Ort: Gebäude 9, Köln
Vorband: H. Hawkline

Huw Gwynfryn Evans a.k.a. H. Hawkline bahnt sich den Weg durch all die Instrumente und Lampen und ballonseidenen Laken hin zu seinem Stuhl. Es ist eng auf der Bühne, die Instrumente und das Bühnendesign für das anschließende Cate le Bon Konzert bereits hergerichtet und aufgebaut. Daher ist es gut, dass H. Hawkline – übrigens ehemaliger Radio- und Fernsehmoderator aus Cardiff – nur eine Gitarre und ein altes Tonbandgerät benötigt, um uns seine Singersongwritersongs zu präsentieren. Seine Band kommt wortwörtlich vom Band. In den letzten 15 Jahren hat er fünf Alben veröffentlicht.
Das Gebäude 9 ist nicht ausverkauft. Lange ist gar im Saal sehr leer und während H. Hawkline seine ruhigen Songs spielt, höre ich deutlich und oft lautes Gelächter und Gerede aus dem hinteren Saalbereich. Okay, die Songs sind ruhig und vielleicht hat nicht jeder mitbekommen, dass vorne bereits ein Konzert gespielt wird und die Musik nicht weiter vom DJ kommt. H. Hawkline schaut dann nur kurz hoch, lässt sich aber nicht aus dem Konzept bringen. Er ähnelt ein bisschen Chris Martin, und ich würde mich nicht wundern, wenn er gleich „Yellow“ auf der akustischen Gitarre anstimmt. Musikalisch käme das sogar hin, denn die Songs von H. Hawkline erinnern etwas an frühere Coldplay Balladen. In Summe ein schöner Indiefolkpopsingersongwriter Einstieg in den Abend.
Über Cate le Bon kann ich gar nicht viel sagen. Eigentlich nur soviel: ich sah die Sängerin vor einigen Jahren beim Sonic City Festival und war sehr – wirklich sehr – angetan von ihrem Auftritt. Das war für mich wie ein perfekter Konzertmoment, es passte damals irgendwie alles. Stimmung, Musik, Ambiente.
Seinerzeit beschloss ich, Cate le Bon weiter zu beobachten. Das gelang mir in der Folgezeit jedoch nur so halb, ich besuchte weder weitere ihre Konzerte oder kaufte mir umfangreich CDs aus ihrem Backkatalog. Nichtsdestotrotz war ich direkt am Start, als dieses Konzert bekannt gegeben wurde. Nicht immer brauche ich weitere Gründe oder großes Fantum, um ein Konzert zu besuchen. Manchmal reicht das Gefühl, dass ein Konzertbesuch lohnenswert sein könnte, um es zu besuchen. Und an diesem Abend trügt mein Gefühl nicht. Cate le Bon spielte ein wunderbares Konzert, das durchaus ein ausverkauftes und nicht nur gut besuchtes Gebäude 9 verdient hätte.
Cate le Bon stammt aus Wales und ich meine mich zu erinnern, dass sie früher auch auf walisisch gesungen hat. An diesem Abend macht sie das nicht. Ihr aktuelles Album heißt Michelangelo dying, es ist ihre mittlerweile siebte Platte. Gemini beschreibt ihre Musik wie folgt:
Sie ist bekannt für ihren einzigartigen Sound, der sich irgendwo zwischen Folk, Art-Rock und Dream-Pop bewegt. Ihre Arbeit wird oft als schwer kategorisierbar beschrieben, da sie Elemente aus verschiedenen Stilen, darunter auch Folk und Indie Rock, aufgreift und in einen einzigartigen Sound integriert. Le Bon tourte mit Künstlern wie St. Vincent und hat für andere Musiker wie Wilco und Devendra Banhart als Produzentin gearbeitet. Ihr charakteristisches Gitarrenspiel und ihre Stimme werden häufig in Kritiken hervorgehoben.
KI Gemini
Und diesen Fun fact wusste die KI auch. Ihren Bühnennamen hat sie sich bei Simon Le Bon ausgeliehen. Quasi als eine Art Hommage an den Sänger von Duran Duran. Ich wusste das nicht.
Gegen 21 Uhr betreten sechs Musiker*innen die Bühne. Auf der Bühne stehen gefühlt 1000 Sachen und der Boden ist mit weißen Laken aus Ballonseide ausgelegt. Zwei Keyboards, ein Schlagzeug, ein Xylophon sowie vier Gitarren und zwei Saxophone und warten darauf, genutzt zu werden.
Was wir nicht nutzen sollen, ist unser Smartphone und/oder Kamera. Wie schon auf den Tourorten zuvor bittet Cate le Bon auch in Köln darum, während der Show keine Fotos zu machen. Überraschend halten sich alle daran. Ich kann zumindest niemanden entdecken, der heimlich still und leise sein Handy zückt und verstohlen ein paar Aufnahmen schießt. Bravo! Cate le Bon Konzertbesucher scheinen respektvolle Leute zu sein, die einen Wunsch ihrer Lieblingskünstlerin stärker honorieren als das Aufpeppen des eigenen Instagramfeeds. Ah, Fotos werden eh’ überbewertet und viele Fotos sind einfach nur lästig in der Archivierung bzw. in der in der Aussortierung nach einem Konzert. ‘No phones, no phones, so wonderful’, auch Cate le Bon ist erleichtert/begeistert darüber, dass alle ihrer Bitte gefolgt sind. Was wäre wohl passiert, wenn das nicht der Fall gewesen wäre? Hätten sie dann keine 17 Songs gespielt? Hätte Cate le Bon wütend und enttäuscht die Bühne verlassen? Oder wäre alles so geworden, wie es dann auch war?
Und wie war es? Nun, es war sehr schön. Oder wie John Cale es formuliert:
Cate Le Bon hat eine schöne Stimme, aber wie sie diese einsetzt, das ist der wahre Zauber.
Gemeinsam spielen sie auf Cate Le Bons neuer Platte einen Song – „Ride“ -, den wir auch an diesem Abend hören. Natürlich ohne John Cale, aber nicht minder schön.
Zum Abschluss kommt nochmals H. Hawkline auf die Bühne, schnappt sich eine Gitarre und unterstützt Cate le Bon bei „Are you with me now?“ Als ehemaliges (?) Teilzeitmitglied der Cate le Bon Band weiß er ja, was zu tun ist.
Setlist:
01: Jerome
02: Love unrehearsed
03: Moderation
04: Is it worth it (Happy Birthday)?
05: Mothers of Riches
06: Daylight matters
07: Heaven is no feeling
08: About time
09: Mother’s Magazines
10: Ride
11: French boys
12: Body as a river
13: Home to you
14: Remembering me
15: I kKnow what’s nice
Zugabe:
16: Harbour
17: Are you with me now?
Kontextkonzerte:
Cate le Bon – Sonic City Festival Kortrijk, 09.11./ 10.11.2019