Ort: MTC, Köln
Vorband: Cut off Kites
So jung und bereits Geschichte? Da stimmt doch was nicht. Der Suchalgorithmus von setlist.fm wirft bei meiner Suchanfrage nach der englischen Band INHEAVEN scheinbar einiges durcheinander.

This artist only exists for historical reasons.

Aha und wie, historical reason?! INHEAVEN sind doch aktiver denn je. Statt nach INHEAVEN möge ich bitte nach INHEAVEN suchen. Oh je, es wird nicht einfacher…

Als ich vor einigen Wochen das Reeperbahnfestival vorbereitete und ich mir namentlich interessant klingende Bands anhörte, blieb ich unter anderem auch bei der englischen Band INHEAVEN hängen. Grunge, Alt. Rock, Jesus and Mary Chain Song notierte ich mir hinter dem Namen der Band auf meinem Festivalzeitplankalender.

Vielleicht sollte ich zwischendurch anmerken, dass ich mich in der Vorbereitung auf größere Festivals nahezu weigere, mir unbekannte Bands im Vorhinein anzuhören. Zu lästig, zu mühevoll, zu viel Arbeit und Zeit. Da das Reeperbahnfestival mir aber beinahe ausnahmslos unbekannte Bands präsentierte, ich andererseits aber schon den ein oder andere Musiker sehen wollte, entschied ich mich, die Bands durchzugehen und mir ein paar Songs von Bands mit interessant klingendem Bandnamen anzuhören. INHEAVEN fand ich als Bandnamen interessant genug. Dass ich INHEAVEN auf dem Reeperbahnfestival nicht sah, lag nicht an der Band, sondern a) an mir und b) an der Fülle von Bands mit interessant klingendem Namen. Es war mir unmöglich, alles und jeden zu sehen.

Die zweite Chance im Leben wollte ich dann aber nicht verpassen. Und so war klar, dass ich ihr Kölner Konzert nicht sausen lassen wollte. Grunge, Alt. Rock und ein Jesus and Mary Chain Song. Diese Notizen auf meinem Zettel machten mich weiterhin neugierig.
Das aktuelle Album Inheaven widerspricht nicht meinen Notizen. Der NME schreibt über das Album, ‘Indie’s most dangerously exciting debut-album‘. Was erstmal nichts heißen mag, der NME schreibt viel. Aber es bestätigte mich ein bisschen; interessant und durchaus erfrischenden empfand ich ihren Powerrock auch. Most dangerously, na ja, den üblichen Übertreibungen des NME wollte ich nicht bedingungslos folgen. Nicht ganz so poppig wie Wolf Alice, nicht ganz so rau wie Cage the elephant, nicht ganz so psychodelisch wie DIIV. In der verschwindend kleinen Schnittmenge dieser drei Bands möchte ich INHEAVEN einfach mal einordnen. Auf Inheaven haben INHEAVEN ihre Singles und EPs aus den letzten beiden Jahre zusammenfasst. „Regeneration“, „Bitter Town“, „Baby’s alright“ und vor allem „Treat“ sind Kracher und fielen mir beim reinhören im September bereits auf. Spitzensongs, die mich in der Hauptsache bewegten, ihr Konzert im MTC zu besuchen.

Auf der Hinfahrt überlegte ich, wie viele Leute INHEAVEN ziehen mögen. Die Antwort lautete keine 100, was mich ein bisschen überraschte. Mit so wenig Zuspruch hatte ich nicht gerechnet.
48 künstliche Rosen rankten sich um die Mikrofonständer von Chloe Little, James Taylor und Jake Lucas. Der Teppich, den die Vorband ausgerollt hatte, war eingepackt und im Hintergrund prangte das Logoplakat der Band. Das war mir schon in den ersten Minuten ins Auge gefallen. Zusammen mit der Schlagzeugtrommel und dem Klubflyer warf es die Frage nach der richtigen Schreibweise des Bandnamens auf. Auf einem Logoplakat am Kopfende der Bühne stand IͶHEAVEN, auf der Schlagzeugtrommel INHEAVEN und im ausliegenden Klubflyer In heaven. Haha, auch die Band war sich uneins darüber, wie man sich den schreiben solle. Die zweite Sache, die mir nach den ersten Songs in den Sinn kam, war, dass ich das Wörtchen Grunge von meiner Liste nehmen sollte. Die Songs waren live überraschend poppig und klarer als auf Platte. Normalerweise ist das umgekehrt. Und so hörte ich stärker Glamrock und die Manic Street Preachers heraus, als mir das zuhause auffiel. Dafür hatten sie „Stupid Things“ die Zähne gezogen. Die „Just Like Honey“ Referenzen gingen nahezu komplett flöten. Auch „Treat“ war weniger kräftig als erhofft. Stattdessen gab es starke 1970er Jahre Mode- und Songanleihen, die ich eigentlich nicht mehr sehen und hören mag. Jake Lucas zum Beispiel trug eine übelste Schlaghose und ein altes Robert Plant T-Shirt. Sein Outfit und seine gesamte Erscheinung ließen mich immer wieder an die TV Serie Life on Mars denken. Es ist schon komisch, was mir während eines Konzertes durch den Kopf geht. Da ich nicht sofort auf den Serientitel kam, lenkte mich das Nachdenken darüber ein wenig von der Musik ab. Oder andersrum gesagt: die Musik von INHEAVEN vermochte es nicht, mich vollkommen zu fesseln.
James Tayler, dessen Ähnlichkeit mit Brian Molko nicht abzustreiten ist, und Chloe Little, die sich den Gesang teilten und scheinbar die Köpfe der Band sind, lieferten zwar eine gute Rock Show mit Air kicks undsoweiter, aber über den solide-Status kamen sie bei mir nicht hinaus. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass die Songs live nicht so zündeten wie ich es mir gedacht habe. Vielleicht aber auch nicht. Ich empfand das Konzert als wenig spektakulär, aber interessant genug, um mich 14 Songs lang gut unterhalten zu fühlen.

Die Vorband stammt aus Essen. Cut Off Kites. Ihr Postrock war hörenswert, wie ich fand. Schöne Gitarrenlinien und ein Schlagzeuger, der in einigen Songpausen wunderbar das Becken weiter plinkern lässt bis der nächste Song startet, bleiben hängen.

In der Summe macht es einen ganz normalen Konzertabend, der sicherlich nicht länger in meinem Gedächtnis hängenbleiben wird. Wenn ich in ein paar Jahren auf irgendeinem Festival INHEAVEN nochmal sehen werde, ich bin mir nicht sicher, ob ich mich detailierter an dieses Konzert zurückerinnern werde.

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