Was für ein berauschender Abend. Paul Weller und Moke, eine Kombination, die schon beim letzten Kölner Konzert des Modfathers – wie man so sagt – funktionierte. Es war mein ach-was-weiß-ich wievieltes Weller Konzert, und auch dieses Mal schafften Paul und Stevie, Andy Lewis, und Andy Crofts sowie Schlagzeugmonster Steve Pilgrim es nicht, mich zu enttäuschen. Und ich vermute, dass ich mit diesem Gedanken nicht allein die Live Music Hall gegen elf Uhr verlassen habe.
Gute zwei Stunden lang herrschte pure Begeisterung, sowohl vor als auch auf der Bühne. Und so funktioniert ein Paul Weller Abend: Wenn der Kollege merkt, dass sein Publikum gut drauf ist, dann lässt er sich sofort davon anstecken. Dann wir auch gerne noch eine Extraschicht in Form einer weiteren Zugabe gespielt. Dann wird gelacht, abgeklatscht, geraucht und getrunken auf der Bühne. Dann legt er Twists ein und auch Stevie Cradock guckt nicht allzu verärgert, wenn er seine Gitarre über die Monitorboxen nicht richtig hört und die Techniker im Hintergrund fuchtelnd Schwerstarbeit leisten müssen. „More guitar please“, heißt es dann nur. Mittlere technische Probleme bringen sie heute nicht aus der Ruhe.
Ja, es war sehr ausgelassen, sehr unterhaltsam! Dazu trugen auch die sog. Security Bühnenwächter bei. Das ausgegebene Motto vonseiten der Bandleitung hieß wohl, keine Filmaufnahmen. Also versuchten die drei in den grauen T-Shirts alles, um jegliche Handy- oder Digitalkamerafilmaktionen zu unterbinden. Selbst der Chefroudie beteiligte sich mit einer kleinen Laserlampe daran, die „Attentäter“ am Aufnehmen zu hindern. Sehr unzeitgemäß! Sehr unentspannt! Aber nichts Neues bei einem Paul Weller Konzert.
Die Zusammenstellung der Band war identisch mit der der letzten Tournee. Ach, diese vier, es sind schon exzellente Multiinstrumentalisten, die Paul Weller da beisammen hat.
Viele neue Stücke hatten sie mit dabei. Und davor hatte ich ein bisschen Angst. Denn, seien wir doch mal ehrlich, „Wake up the nation“, das aktuelle Weller Album, ist nicht sein bestes. Eigentlich ist es schwach. Ich hatte es vor einigen Wochen günstig von meinem Englischlehrer in Berlin erstanden, es auf der sechstündigen Heimfahrt mehrmals gehört. Begeistert war ich nicht besonders. Einen oder gar mehrere Hits, ich könnte beim besten Willen keine nennen.
Aber live war davon nicht allzu viel zu spüren. Puhh! Zwar waren die weniger starken Momente des Konzerts die, wenn neue Sachen gespielt wurden, aber es ging auch umgekehrt. „Wake up the nation“ zum Beispiel, überzeugt live total, auf CD eher gar nicht. „Trees“ und vor allem „Fast cars / slow traffic“ ebenso. Letzterer entwickelte sich zu einem wahren Reißer.
Angefüllt wurde das Set mit, natürlich, einigen The Jam Sachen, Songs von „22 Dreams“ und diversen alten Schinken. Da durfte sich auch Keyboarder Andy Crofts die Gitarre umschnallen und bei „Art school“ die Leadstimme übernehmen. Die alten Herren Paul und Steve hatten ihren Spaß am dahingerotzten, alten und ewig jungen The Jam Klassiker.
Unerreicht blieb die letzte Zugabe, die sich nicht auf der Setlist befand und wohl spontan initiiert wurde. „Wild wood“ und „Echoes by the sun“. Beatherz, was willst du mehr?

