Kann das was werden? Nach einigen anstrengenden Tagen und einem mehr oder weniger unerholsamen Wochenende hatte ich mich doch noch zum Besuch des White Lies Konzertes in der Kölner Live Music Hall entschieden.
Denkbar ungünstige Voraussetzungen, die noch dadurch einen mitgekommen haben, dass erst der Zug verspätet im Bahnhof einlief, es in Strömen regnete und ich sehr bedröppelt in der LMH ankam.
Einmal vor Ort steigerte sich jedoch meine Laune. Da es gegen kurz nach halb acht noch übersichtlich leer in der Halle war, konnte ich mir einen guten Platz sichern. Ein erster Pluspunkt des Tages und ein geglückter Start. Ich war guter Dinge, denn wie oft ist es mir schon passiert, dass nach blöden Vorgeplänkeln Konzerte eine tolle und unvergessliche Angelegenheit wurden. Vielleicht ist es ja dieses Mal ähnlich.
Die White Lies. Eine gefühlte Herbstband, eine gefühlte One-Album Band.
Beides stimmt sicherlich nur bedingt, aber dieses waren meine ersten beiden Eindrücke, als ich ihr Debütalbum im Frühjahr des Jahres hörte. Ich stand unter starker Glasvegas-Benommenheit und taumelte so durch die Tage, als mich das tolle „A place to hide“ überrannte und tagelang in meinem Kopf zugegen war. Und in der Tat, „To lose my life“ ist ein sehr gutes Album, allein die ersten drei Songs sehr große Hits. Aber ich hörte mich schnell leid am White Lies Pathos und den estrichthaften Songs, und so gerieten die Londoner über den Spätsommer bei mir ein bisschen in Vergessenheit.
Bis gestern, bis um Viertel nach neun, als die vier, live werden Harry McVeigh, Charles Cave und Jack Lawrence-Brown durch Keyboarder Tommy Bowen unterstützt, White Lies mit „Farewell to the fairground“ ihren Reigen eröffneten.
Der Bühnenaufbau ließ einiges erwarten. Das Schlagzeug, gefühlte zwei Meter hoch postiert, thronte im Hintergrund, diverse Boxenansammlungen links und rechts und das Keyboard auf einem spacigen z-förmigen Untergestell installiert. Diese Band ist größere Auftritte gewohnt, der Bühnenaufbau machte dies überdeutlich.
Apropos Boxen. Der Sound war, nun ja, suboptimal. Nach ungefähr einer halben Stunde, das Doppel des Abends „To lose my life“ und „A place to hide“ war gerade zugange, begann es mächtig zu dröhnen. Der Bass suchte so stark den Weg ins Ohr, dass der Gesang zeitweise unterging und kaum durchkam. Sehr ärgerlich. Leider änderte sich dies in der zweiten halben Stunde nicht mehr.
Wie schon erzählt, im Frühjahr hörte ich das Album rauf und runter, es war ein willkommener Gast bei längeren Autofahrten. Aber gestern wollte der Funke nicht so recht überspringen. Ich kam nicht rein in den Abend und ein aha- oder Durchrüttel- Effekt blieben leider aus. Ich war zwar da, aber nicht dabei.
Überdies machten die drei, bzw. vier Jungs einen überspielten Eindruck auf mich. Die Songs wirkten mehr erkämpft als durch spielerische Mittel überzeugend. Daran änderte auch die silberne Gitarre von Sänger Harry McVeigh wenig. Nach knapp 60 Minuten waren die White Lies durch. Sie haben ihr komplettes Debütalbum gespielt, mehr kann man nicht erwarten. Ergänzt wurde das Set um „Taxidermy“ und, als erster Zugabe, dem Talking Heads Song „Heaven“. Letztgenannter passte wunderbar und war ein gut ausgewähltes Cover. Das die White Lies starke Referenzen zu der 80er Jahre Band haben, ja, das kam hier sehr deutlich rüber. Nicht umsonst nennt Songschreiber und Bassist Charles Cave sie als größeren musikalischen Einfluß. Der Übersong „Death“ beendete schließlich Abend.
Eine lustige Geschichte am Rande. Kurz nach Konzertende hob ein Roadie sorgsam die Setlisten vom Bühnenboden auf und hielt sie den vorderen Reihen entgegen. Da sich diese aber bereits merklich gelichtet hatten, wurden sie ihm nicht aus der Hand gerissen. Im Gegenteil, keiner schien dieses, eigentlich begehrliche Andenken mit nach Hause nehmen zu wollen. In seiner Not drückte er sie einem verdutzt dreinblickenden Mädchen in die Hand.
Vielleicht habe ich in letzter Zeit zu viele bessere Konzertabende erlebt, so dass mir ein solider White Lies Abend als weniger gelungen in Erinnerung bleibt.
Ich glaube, ich brauch jetzt mal eine Pause von britischen Bands. Zumindest für eine Woche. Dann kommen ja die Editors…

Setlist:
01: Farewell to the fairground
02: Taxidermy
03: E.S.T.
04: Price of love
05: You still love him
06: To lose my life
07: A place to hide
08: Fifty on our foreheads
09: Nothing to give
10: Unfinished business
Zugabe:
11: Heaven
12: From the stars
13: Death

Multimedia:
Fotos: frank@flickr

Kontextkonzerte:

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Michael

    Ich verstehe das absolut und pausiere ebenso seit längerem bei britischen Bands. Zu oft, zu viel Hype, zu ähnlich :-)

  2. Carla

    toller bericht. vorallem packt mich da nicht die wehmut. haha.
    ich war am sonntag nämlich im e-werk bei dead weather. genialität lag in der luft. und ganz viel liebe zur musik. <3 und bestimmt auch zu jack und alison und jack und dean. <3<3 mh. wunderbar wars.

    1. frank

      Dann hast du glaub ich alles richtig gemacht. ;-)

  3. -Christoph-

    Irgendwie sind die White Lies wie der 1. FC Köln. Sie selbst fühlen, daß sie in die ganz großen Stadien gehören, die Wirklichkeit ist ernüchternder.

    Aber im Gegensatz zu dem von mir sehr geschätzten Fußballverein, gebe ich der Band keine große Zukunft. In zwei Jahren spricht niemand mehr von denen. Von den Editors schon. Daher freue ich mich darauf auch extrem!

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