Ort: Nieuwe Nor, Heerlen
Vorband: Paolo Moreno
Es gibt so Bands, die wird man sein Leben lang nicht los. Magnapop gehören für mich zu diesen Bands, andere auch. Hot boxing kaufte ich damals auf einer CD Börse in der Stadthalle. Seinerzeit galt die Devise. Wenn zwei Songs auf einem Album gut sind, dann lohnt der Kauf. Bei Magnapop waren diese beiden Songs „Slowly, slowly“ und „Lay it down“. Und ja, der Kauf lohnte sehr. Bis heute! Denn nach mehrmaligem Hören kamen viel weitere Lieblinge dazu: „Texas“, „Ride“, „Here it comes“. Bis dato kannte ich nur „Merry“ (wieso und warum weiß ich nicht mehr) vom Debütalbum Magnapop, mit Hot boxing wurden Magnapop eine Lieblingsband.
Was hätte ich damals darum gegeben, die Band live zu sehen. Doch das blieb mir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verwehrt. Erst im vorletzten Jahr bot sich die Gelegenheit. Als Magnapop in Großbritannien einen Gig ankündigten, stand ich kurz vor verstärkter Schnappatmung. Doch das Konzert war schnell ausverkauft, so dass der Ärger über den ungünstigen Termin mit teuren Flugpreisen schnell davon zog. Letztes Jahr dann kündigten sie eine kleine Benelux Tournee an. Das nächstgelegene Konzert sollte in Hasselt stattfinden. Es war schneller ausverkauft, als ich Karten ordern konnte. Der zweitnaheste Konzertort lag irgendwo in der Mitte Holland. Egal, für einen Samstagsausflug war es nicht zu weit. Ich kaufte ein Ticket und freute mich wie Bolle. Leider vermasselte stärkeres Schneetreiben meinen Konzertbesuch. Ich ärgerte mich sehr, suchte nach Alternativorten. Allerdings waren diese schon ausverkauft.
War das die einmalige Chance, Magnapop live zu sehen? War die Magnapop Akte für mich geschlossen? Nein, war sie nicht. Denn, und damit hätte ich im Leben nicht gerechnet, kündigte die Band erneut Konzerte in Belgien und den Niederlanden an. Als ich die Nachricht im Herbst letzten Jahres las, war es sonnenklar: Nichts kommt mir dieses Mal in die Quere. Hasselt war wieder dabei. Ein Katzensprung. Als später noch Heerlen in der Konzertliste auftauchte, wurde aus dem Katzensprung ein Maussprung. Ein Ticket war noch am gleichen Tag geordert.
Seit diesem Tag war meine Vorfreude riesengroß. Sehr oft schaute ich YouTube Videos und ihre drei Platten Magnapop, Hot boxing und Rubbing doesn’t help lagen ab da auf meinem IPod. Magnapop, Hot boxing und Rubbing doesn’t help waren von 1992 bis 1996 die Alben im Power-Pop / Alternative Rock, an denen man eigentlich nicht vorbeikam. Eigentlich, weil Magnapop in den 1990er Jahren zwar zu den großen Bands gehörten, aber nie so richtig groß wurden. Mir bleibt das völlig unverständlich, denn Fakt ist doch: ihr zeitgemäßer Alternative Rock Pop und der melodiös-sanfte und enorm eingängige Gesang von Linda Hopper waren eine Kombination, an die kaum eine andere Band herankamen. Okay, vielleicht noch die Lemonheads, aber darüber hinaus fällt mir nun wirklich keine ein. Hits wie „Slowly, slowly“ und „Lay it down“ sind so tanzbar, sie dürfen und durften in keiner Indiedisco fehlen.
Wer mit Magnapop nicht so viel anfangen kann wie ich, ein kleines namedropping: Bob Mould produzierte Hot boxing, Linda Hopper und Michael Stipe waren Unikumpel und hatten zusammen eine Band, Juliana Hatfield schrieb einen Song über Ruthie Morris, die Magnapop Gitarristin. Das ist so der Kosmos, in dem sich die Band in den 190er Jahren bewegte.
Das Poppodium Nieuwe Nor ist gut besucht. Für einen kalten, schneetreibenden Sonntagabend ist das okay, sag ich mal. Zumal Superbowl ist (‘It’s only a real superbowl when New England doesn’t win‘ – Linda Hopper beschreibt das Bayern Syndrom im American Football) und die Mehrzahl der Leute nicht aus Heerlen kommt, so dass die Sache mit der Anreise schon beachtenswert ist.
