Ort: Helios37, Köln
Vorband: Francis of Delirium

Blondshell - Köln, 25.09.2025

Veronica Mars. Eine der besten TV-Serien der Nullerjahre liebte ich abgöttisch. Worum geht’s?
Veronica Mars – gespielt von Kristen Bell – besucht in Neptune die Highschool und arbeitet nebenbei im Detektivbüro des Vaters. Dort eigentlich nur als Teilzeitsekretärin arbeitend, stolpert sie immer wieder an ihrer Schule und privat über Fälle, die sie eigenständig aufklärt. Jede Foge präsentiert einen neuen Fall. Der übergeordnete Plot ist dagegen komplexer: Veronica Mars beste Freundin (die Schwester ihres Freundes und Milliardärssohns Duncan Kane) wurde ermordet, ihr Vater wird daraufhin verdächtigt, etwas damit zu tun zu haben und sie selbst auf einer Party mit Hilfe eines Drinks betäubt und vergewaltigt. Außerdem ist Veronicas Mutter spurlos verschwunden. Dinge, die aufgeklärt werden müssen und die für viele reiche und einflussreiche Neptune Bewohner ungemütliche Fragen nach sich ziehen. So werden die Mars’ schnell zu Außenseitern in der Stadt, die durch eine starke Trennung zwischen Milliardären und denen, die für die Milliardäre arbeiten, gespalten ist.
Das liest sich erstmal unspektakulär und klingt nach einer von vielen dieser amerikanischen Teenagerkrimidetektivserien. Allerdings hat Veronica Mars ein paar sehr charmante Züge und Wendungen, die die Serie aus dem Einheitsbrei herausheben. Insgesamt geht die Serie über vier Staffeln. Prädikat: alle sehr sehenswert.

Als Blondshell 2022 den Song „Veronica Mars“ veröffentlichte, war ich natürlich sofort angefixt. Eine Band aus meinem Lieblingsmusikgenre (Indiepoprock) thematisiert eine Lieblingsserie, das muss ich einfach gut finden. (Mal ganz abgeshen davon, das der Song ein Spitzensong ist.) Zack, ich war Blondshell Fan, sah die Band erstmals – wenn auch nur kurz – beim Primavera Sound live und kaufte mir anschließend das Debütalbum Blondshell.

‘Das Ticket ist schon entwertet.’ Klar, denke ich. Wenn du es mehrmals abscannst und erst beim dritten Mal auf das Display deines Geräts schaust, dann leuchtet da natürlich ein rotes X. Gott sei Dank bleiben mir längere Diskussionen über die Echtheit meines QR-Codes erspart. Der gute Mann lässt mich nach ein paar Worten in den Saal.
Das Helios37 ist bereits gut gefüllt. Knapp vor ausverkauft, würde ich schätzen. Ich bin 10 Minuten zu spät und die Vorband spielt bereits. Dass Francis of Delirium allerdings bei ihrem letzten Song angelangt sind, verwundert mich dann doch etwas. Wir haben gerade mal viertel nach acht und die Vorband ist schon durch? Das war aber ein kurzer Auftritt, denke ich, und suche mir in der Umbaupause einen besseren Platz weiter vorne. Später erfuhr ich, dass das Konzert bereits um 19.30 Uhr begonnen hat. Manometer, warum sagt mir das denn niemand bzw. warum schaue ich nachmittags nochmals auf die Klub Homepage und die Facebookeventseite, um mich über die Zeiten zu informieren? Liebe Konzertveranstaltende, Änderungen sollte man da auch vermerken. Pflegt eure Informationsseiten, anstatt den Standard Paste-and-Copy Eintrag ‘Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr’ unmodifiziert zu lassen. ‘Konzertveranstalter dieser Stadt, ich hasse euch zutiefst’, kommt es mir – frei nach Tocotronic – in den Sinn. Denn Francis of Delirium hätte ich schon sehr gerne mitgenommen.

Warum das so ist, höre ich dann wenigstens noch 5 Minuten lang. Schöner, zeitgemäßer Indierock, den die luxemburgische Band auf die Bühne zaubert. Es ist einer von vielen Vorbandslots, die Jana Bahrich in Köln und Umgebung in den letzten Jahren absolviert hat. In drei Wochen ist sie wieder in der Stadt, dann supporten sie die Folkband Caamp (von der ich bisher noch nie etwas gehört habe) im Carlswerk Victoria. Seit 2020 haben Francis of Delirium mehrere EPs veröffentlicht. Ein erstes Album erschien im letzten Jahr und vor ein paar Tagen die neue Single „Little black dress“. Ich kann nur jedem empfehlen, sich die Single anzuhören. An diesem Abend höre ich nur „Quit fucking around“, ihren letzten Song. Ein amtlicher Indierock Smashhit, den sie zum Schluss standesgemäß mit lauten und viel Gitarrenlärm auslaufen lassen. Auch hier kann ich nur empfehlen, sich den Song mal anzuhören.

Die Umbaupause ist angenehm kurz. Bereits um kurz nach halb neun betreten Blondshell die Bühne. Es ist das letzte Konzert ihrer aktuellen Tour. Müssen sie noch den Flieger erwischen, oder warum geht es hier gefühlt Schlag auf Schlag? In den ersten 10 Minuten haben sie bereits drei ihrer 15-16 Songs durch und sie wirken dabei irgendwie gehetzt.

Blondshell liefern den perfekten Soundtrack für die The summer I turned pretty Generation. Indiepoprock irgendwo zwischen Boygenius und Lucy Dacus, Soccermommy und Snail Mail. Da passt auch das Addison Rae Cover „Diet Pepsi“ gut rein, das sie gegen Ende des Konzerts spielen. „Veronica Mars“ – ihr ersten Hit vom Debütalbum – liegt da schon längst hinter mir. Und nur noch wenig vor mir. Nach guten 45 Minuten verlassen sie die Bühne, um für zwei weitere Songs zurückzukommen. Zum Abschluss spielen sie „Salad“, den zweiten Hit vom Debütalbum. Dazwischen liegen in nahezu 50-50 Mischung Songs von beiden Blondshell Alben sowie ein neuer Song. Ob aber „Berlin TV Tower“ etwas mit Berlin zu tun hat, kann ich nicht sagen.
Es ist ein schönes, noch angenehm poppiges Indierock Konzert. Die neuen Songs wirken dabei etwas ruhiger und melodiöser als die mehr an Hole erinnernden Songs des ersten Albums. So zumindest mein Liveeindruck, der sich mit den Rezensionen zur neuen Platte deckt, die ich auf der Rückfahrt lese. „Change“ ist ein gutes Beispiel dafür, genauso wie „Berlin TV Tower“. Mir gefallen die neuen Sachen genauso gut wie die Songs des Debütalbums. Ich finde, es ist eine gute Weiterentwicklung, die Blondshell hier machen. Und bald, da bin ich mir sicher, werden wir auch den ein oder anderen Song in einer Coming-of-age Teenieserie wiederhören.

Nach einer Stunde ist das Konzert vorbei. Himmel, es ist erst viertel vor zehn.

Kontextkonzerte:
Blondshell – Primavera Sound Festival Barcelona, 01.06.2023

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