wie bei Linux-Programmierertreffen fühlte ich mich hier nicht. (Über den Monoabend schrieb ich: „So ein Mono Konzert ist ein bisschen wie ein Linux Programmierertreffen.“).
Das Publikum hier war angenehm vielschichtig und sehr interessiert. Gerade in den ruhigen Momenten, so als Françoiz Breut einmal alleine und einmal nur mit ihrem Gitarristen aus dem Zuschauerraum zwei Lieder spielte, war es enorm aufmerksam. Hier plapperte niemand, hier interessierten sich alle für die Musik.
Fünf Alben umfasst ihr Plattenkatalog, Leider bin ich nicht so titelfest, um viel über die gespielten Songs sagen zu können, ich glaube aber, „Werewolf“ war auf alle Fälle dabei, ebenso wie „Marie Lise“ (das mit dem Sample), „La boite de nuit“ und „Si tu disais“. Es war ein guter Querschnitt durch die Jahre und die Stilrichtungen. Nach einer Stunde beendete die Band ihr Set, nicht aber ohne noch einmal wiederzukommen. Ach was sag ich, einmal, dreimal kamen sie zurück und spielten weiter knapp 35 Minuten. Am Ende war es dann zwar knapp nach Mitternacht, aber ich immer noch hellwach. Was für den Abend spricht, denn die Tage zuvor waren auch mit wenig Schlaf gesegnet.
Kontextkonzerte:
Marianne Dissard – Köln, 10.02.2011
Mathieu Boogaerts – Köln, 06.11.2010
Benjamin Biolay – Esch-Alzette, 22.05.2010
Coralie Clement – Köln, 24.04.2009
Marianne Dissard, Françoiz Breut – Köln, 15.03.2009
Multimedia: