Ort: Luxor, Köln
Vorband: Jherek Bischoff

Amanda Palmer,Konzertbericht,Review,Setlist,pretty-paracetamol

‚Hat sie ihre Stimme wieder?‘ Diese Frage erreichte mich am Samstagnachmittag via sozialem Netzwerk und traf mich relativ überraschend. ‚Wieso?‘ fragte ich daher zurück. Mit dem Amanda Palmer Konzert am Abend im Kölner Luxor hatte ich mich zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt nicht beschäftigt, fügte aber ein ‚ist sie kränklich?‘ an dies einsilbige ‚Wieso‘. Die Antwort ließ nur einige Minuten auf sich warten. Am Freitag in Paris sei ihr Konzert in eine Art Karaoke Show mutiert, nachdem Amanda Palmer im Laufe des Abends die Stimme total versagt blieb. Leute aus dem Publikum wurden auf die Bühne geholt und durften die Gesangspart übernehmen. Am Samstag dann hätte Amanda gepostet, dass sie zwar in Köln sei, aber total hinüber und dass ihr Saturn-Gig jetzt nur noch aus Signieren bestünde und ohne kleine Gesangseinlage auskommen müsse und dass sie für heute Abend eine ähnlich interessante Show erwarte wie die gestrige in Paris.
Ohne Gudrun vom Konzerttagebuch hätte ich das alles nicht erfahren und wäre ahnungslos ins Luxor gelatscht. Gudrun scheint tief drin zu sein im Amanda Palmer Kosmos, ich bin es beileibe nicht.
Nach der freitäglichen Zuspätkommen-Pleite machte ich mich am Samstag zeitig auf den Weg. Theatre is evil, die neue Amanda Palmer Scheibe hatte ich mir zuvor noch gedownloadet, ganz unvorbereitet wollte ich dann doch nicht sein. Das etwas ältere Album Who killed Amanda Palmer mochte und mag ich sehr, „Leeds united“ oder „Oasis“ höre ich sehr oft. Über Theatre is evil kann ich noch nichts sagen, zwei nebenbei Hördurchgänge reichen nicht aus, um es irgendwo einzuordnen. Da ich es aber beide Male nicht vorschnell ausgemacht habe, muss es gut sein.
Also das Luxor, also Amanda Palmer, der mittlere Konzertabend an diesem Wochenende.

