Das ist das England der verrauchten, diskussionsfreudigen und trinkfesten Pubs. Das ist eine richtige Pubband. Gitarre, egal ob die akustische oder nicht, Bass und Schlagzeug. Standardinstrumentalisierung. Unspektakuläre Songs, wunderschöne Melodien. Das sind I am Kloot.
Sie begeisterten mich mal wieder maßlos. Zum dritten oder vierten Mal sah ich nun schon die Band um John Bramwell, und jedes ihrer Konzerte war ein kleines Fest. Stimmungszauber in lachenden Gesichtern. Sie schaffen es einfach, quasi aus nichts, aus einer musikalischen Spärlichkeit heraus, eine Stimmung zu zaubern, die meinem Wohlfühlambiente sehr, sehr nahe kommt.
Diese Band aus Manchester, was nichts zu bedeuten hat, hat so unglaublich viele Hits. Ich zähl sie jetzt nicht alle auf. Was bleibt einem anderes übrig, als beim leicht und seicht verzerrten Bossanova und Rumba bekleideten „Morning rain“ dahinzuschmelzen, den Refrain von „Twist“ leise, mit leichten Lippenbewegungen, mitzusummen und bei der ersten Zugabe „To you“ nicht an einen netten Menschen zu denken. Nichts bleibt einem übrig, als genau das zu tun.
Das sehen nicht nur wir so, die wir uns schon seit einigen Tagen auf diesen Abend freuen. Wir sind restlos begeistert, das wir von einem „was gibt es für einen besseren“ Sonntagabend sprechen. Auch das Luxor sieht das so. Selten habe ich einen so lang anhaltenden Applaus am Ende eines Konzertes gehört. I am Kloot, die Band, die alle lieben. Zurecht!
Etwas überraschend kommen sie noch ein zweites Mal zurück. Bramwell singt solo eine Coverversion, abschließend kommen die anderen beiden, Schlagzeuger Andy Hargreaves und Bassist Pete Jobson dazu. „Life in a day“, ist der Song zum Finale. Schon wieder ein Hit!

Damit endet das Konzert, wie es begann. „From your favourite sky“ und „A strange arrangement of colour“ eröffneten den Abend. „From your favourite sky“ ist eines meiner I am Kloot Lieblinge. Ich hatte gehofft es heute zu hören. Nun bin ich schon direkt zu Beginn glücklich mit dem Konzert. Grandios! „Someone like you“, „Storm Warning“, nach einer guten halben Stunde kam ich vor wie in einem Best-of Set. Ich erlebte gerade mein erstes Konzert des Jahres. Grandioser!
Im Juni erscheint ihr neues Album, zwei, drei neue Songs hatten sie auch mit dabei. Dezent wurden sie in das Set eingebaut. Genau kann ich mich nicht mehr erinnern, aber qualitativ bleibt das I am Kloot Niveau hoch. Die neuen Songs fallen nicht ab und bestehen in diesem Hits! Hits! Hits! Set allemal.

I am Kloot sind ein Phänomen. Ihre Deutschlandtour umfasst vier Konzerte. Samstag spielten sie in Hamburg, zuvor in München und Berlin. Köln war die letzte Station in Deutschland. Ich schätze, dass in den anderen Städten ähnlich viele Leute zu ihren Konzerten gingen. Das Luxor war, wie schon bei den letzten Auftritten der drei, nahezu ausverkauft. Eigentlich merkwürdig, denn presserelevant ist I am Kloot so unterbewertet wie 30stm überbewertet werden. Ihre Konzerte wurden nicht sonderlich angekündigt, in A-, B- oder C-Blogs gab es nicht die üblichen Ankündigungszeremonien. Das gerade veröffentlichtes B-Seiten Album ging genauso unter wie ihre letzte Albumveröffentlichung „I Am Kloot Play Moolah Rouge“. Voll ist der laden trotzdem, alle sind da: Die, die immer da sind, wenn Livemusik gespielt wird genauso wie die Gelegenheitskonzertgänger. Das spricht für I am Kloot’s intakte Fankultur jenseits von Hypes. Trittbrettfahrer sieht man nicht, Gelegenheitsfans gibt es keine. Wer I am Kloot kennt, der mag sie und weiß um die Qualität der Konzerte. Wer die kleinen Artikel über die Band in den Musikzeitschriften überliest, hat selber schuld. Na ja, vielleicht erhalten die Manchesteraner im Vorfeld des neuen Albums die ihnen zustehende Aufmerksamkeit. Sie hätten sie mehr als verdient.
Vieles erinnert an ihren letzten Luxor Auftritt. Rechts das Mikrofon, links der Hocker, auf dem Bassist Pete Platz nehmen wird und während des gesamten Konzerts nicht mehr aufsteht. Im Hintergrund thront Andy Hargreaves, der häufig mit geschlossenen Augen die Band unterstützt.
Sehr sympathisch sind die drei. Bodenständig kommen sie rüber, wie Typen aus der Nachbarschaft. Familienväter, Kneipengänger, Kombifahrer. Dieses Unspektakuläre nehmen sie mit in ihre Songs. Sänger und Schreiber John Bramwell schwangt dabei zwischen Zynismus und Zärtlichkeit, Selbsthass und Alltagsbeobachtung. „It’s a song about drinking and desaster“ die Standardansage der letzten Konzertrunde schenkte er sich, das Publikum rief sie ihm jedoch förmlich in den Mund. „Well, you saw us the last time.“ Ja, wir wissen Bescheid.
Es war toll. Aber irgendwann endet auch der schönste Abend. Dieser war nach einer Stunde und 45 Minuten vorbei. Eigentlich lang genug, eigentlich viel zu kurz.

Morgen spielen I am Kloot im nicht weit entfernten Nijmegen.

Multimedia:
Fotos: frank@flickr

Kontextkonzerte:
I am Kloot – Köln, 24.10.2008
Elbow – Köln, 05.11.2008
The National – Köln, 27.11.2007

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. carla

    ha. ich war auch da. zwar etwas verspätet aber na ja. trotzdem wie erwartet toller abend, was du ja mal wieder herrlich berichtet hast. liebe grüße. vielleicht sieht man sich ja wirklich mal.

    1. frank

      Vielen Dank Carla! Ja, vielleicht oder bestimmt, du scheinst ja auch öfter unterwegs zu sein und die Schnittmenge nicht ganz so gering!….Viele Grüsse Frank

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