Ort: Gebäude 9, Köln
Vorband: Luca Vasta

Au revoir Simone

Ein Name wie der Abschiedsbrief an eine verflossene Liebe: Au revoir, Simone. Au revoir Simone aus New York liefern dazu die passende Musik: verträumter, leicht tanzbarer, immer optimistisch klingender Elektro-Pop. Mach’s gut, wir werden uns nie wiedersehen, aber das Leben geht trotzdem weiter. So in etwa würde ich es umschreiben, oder aber mit den Worten: superweicher Dreampop.
Wenn Erika Forster, Annie Hart und Heather D’Angelo in den Gesang starten, wird diese angerührte Zuckerwatte nochmals eine Spur klebriger und weicher. Aber es ist ein schöner Wattebausch, denn die Band aus New York aufbaut. Klassische Instrumente brauchen sie dazu nicht: sehr selten, wie zum Beispiel bei „Crazy“ kommt die Gitarre zum Einsatz, ansonsten dominieren Keyboards und Synthesizer und im Hintergrund wummert der Drumcomputer. Das typische Bandgeflecht (Gitarre, Schlagzeug, Bass) haben Au revoir Simone nicht zu bieten, es ist eher der Kraftwerk’sche Bühnenaufbau, der uns im Gebäude 9 präsentiert wird. Drei Keyboards stehen frontal zur Bühne.
Es sieht sehr aufgeräumt aus, als Erika Forster, Annie Hart und Heather D’Angelo die Bühne betraten. Die drei Damen mit nahezu identischen Frisuren stellen sich entsprechend den Haarfarben, blond – braun – schwarz hinter ihren Instrumenten auf und klackern los. Erst startet der Drumcomputer, dann die drei Keyboards. Das wird die nächste gute Stunde so weitergehen. Wir Zuhörer haben nun zwei Möglichkeiten. Entweder lassen wir uns in die zarten Elektroklänge fallen, schweben mit ihnen leicht von dannen und schließen dabei vielleicht ab und an die Augen und beginnen wegzuträumen, oder aber wir lassen uns angenerven von der vermeintlichen Eintönigkeit der Keyboardklänge und dem hibbeligen Rumgehampel einer Annie Hart. Ja es stimmt, Sambatanzschritte seitlich zum Keyboard sieht man sicher nicht häufig auf Indiekonzerten, aber wen stört das schon. Mich nicht, ich fühle mich jedoch nach dem Konzertende mit meiner Meinung eher allein. Da wurde dieses und auch das Hüftengewackel (Zitat) der anderen beiden kurz thematisiert. Und das nicht im Guten.
„Frank hat das anders gesehen, aber der hat sich auch gerade sehr verliebt.“ Die Frage ist nur, in wen von den Dreien. Von Song zu Song schwanke ich hin und her. So richtig festlegen konnte ich mich im Laufe des Konzertes nicht. Aber vielleicht doch in Annie Hart. Ah, ich lass‘ das besser.

Auf der Bühne wirken die drei sehr konzentriert. Und aufgeräumt. Erika Forster gönnt sich nur wenige Blicke ins Publikum und Heather D’Angelo ordnet nach jedem Song akribisch ihre DIN A5 Karteikarten mit den Songinformationen. Die Handbewegungen erinnern mich an einen Vortragenden bei einer Präsentation. Die oberste Karte nach hinten schieben, kurz den Kartenstapel auf dem Rand des Keyboards zusammenschlagen, so dass keine Karte übersteht und dann den Stapel vor sich hinlegen. Das wirkt sehr gewissenhaft und sympathisch. Auf einem Konzert habe ich das noch nie gesehen.

Still night, still light, das Vorgängeralbum zu „Move in spectrums“ hörte ich 2011 während eines zweiwöchigen berlinaufenthaltes nahezu ununterbrochen. Es war meine erste nähere Bekanntschaft mit Au revoir Simone. Für eine lange Zeit war „Still night, still light“ eines meiner Albenfavoriten. Ich steh auf diesen schönen, synthiegeschwängerten Kram. Als ich dann im letzten Jahr „Crazy“ vom aktuellen Album hörte, war ich begeistert, Länger hatte ich von Au revoir Simone nichts mehr gehört, ich war mir gar auch nicht immer sicher, ob die Band noch existiert. Aber mit diesem Knaller als neuen Song waren sie für mich direkt wieder da. „Crazy“ ist einer meiner Lieblingssongs des letzten Jahres. So richtig präsent im Kopf habe ich auch nur die letzten beiden Alben. Das Frühwerk kenne ich gar nicht. Oder nicht wirklich. Ich kann mich zumindest nicht erinnern, irgendwann etwas von den ersten beiden Alben gehört zu haben.
Auch an diesem Abend sollte das nicht passieren, bis auf „Stay golden“, ein Zuschauerwunschhaben sie nur Stücke der letzten beiden Alben gespielt.
Au Revoir Simone lieferten einen wunderbaren Abend. Sollen die anderen doch sagen, was sie wollen. Mich störte an diesem Abend nix. Als wir das Gebäude 9 verlassen, ruft uns Erika Forster ein akzentuiertes „Tschüss“ hinterher. Und in diesem Augenblick ist die Band wie ihre Musik: höflich zurückhaltend und zuckersüß. Aber nicht falsch verstehen, Au revoir Simone machen keinen harmlosen Pop. Im Gegensatz zu Luca Vasta.

Wie komme ich jetzt auf M’donna?
Luca Vasta spielen im Vorprogramm von Au revoir Simone und alles riecht nach 80er Pop: Die Mode, die Frisur, der nur noch etwas Haarspray zum perfekten fehlt (ohne aber viel besser aussieht), und als wichtigstes: die Musik. Die ist nämlich sehr Retroorientiert.
Die Mitte 20jährige Luca Vasta stammt aus dem Bergischen Land und macht Musik, die sie nicht unmittelbar miterlebt hat. True blue, dass Wahnsinns Madonna Album – ihr bestes, kein Widerspruch – klingt oft und stark hörbar durch. „La Isla Bonita“ beim dritten oder vierten Song von Luca Vasta ist mir am stärksten hängengeblieben. Es war der Song, bei dem der Bassist die Akustikgitarre zugewiesen kam und ihr Auftritt langsam aber stetig in diese schönste aller 80er Popmusik abdriftet. Ob man damit heutzutage noch jemanden hinter dem Ofen herholt, ich weiß es nicht. Aber jeder trend erneuert sich ja in einem Rhythmus von 25 Jahren, habe ich mal gelesen. Dann passt True blue genau in die Zeit.
Mit „Cut my hair“ hat Luca Vasta eine Single, die sie auch live vortrugen. Etwas irritierend fanden wir dabei die teilweisen Gesangseinspielungen einer zweiten Refrainstimme vom Band. Sandra Cretu war scheinbar unabkömmlich.
Also, was ich sagen möchte: Luca Vasta machen schönen Fernsehwerbungspop, der durchaus Qualitäten hat, mir aber so gar nicht gefällt.

Fotos:

…. auf Flickr.

 

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