Das Konzert wurde sehr schnell aus dem Gebäude 9 ins Luxor hochverlegt. Hochverlegt? Das war für mich überraschend, ich hatte das Luxor immer als den kleineren der beiden Läden eingeschätzt. Gefühlt kommt er mir vielleicht zweidrittel mal so groß vor wie das Gebäude 9, allerdings mag mein Eindruck dadurch getäuscht werden, dass das Luxor etwas verwinkelt und langgezogen ist, und nicht rechteckig klar konstruiert wie das Gebäude 9. Egal, gefreut habe ich mich über die Verlegung nicht unbedingt, das Gebäude 9 gefällt mir besser, es macht das Zuhören und Zusehen viel leichter als das Luxor, in dem man, wenn man nur fünf Minuten zu spät da ist, wenig Chance auf einen guten Platz hat.
Aber ich war ja zeitig unterwegs, zu zeitig, wie sich herausstellte.
Als ich um kurz vor acht am Luxor ankomme, hatder Einlass noch nicht begonnen. Also hieß es anstellen, am Ende der Schlange ganz hinten links um die Straßenecke. Nun, das abhetzen hin zum frühen Zug war nicht nötig, hätte ich das gewusst, hätte ich mich jetzt nicht leicht ärgern müssen.
Als ich gute zwanzig Minuten später im Luxor bin, spielt die Vorband schon. Zwanzig Minuten später bin ich überrascht, als noch eine Vorband auftrat. Das hatte ich so nicht auf dem Plan und ich musste erst einmal sortieren.
Beide Bands bestanden aus Mitgliedern des Grand Theft Orchestras, der Amanda Palmer Band. Den Eröffnungspart bestritt Bassist Jherek Bischoff zusammen mit zwei, drei anderen Musikern. Sie mussten direkt mit Beginn des Einlasses angefangen haben zu spielen, als ich ins Luxor kam, spielten sie gerade ihren vorletzten Song. Eine Viertelstunde später kommt Chad Raines (Grand Theft Orchestras Gittarist) mit zwei weiteren Musikern auf die Bühne und zelebrierte drei wunderbar fulminante Disco-pop Kracher, die das mittlerweile proppenvolle Luxor gut auf den Abend einstimmen.
Der beginnt um viertel nach neun mit Nebel und „Smile“ vom aktuellen Album. Im Anschluss des folgenden „The killing type“ erzählt uns Amanda Palmer, dass sie sehr angeschlagen sei und sich nicht sicher sei, ob ihre Stimme an diesem Abend durchhalten würde. Bis dahin klingt für mich jedoch alles normal, von zaghafterem Gesang oder vom Auslassen bänderstrapazierender Parts keine Spur. Es folgt das lustige Instrumentenwechsel Spielchen bei „Miss me“, inklusive diverser freezing moments parts von Band und Publikum und ein sehr schmissiges „Astronaut“ (‚Chad, should we play some rock music?‘ ‚Jaaaaaaaa!!‘).
Der Dresden Dolls Song „Miss me“ ist quasi das erste Bandcover des Abends, mit „Eisbären“ (Grauzone) und einer Kurt Weill Interpretation sollen jedoch weitere folgen. Zum Beispiel ein Song von Michael McQuilken (dem Schlagzeuger im grossen Orchester) Bands, „Magicfuturebox“, der auf dem Mischpult links neben mir nur als „Michaels song“ notiert ist. ‚Ich muss euch etwas erzählen‘, so beginnt Amanda Palmer ihren kleinen Geschichtsausflug in ihre Kölner Vergangenheit (zu D-Mark Zeiten) und in die Gerolsteiner Straße. Ihr Appartement sei ungefähr so klein gewesen wie die halbe Bühnengröße, ein Bad war auf dem Flur und eine Heizung nicht existent. Anschließend berichtet sie von der lustigen Paris Show, bei der sie Leute auf die Bühne holte, die ihre Songs sangen, weil sie es nicht mehr konnte. ‚Wir können das auch hier machen, but the rule is you have to know it and i have to know it.‘
Nach einigen nicht spielfähigen Songvorschlägen (‚Oh my god, I can’t‘) entschied sich Amanda Palmer für „Oasis“. Unter großem Jubel und trotz einiger Improvisationssequenzen der Band – so streuten sie einen kleinen Twist & Shout Ausflug im Mittelteil ein – singt Amanda Palmer sich durch und erntet spontan dicke Schulterklopfer („She’s great and really flexible“), als sie den Einsatz zu „When vacation was over,“ nicht verpasst. Es ist der Showhöhepunkt des Abends .
Den „Bed song“ und das Kurt Weill Ding spielt Amanda alleine ohne Bühnenbegleitung. Wenn, dann hätten jetzt ihre Stimmprobleme zu hören sein müssen, aber nichts da. Es scheint alles gut.
Da an Samstagabenden sehr pünktlich um 23 Uhr die Konzertzeit im Luxor beendet sein muss, folgten anschließend etwas zügiger „Lost“, „Leeds united“ und „Girl Anachronism“. Doch nicht genug damit, zwei, drei Minuten blieben noch für eine Zugabe. Zu der stagedivet Amanda Palmer mit ihrer Ukulele in Richtung Theke, um von dort aus ein sehr vorhersehbares Radiohead Cover zu spielen. „Creep“ bildet den Abschluss des Konzerts.

Wow, ein toller und hochunterhaltsamer Abend.

Setlist:
01: Smile (Pictures or it didn’t happen)
02: The Killing Type
03: Want it back
04: Missed Me
05: Astronaut
06: Eisbär
07: Magicfuturebox
08: Oasis
09: The Bed Song
10: Die Seeräuber-Jenny
11: Trout Heart Replica
12: Lost
13. Leeds United
14: Girl Anachronism
Zugabe
15: Creep

Kontextkonzerte:

Schreibe einen Kommentar