Während ich gedankenverloren im Sonic Youth’schen Gitarrengwitter badete, besuchte Katja die französische Sängerin Coralie Clement im Kölner Luxor. Hier ihr Bericht:

Es ist kurz vor 19 Uhr im Luxor. Zum Konzert von Coralie Clement sind bisher ca 15 Leute eingetroffen. Als Coralie vor drei Jahren anlässlich der CD Bye Bye Beauté im Gebäude 9 auftrat, war der Raum ziemlich voll. Damals war sie in ihrer indie-Phase, in die sie nahtlos aus ihrer bossa nova Phase übergetreten war. Nun ist sie in einer experimentellen Kindergarten-Phase mit erwachsenen Texten. Coralies Karriere besteht aus solchen Phasen, die spätestens mit einer neuen CD enden. Man weiß nie was einen erwartet. der Grund? Vielleicht ist sie eine ewig Suchende, vielleicht auch unstet oder abhängig von den Laune ihres Bruders Benjamin Biolay, der ihre Lieder schreibt. Trotz aller Wandlungen bleibt sie jedoch immer identifizierbar. Der Kern, ihre musikalische Persönlichkeit, besteht zum einen aus ihrer eher zarten aber ausbaufähigen Stimme, einer demonstrativen Verletzlichkeit und einer gewissen ironischen Verspieltheit. Das alles bildet die Quintessenz der kleinen Schwester und diese Rolle spielt sie mit Perfektion und allen Facetten. Sie war die schüchterne Nette, danach die Ausbrecherin und ist nun die Gesprächspartnerin für gemeinsame Erinnerungen und gegenwärtige Gedanken. Aus dem Vorurteil, Benjamin Biolays kleine Schwester zu sein, das sie mit grosser Wahrscheinlichkeit seit Beginn ihrer Karriere verfolgt, hat sie eine Kunstform gemacht. Sie hat es aufgegriffen und sich zu eigen gemacht und dazu gehört neben Mut auch Raffinesse. Aber nun zum Konzert.
Noch immer ist es nicht besonders voll, aber die Vorband, bzw. die Vorsängerin lächelt charmant und erklärt, dass es sich um ein Geheimkonzert handelt. Sie nennt sich Missin Cat, und der Name ist Programm. Eine blonde Fee im Glitzerkleid mit Gitarre, die hübsche kleine Songs singt und zwischendurch so lustige Sachen sagt wie: „rock´n roll ist alle, nun.“ (als sie ihre E-Gitarre wieder weglegt).
Um 20 Uhr kommt Coralie auf die Bühne und nun ist das Luxor gut gefüllt. Coralie gehört zu den Sängerinnen, bei der man unwillkürlich in den Vornamenmodus wechselt , vielleicht weil sie eben die kleine Schwester ist, aber auf jeden Fall, weil sie so unglaublich „sympa“ ist. Sie kommt selbstbewusst mit dem Gitarissten und dem Keyboarder auf die Bühne und verstrahlt diese sehr spezielle Mischung von Schüchternheit und Lässigkeit. Die Selbstverständlichkeit der kleinen Schwester.
Das Set beginnt mit L´effet jokari und die berechtigte Frage, ob auf der Bühne wie auf der CD Instrumente aus dem Toystore verwendet werden, beantwortet sich mit nein. Teils werden spezielle Klangstücke als soundfile aus dem Keyboard geholt, teils durch Gitarre ersetzt. Plötzlich klingt das verspielte L´effet jokari erwachsener, poppiger. Viele andere Stücke durchlaufen ähnliche Metamorphosen, wenig klingt genau wie auf CD. die E-Gitarrenstücke aus Bye Bye Beauté werden beispielsweise akustisch interpretiert. Coralie spielt viel von Toystore, einiges von Bye Bye Beauté und wenig von Salle de Pas Perdus. die Auswahl ist abwechslungsreich und es sind viele Lieblingslieder dabei. Nicht nur meine, ein Blick in die Runde zeigt viele glückliche lächeln. Coralie ist everybodies darling, sowohl bei den nicht wenigen anwesenden Männern als auch bei den Frauen.
Sie singt wie üblich ein Cover ihres Bruders (vom Duett Album mit Chiara Mastroianni, seiner mittlerweile wieder geschiedenen Frau, was uns Coralie mit einem Schulterzucken berichtet), und sie bringt ein Cover von Vanessa Paradis, die sie, wie sie sagt, sehr liebt. In diesem Moment ist sie ganz Fan, und man sieht sie automatisch als normales Mädchen vor sich, die vor dem grossen Spiegel im Schlafzimmer singt. Vor allem diese unbefangen wirkende Natürlichkeit ist ein wesentlicher Sympathiefaktor bei Coralie. Man hat den Eindruck, dass sie singt, weil es ihr Spass macht; und wie locker und erfrischend sie mit all dem umgeht zeigt sich spätestens, wenn sie als zweite Zugabe noch einmal C´est la Vie singt, das im Hauptteil schon einmal gebracht wurde – mit der einfachen Begründung, dass sie es so gerne singt. Die Professionalität einer Sängerin, die sie unzweifelhaft besitzt, teilt sich die Bühne mit dem kleinen Mädchen. (Ok, oder sie hatte keine Lust, noch mehr Stücke einzuproben).
Irgendwann bittet Coralie jemanden aus dem Publikum auf die Bühne um zu übersetzen und bedankt sich für die nette Aufnahme. Sonst erzählt sie auf französisch, und das Publikum reagiert so, als versteht es so ziemlich alles und ich vermute mal wer zu Coralie Clement kommt, kann in der Regel französisch. Am Ende bittet sie um einen Gefallen; als dritte Zugabe bringt sie Lou, von der ersten CD, und wir singen alle laut mit: „Louuuuuu“. Das macht man nun wirklich nicht für jede Band.

Setlist:
01: L´effet jokari
02: Avec ou sans moi
03: C´est la vie
04: Sono io
05: La ballade du mois de juin
06: Le jeu du foulard
07: So long babylone
08: Pourtant
09: Share the day
10: L´enfer
11: Jardin d`Hiver
12: Ca valait la peine
13: L´ombre et la lumiere
14: Indecise
15: La reine des pommes
16: Paris 10H00 du soir
17: On etait bien
18: Houlala
19: Le baiser permanent
Zugabe I :
20: A la longue
21: C´est la vie
Zugabe II :
22: ???
Zugabe III :
23:Lou

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Multimedia:
Fotos: katja@ipernity

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