Ort: Den Atelier, Luxemburg
Vorband: Amtrac

Dj Shadow - Luxemburg, 16.03.2024

Die Visuals auf der kleinen Leinwand hinter dem DJ-Pult werden von Track zu Track besser. Waren es anfangs noch AI generierte Formen und Gestalten, so sind es nun, nach einer Stunde Konzert, Comiczeichnungen und lustige Figürchen.
Ich stehe im den Atelier in Luxemburg, DJ Shadow legt auf. Will sagen, er gibt ein Konzert; ich bin nicht auf einer Party oder bei einer fancy Galerieeröffnung. Relativ kurzfristig hatte ich mir überlegt, seinen Auftritt zu besuchen. Irgendwie hatte ich Lust, mir den Ami mal aus der Nähe anzuschauen, und nachdem es in den letzten Jahren nicht geklappt hat (ich glaube, ein Kölner Konzert fiel Corona zum Opfer), kam der Luxemburg Gig ganz gut gelegen. Auf der Rückreise aus Brüssel nach Hause ist doch ein kleiner Schlenker drin, so der Plan im Vorfeld. ‘First we took Brussels, than we take Luxembourg.’ Oder so ähnlich. Geplant und umgesetzt. Am Nachmittag ging es nicht zurück, sondern es ging auf einer sehr schwach befahrenen Autobahn in Richtung Süden. Vorbei an Namur, Dinant und Arlon bis nach Luxemburg Stadt. Gute zwei Stunden stressfreieste Autobahnfahrt durch die Wallonie. Es machte so viel mehr Spaß als bei uns!

Joshua Paul Davis veröffentlicht Alben im Vier-Jahres-Rhythmus. Die aktuelle Platte Action Adventure ist gerade draußen, das vorherige Our pathetic age erschien 2019. Am vielleicht spannendsten ist aber sein Debütalbum von 1996. Endtroducing….. war das erste Album, das ausschließlich aus Samples zusammengestellt wurde. Der Eintrag im Guinness Buch mit ‘First completely sampled album’ ist DJ Shadow dafür sicher. Neben eigenen Alben, es sind in knapp 30 Jahren sieben Stück, stehen auch unzählige Kollaborationen mit verschiedensten Musikern, HipHop Künstlern sowie Filme- und Videospielemachern.

Die für mich bedeutendste Zusammenarbeit ist dabei das 1998 mit James Lavelle entstandene Projekt Unkle, das sehr trip-hop-lastige Sounds kreiert hat und einige der zu der Zeit vielleicht wichtigsten und aufstrebendsten Künstler zusammenbringt: Thom Yorke, Badly Drawn Boy, Richard Ashcroft, Ian Brown, Mike D von den Beastie Boys, Jason Newsted von Metallica oder Mark Hollis von Talk Talk.
Lange ist’s her, doch es ist sicherlich keine Untertreibung zu behaupten, dass DJ Shadow Ende des letzten Jahrtausends der DJ schlechthin war. Geändert hat sich daran in diesem Jahrtausend nicht so viel.

Das den Atelier ist noch nicht sehr voll, als wir gegen halb acht den Saal betreten. Vielleicht 20 Leute sind im Saal verteilt, der obere Teil des Ateliers ist gar abgesperrt. Bleibt es wirklich so leer, dass die Galerie nicht benötigt wird? Ich bin etwas irritiert, denn alle weiteren Tourtermine auf DJ Shadows kleinem Europa- und UK-Trip sind nahezu ausverkauft. Sollte Luxemburg hier tatsächlich eine Ausnahme sein? Natürlich nicht. Richtig voll ist der Laden zwar um halb zehn nicht, aber die Galerie dann doch zweireihig besetzt. Die Atmosphäre ist damit gut und angenehm.

Amtrac sampelt sich durch sein Vorprogramm. Sein Zeitslot ist von 20 bis 20.30 Uhr und wird ziemlich genau eingehalten. Im Gegensatz zu DJ Shadow sind die Sounds von Amtrac weniger rap-lastig, seine Tracks haben ein bisschen mehr Dance und Soul und Yachtrock.
In der Umbaupause, die natürlich keine ist, weil nur der DJ Tisch von Amtrac herausgeschoben werden muss, aber trotzdem lange dauert, läuft Black Sabbath und Easy listening und The Limit, englischer Synthiepop aus den 1980er Jahren.
Eine obskure Mischung, die tatsächlich gut auf den DJ Shadow Auftritt einstimmt. Konnte man nicht wissen, höchstens erahnen. Denn all das und Jazz, Soul, Hip Hop, Funk, Ambient und Rock ist das Spielfeld, auf dem DJ Shadow seine Tracks zusammenbaut. Das war in den 2000er Jahren so, das ist auch später so. Weiterhin zog er bekannte Musiker wie Samuel T. Herring, Nils Frahm, Paul Banks, Nas, De la Soul, Run the Jewels zusammen, um mit ihnen zu arbeiten. Die drei Alben der 2010er Jahre (The less you know, the better, The mountain will fall, Our pathetic age) belegen das eindrucksvoll. Nur das aktuelle Album Action Adventure featured keine Künstler, es ist die erste Ausnahme dieser Regel. Action Adventure ist ein nahezu ‘instrumentales’ Album, vielleicht sogar mehr ein Soundtrack. Zumindest lassen Songs wie „Ozone scraper“ daraus schließen, die Musikvideos, die im Atelier auch auf die Leinwand projiziert werden, sind doch eher Kurzfilme.

Ich fühle mich gut unterhalten, die Visuals sind nicht nur schön, sie sind auch informativ. Jeder Track wird namentlich eingeblendet, inklusive der Jahreszahl der Veröffentlichung. Erst so fällt mir auf, dass sehr oft 10 bis 20 Jahre zwischen den einzelnen Tracks liegen. Herausgehört hätte ich das nicht immer. Und ich finde es erstaunlich, wie gut alt und neu zusammenpassen. Oft könnte man meinen, dass es in den letzten 20 Jahren keine neuen Musikentwicklungen oder neue Töne gegeben hätte. Die Übergänge sind perfekt. Die Kurzfilmchen und Einspielungen sorgen auch für ein bisschen Abwechslung. Denn ehrlich gesagt wird es nach einer guten Stunde und nach 25 Tracks für mich etwas anstrengend, DJ Shadow zu folgen. Gefühlt reicht es mir irgendwie. Aus dem Vorraum nehmen wir noch die letzten Songs mit, die Zugabe lassen wir Zugabe sein.

Auf dem Rückweg zeigt das Außenthermometer 1 Grad. Es ist noch kalt in der Eifel.

‘God knows you’re lonely souls’.

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