A propos Beat. Selbst ohne Paul Weller Konzert lohnt sich ein Paul Weller Konzert. Will sagen, es ist immer wieder toll, einfach der Umbaupausenmusik zu lauschen. Hier gibt es kostenlosen Nachhilfeunterricht in Sachen Beat-Mod-Sixies Britkram. Und den habe ich bitter nötig. Kaum eines der tollen Stücke kenne ich, Bandnamen abseits der Kinks sind mir nicht geläufig. Meine Eltern haben Schuld daran! Ganz klar! Wieso bin ich in einem Haushalt von Schlagerfuzzies aufgewachsen und nicht mit coolen Beatplatten? Die Flippers, Milva, Udo Jürgens, Conny Froboess, in unserem eh schon spärlich bestückten Schallplattenschrank tummelte sich nur übelste deutschsprachige Schlagermusik. Wir hatten noch nicht mal eine Beatles Platte!!
Tja, das ist leider die Wahrheit. Aber ich habe mich davon nicht infizieren lassen, sondern startete die Gegenrevolution! Nur leider war ich alleine auf weiter Flur und oftmals nur zweiter Sieger im Beschallen des elterlichen Wohnzimmers. Es war eine harte Zeit, gerade wenn ich an diverse Familienfeiern zurückdenke. Aber das sind andere Geschichten…..

Noch drei Sätze zur Vorband. Mal wieder hatte sich Paul Weller seine niederländischen Frisurenklone (Gitarrist Phil Tilli) als Aufgalopp engagiert. Und nicht nur Paul haben es Moke angetan, auch für mich sind sie so was wie eine Lieblingsband geworden.
Und manchmal ist das schon eine komische Sache mit Lieblingsbands. Wo kommen sie her?
Warum mag man eine Band mehr als eine andere? Wieso gerade die? Fragen, die wohl jeder kennt, Fragen, die dennoch nicht jeder beantworten kann. Ist halt so, fertig. Ist ja auch nicht schlimm, höchstens peinlich (also manchmal).
Mit Moke ist das so. (Nein, nicht peinlich.) Vor einigen Jahren waren sie da, im Vorprogramm von Paul Weller. Ich fand sie größenwahnsinnig, aber toll. Über die niederländische Band wusste ich damals nichts, im Nachhinein habe ich mir dann Dinge angelesen, die sehr gut zu meinem Liveeindruck passten. Ihre Songs, voller Pathos, Größe und klassischen britisch gehalten. Das ergänzte sich gut zu Paul Weller, Moke schienen die perfekte Vorband zu sein.
Dreimal habe ich sie danach noch mal gesehen, einmal im Gebäude 9, vor dem noch nie ein so großer Tourbus parkte wie an diesem Abend, einmal als Rockpalast Event in der Bonner Harmonie und einmal im Amy Macdonald Vorprogramm.
Jetzt haben Phil Tilli, Bassist Marcin Felis, Schlagzeuger Rob Klerkx und Keyboarder Eddy Steeneken sowie Sänger Felix Maginn ihr zweites Album „The long & dangerous sea“ veröffentlicht, und sie begleiten ihren Buddy Paul erneut auf dessen Tour. Sieben Songs lang dauerte ihr Vorspiel, sie spielten vier neue Stücke und die bekannten Hits des Debütalbums. „This plan“, „Here comes the summer“ und „Last dance“. Die neuen Sachen erschienen mir beim ersten Hören nicht mehr so U2lastig und pathosbesessen, es stehen die Keyboards etwas mehr im Vordergrund. Ich kann mich aber auch irren. Ihre großen Gesten haben sie aber immer noch. Das wirkt manchmal sehr lustig, wenn unmotiviert ein Plektron ins Publikum fliegt, und wir mehrmals zum mitklatschen animiert werden. In der Live Music Hall funktioniert das so gerade noch. Mensch, ich glaube, Moke können nicht anders, sie wollen das so. Daher gilt weiterhin: Moke sind fürs Stadion geboren. Vielleicht schaffen sie den Sprung auch irgendwann. Ich würde es ihnen gönnen.

Setlist
01: Sea spring
02: Aim high
03: Into tomorrow
04: Moonshine
05: Up the dosage
06: Wake up the nation
07: Strange town
08: Trees
09: Let it be me
10: Empty ring
11: One bright star
12: Dust & Rocks
13: No tears to cry
14: 7 & 3 is the strikers name
15: Pretty green
16: Start
17: Fast cars / slow traffic
18: Come on let go
Zugabe I:
19: Black river
20: Broken stones
21: Pieces of dreams
Zugabe II:
22: Find the torch burn the places
23: Art school
24: Scrape away
Zugabe III:
25: Wild wood
26: Echoes by the sun

Multimedia:
Fotos: frank@flickr

Kontextkonzerte:
Paul Weller – Köln, 06.10.2008
Paul Weller – Washington DC, 13.09.2008
Paul Weller – Köln, 18.09.2007
Moke – Bochum, 26.02.2009
Moke – Köln, 10.03.2009
Moke – Bonn, 27.03.2009

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