Das Konzert startet mit ein paar Magnapop Schnipseln: „Garden“, „Guess“, „Ear“, „13“. Es sind exakt die ersten vier Songs des Magnapop Debütalbums, das die Band in den Abend führt. ‘Es wären jetzt erstmal genug Songs von dem Album mit den zwei Kürbissen‘, sagte Linda Hopper nur kurz, bevor Hot boxing mit „Slowly, slowly“, „Texas“ und „Get it right“ ein bisschen gefeiert wurde. Bis hierhin eine zeitlich sehr stringente Songfolge. Stücke der letzten beiden Alben spielen an diesem Abend keine Rolle. Magnapop beschränken sich auf die drei 1990er Jahre Alben. Die haben aber auch genug potential, um einen Abend zu füllen, ohne das es langatmig wird. Es ist schön, die alten Hits präsentiert zu bekommen. Es hat überhaupt nichts Merkwürdiges an sich und es fühlt sich gut an, 25 Jahre zurückzugehen. Der Vorteil am Power Alternative Pop Rock ist der, das er zeitlos ist. Bei anderen Genres ist das ja eher nicht so. Britpop, Shoegaze oder Eurodisco aus den 90ern zum Beispiel finde ich heute eher unhörbar.
Thirtysomething ist an diesem Abend niemand, nicht nur den Musikern sieht man das Alter an; aber das meine ich jetzt nicht so, wie es klingt. Ich meine es eher so: die Altersgelassenheit ist spürbar. Die Band wirkt entspannt, das Publikum ist entspannt. So entsteht eine gute Sonntagabendstimmung, die von sehr viel Spaß und Freude getragen wird. Einfach so mal ein bisschen durch Benelux Fahren und Konzerte geben. Aus Spaß an der Freud! Wenn das das Motto der Band ist (und wenn ich mir die Postings auf ihrer Facebookseite so anschaue, glaube ich das), dann kommt es voll und ganz rüber. Das Konzert wirkt so ungezwungen, so ansteckend unterhaltsam, es ist großartig. Und wenn Shannon Mulvaney wie wild Bass spielt, muss das, auch mit um die 50, nicht immer peinlich aussehen. Auch nicht, wenn es schon sehr wild aussieht. Und das ist öfters der Fall.
Magnapop spielen alles. Ich fühle mich rundumversorgt und vermisse nichts. Nachdem es zu Beginn nach Platten sortiert zuging, würfeln sie im Weiteren die Songreihenfolge stärker durcheinander. Die gitarrigen Rubbing doesn’t help Sachen gehen Hand in Hand mit dem etwas poppigeren Hot boxing Kram. Gefühlt spielen sie alle Stücke der drei Alben, bei einer Konzertlänge von 70 Minuten käme das zeitlich zwar nicht ganz hin, aber viel können sie nicht weggelassen haben. Zur Zugabe, „Open the door“ und „Lay it down“ als vielleicht die bekanntesten Magnapop Songs sind hier gesetzt, gesellt sich eine wunderbare Coverversion von Fugazis Song #1. Phänomenal!
‘Thanks for coming out at a school night.‘ Na, ob das für uns entscheidend ist, Ruthie Morris?! Aus dem Schulalter sind wir doch schon lange raus. Und das Berufsleben bietet Gleitzeit.
Als ich das Poppodium verlasse, ist es draußen nasskalt. Ach egal, Magnapop haben mich an diesem Abend sehr erwärmt, dass reicht für die Nacht.
Paolo Morena. Loop Mann. Akustikgitarre, E-Gitarre, Bass, Airdrums, Gesang. Wozu braucht es eine Band, wenn man die einzelnen Spuren doch auch selbst einspielen kann. Also nicht nur im Studio, sondern auch live auf der Bühne. Ich finde sowas immer faszinierend, auch wenn es mir hier musikalisch ein bisschen zu sehr in die 80s Rockrichtung ging. Aber: großer Künstler, der Mann!
Setlist:
01: Garden
02: Guess
03: Ear
04: 13
05: Free mud
06: Slowly, slowly
07: Get it right
08: Texas
09: Complicated
10: Favorite writer
11: Ride
12: Peace of cake
13: Here it comes
14: The crush
15: Emergency
16: Skinburns
17: Merry
18: Best friend
Zugabe:
19: Song #1
20: Open the door
21: Lay it down
Multimedia:
Kontextkonzerte:
–