Ort: Tonhalle (Foyer), Düsseldorf
Vorband:

Der etwas andere Tanz in den Mai.** Als ich vor einigen Wochen die Einladung bekam, an diesem Konzert als Besucher teilzunehmen, hatte ich mich sehr gefreut.* Der Ausflug in die Düsseldorfer Tonhalle erschien mir eine gute Gelegenheit, den Maiabend bei interessanter Musik und in schöner Umgebung zu verleben. Möglich gemacht haben dieses Konzert die Veranstalter der New Fall Konzertreihe, die in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfinden soll. Am 03.10 steigt die Eröffnungsveranstaltung mit keiner geringeren Band als The Notwist. Der Termin ist gebucht.
Das Lisa Hannigan Konzert war ein sogenanntes pre-event des New Fall, in der Gemütlichkeit vor rund 100 Zuschauern fand es im Foyer der Tonhalle statt. Entspannt saßen wir auf den Treppenstufen des atriumähnlichen Foyers kreisförmig um die Bühne herum und lauschten den größtenteils ruhigen und folkloristischen Klängen Lisa Hannigans und Band.
Lisa Hannigan, der Name sagte mir spontan nichts. Der aktuelle riesige Hype um die junge Irin, die in ihrem Heimatland mit ihrem aktuellen Album „Passenger“ Platz 1 in den Charts belegt, ist völlig an mir vorbeigegangen. „Knots“ habe ich bestimmt schon mal unbewusst gehört, doch wenn es so gewesen sei sollte ist es mir nicht stärker im Gedächtnis geblieben. So wurde der Konzertabend zu einer willkommenen Gelegenheit, mich mehr mit der Musikerin auseinanderzusetzen.
„Lisa Hannigans Stimme kling genauso versoffen wie die von Cerys Matthews“, so mein erster Gedanke, nachdem die ersten Zeilen von „Little bird“ verklungen waren. Cerys wer? Cerys Matthews war die Sängerin von Catatonia, einer walisischen Rockband Mitte der 90er und nach wie vor eine meiner Lieblingsbands. Cerys Matthews hatte damals eine leichte Ähnlichkeit mit der Schauspielerin Gillian Anderson. Passenderweise lautet Catatonias größter Hit „Mulder und Scully“.
„Little bird“ bestritt Lisa Hannigan allein, ihre musikalischen Begleiter am Schlagzeug, Keyboard, Trompete, Kontrabass, Gitarre und Bass kamen erst zum zweiten Song „Pistacchio“ aus allen Ecken auf die „Bühne“. In der nächsten Stunde folgten in Bandbesetzung schöne und anmutige Folksongs. Das Grundthema blieb dabei ruhig, nur ein oder zweimal wurde es straffer und die Songs etwas flotter. Bei „Knots“ zum Beispiel, oder beim letzten Song der Zugabe. Wer zwischen den Zeilen wenig Begeisterung vernimmt, liegt vermutlich richtig. So ganz warm wurde ich mit den Songs nicht. Ich mag das Banjo nicht, sein Klang macht mich ganz kirre und erinnert mich immer an schlechte Saloonmomente in Westernfilmen. In Lisa Hannigans Musik kommen jedoch viele Banjos vor, selbst dann, wenn gar kein Banjo gespielt wird. „Warum nimmt sie nicht die Gitarre“ oder „ohne Banjo klänge der Song doch viel besser“ waren daher für mich logische Gedanken. Die wurden leider nicht gelesen und so musste ich mich dem Banjo ergeben. Da das Konzert nach einer guten Stunde vorüber war und das Tonhallenfoyer ein sehr angenehmer Platz war, klingt das alles dramatischer als es tatsächlich war. In Summe war es die passende Musik an einem passenden Ort für ein passendes Publikum. Das hätten sonst höchstens noch Get well soon oder die Eels hinbekommen, aber beide Bands waren nicht in der Nähe.
Lisa Hannigan spielte Songs aus ihren beiden Alben „Sea sew“ und „Passenger“ und machte dabei jederzeit eine gute Figur. Genauso wie ihre Bandkollegen, die unaufgeregt zu Werke gingen und ihre Instrumentenvielfalt zu jeder Zeit sicher beherrschten. Da die Musiker sich im Kreis positioniert hatten, ergab sich die ungewöhnliche Konstellation, dass sie Blickkontakt miteinander hatten und sich vor und während der Songs immer wieder ohne hektisches Umdrehen oder ein zur Seite neigen abstimmen konnten. Die Entspanntheit der Räumlichkeit übertrug sich so sehr schnell auf die Musiker, die die Besonderheit des Ortes sichtlich genossen und das Konzert zu einem schönen Ereignis werden ließen.
Am 11.05. spielt Lisa Hannigan im Kölner Gebäude 9. Ich werde dieses Konzert nicht besuchen, das steht trotz der Schönheit des Tonhallenfoyer Konzertes fest. Zu wenig hat mich die Musik der Irin an diesem Abend begeistert, als das ich sie unbedingt nochmal live sehen muss.
Als Fazit bleibt mir die Mutmaßung, dass ich am Montag die neue Amy Macdonald gesehen habe. „Knots“, daran besteht kein Zweifel, ist ein Superding, und wenn auf dem nächsten Album nur noch ein oder zwei Songs ähnlicher Güte auftauchen und /oder „Knots“ den Eingang in die TV Werbung findet, dann wird es klappen. Dann kommen 1live und die Krone, und das Gebäude 9 wird in wenigen Monaten viel zu klein.

Setlist:
Zum nachhören auf Spotify:
Lisa Hannigan – Live @ Tonhalle (Foyer), Düsseldorf 30-04-2012

01: Little bird
02: Pistacchio
03: Passenger
04: Venn diagram
05: O sleep
06: A sail
07: Flowers
08: Paper house
09: Lille
10: What I’ll do
11: Knots
Zugabe:
12: The night they drove old Dixie down (The Band Cover)
13: I don’t know

Multimedia:
Flickr Photos

** In meinem Heimatdorf Südkirchen hieß Tanz in Mai immer große Sportplatzfete. Es war für uns Jugendliche und junge Erwachsene quasi eine alljährliche Pflichtveranstaltung, dieser größte Tanz in den Mai der näheren münsterländischen Umgebung. Später dann wurde aus dem Tanz in den Mai eher ein Ausflug am 1. Mai. In und um die Ruhrfestspiele Recklinghausen fanden Konzerte und Veranstaltungen statt, die wir jahrelang gerne besuchten. Hier sahen wir viele Bands und ergattern linkspopulistische Propagandaliteratur und DGB Aufkleber. Die Maibaumdönekes des Rheinlandes, die ich nach meinem Umzug erstmals kennenlernte, verstand ich dagegen nie.
* Da für diese Veranstaltung keine Tickets im freien Verkauf waren, habe ich die Einladung sehr gerne voller Freude und dankend angenommen. Normalerweise kaufe ich meine Konzerttickets und schiele nicht auf Gästelistenplätze.

Kontextkonzert:

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. och nö, bitte nicht die neue amy macdonald, diesen vergleich hat lisa nicht verdient. aber vielleicht empfinde auch nur ich den als negativ ;)

    1. frank

      Tut mir leid, aber das war meine spontane Eingebung auf der Rückfahrt. Musikalisch und entwicklungstechnisch sehe ich da gerade grosse Ähnlichkeiten. Ich würde das aber nicht unbedingt als negativ auffassen. Obwohl, Amy Macdonald in der Philipshalle war schon gruselig…

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