Ort: Gebäude 9, Köln
Vorband: Triage

Bar Italia - Köln, 06.05.2024

bar italia. Jung und aufstrebend. Ein gutes Konzert im Gebäude 9. Überraschend gut. Also für mich, weil ich die britische Band nur so semi auf dem Zettel hatte.
Ich bin mal wieder nicht ganz pünktlich. Kurz bevor ich losmachen wollte, entdeckte ich, dass mal wieder Bauarbeiten am späteren Abend stattfinden sollen und ich infolgedessen Schwierigkeiten haben werde, in endlicher Zeit mit dem Zug zurück nach Hause zu kommen. Das mit der Nacht um die Ohren schlagen war schon vor 20 Jahren nicht so ganz mein Ding, erst recht ist es das jetzt nicht. Also musste das Auto herhalten, und ich brauchte einen Parkplatz in der in den letzten Jahren sehr gentrifizierten Gebäude 9 Umgebung. Die gibt es – auch wegen großflächiger Bauarbeiten – nicht mehr in dem Maße wie noch vor 10 Jahren; es bedarf einer Ausdehnung des Suchradius und damit einem leicht längeren Fußweg. Tanken musste ich vorher auch noch. Beides gute Ausreden für mein zu spätes Eintreffen im Gebäude 9.

Der Saal ist stockdunkel. Beinahe laufe ich jemanden über den Haufen, den ich absolut nicht gesehen habe. Ich brauche einen Augenblick, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Auf der Bühne steht eine blutjunge Band. Sängerin, Gitarrist, Bassist, Schlagzeug. Sie spielen sehr starken do-it-yourself Indierock mit sehr schrägen Gitarren und einem gefühlt starken Nicht-Gesang. Die Stimme der Sängerin erinnert mich im zweiten Song an Kim Gordon. Keine schlechte Referenz und damit schon definitiv drei Pluspunkte für die Band. Aber wer ist das da auf der Bühne? Wie heißt die Band? Es gab auch 15 Minuten später noch keinerlei Ansagen und kurz fürchtete ich, dass ich bereits bar italia sehe. Soundmäßig könnte es passen, über die Anzahl der Musiker in der Band bar italia und ihre Gesichter war ich unsicher. 2 Songs später war dann klar, es ist ‘nur’ die Vorband. Der Name wurde mir kurze Zeit später auch zugespielt: Triage. Es gibt doch immer Leute, die besser vorbereitet Konzerte besuchen als ich. Triage, man findet im Internet nicht viel über sie. Sie haben eine Instagram Seite, das ist es dann auch. Andere Bands mit Namen Triage und Facebook- und Bandcampseiten sind nicht diese Triage. Blackmetal oder Classic Rock habe ich gerade nicht herausgehört. Ein bisschen etwas finde ich dann doch: es scheint eine EP von Triage zu geben, Fox hours. Ich lerne auch: Emily Driver, die Sängerin der Band, arbeitet als Model.

Während der Umbaupause füllt sich das Gebäude 9 beachtlich. Irgendwann fragte ich mich, wieso das so ist? Woher kennen die Leute bar italia? Habe ich den Hype um die Band etwa verpasst? Es sieht ganz danach aus. Mir kam der Name erstmals im letzten Frühjahr unter, als ich ihre Hitsingle „Nurse!“ hörte. Ein echter Smash Hit, ein Indietanzflächenfeger erster Güte. Ein Besuch des St. Vither Weekenders im letzten Jahr fiel dann leider wegen terminlicher Schwierigkeiten für mich aus. Dort hatten bar italia einen Auftritt, es wäre die erste und einzige Chance gewesen, die Engländer live zu sehen.
Wer es nicht kennt: Der St. Vither Weekender feierte 2023 Premiere. Es war quasi die Überbrückungsveranstaltung für das Meakusma Festival, das im 2-Jahres-Rhythmus in der Nachbarstadt Eupen stattfindet. Scheinbar hatten die Meakusma-Macher im letzten Sommer Langeweile und veranstalteten dieses kleine Musikfestival im kleinen Städtchen St. Vith. Als ich mir in den letzten Wochen ein Ticket für das bar italia Konzert im Gebäude 9 zulegte, musste ich daran zurückdenken.

bar italia sind Nina Cristante, Jezmi Tarik Fehmi und Sam Fenton. Live wächst das Trio um Schlagzeug und Bass zu einem Quintett. Meine Spontanassoziationen sind Melissa auf der Maur, Hole, Beangrowers. Oder ganz allgemein: 1990s Indierock. Zwei Alben hat die Band im letzten Jahr veröffentlicht, erst Tracey Denim und im November dann The Twits. Darauf zu hören ist schlurfen und kratziger Post-Punk. Live ist das natürlich genauso. Die Gitarren mal zackig, mal Pavement-esk, der Wechselgesang der drei Bandmitglieder großartig entspannt und unaufgeregt. Der Gitarrist mit der Brille und dem Lockenkopf erinnert mich an den Sänger von Car Seat Headrest. Passt übrigens auch musikalisch sehr gut.

Musikalisch anders startet das Konzert. Das Intro ist ein mash-up aus dem hochgepitchten crazy frog der 2000er Jahre Klingeltonwerbung und Harold Faltermeyers Beverly Hills Cop Theme „Axel F“. Das sorgt für einige Schmunzler und eine gute Stimmung im Saal. Doch damit ist es genug der Albernheiten, danach gibt es für eine gute Stunde nur noch 90s Indierock. Ohne unnötiges Gefuchtel und ohne unnötiges Geplapper. bar italia spielen einfach Song an Song im immer gleichen Bühnenlicht. Auch wenn die Stimmen eher schwach ausgesteuert sind, kann man es spüren: der männlich-weibliche Wechselgesang funktioniert hervorragend und trägt die Midtempo Songs quasi alleine. Überhaupt sind alle drei Stimmen zum Verlieben schön. Okay, richtig gut singen können sie nicht, aber wie heißt es schon in „We are real“ von den Silver Jews:

All my favorite singers couldn’t sing
All my favorite singers couldn’t sing

Richtig singen können, das ist mir nun wirklich nicht wichtig. Ansagen gibt es keine, Interaktion mit dem Publikum auch nicht und nach zwei Zugaben ist das Konzert vorbei. Als das Licht angeht sind sich alle einig: bar italia, diese Band ist großartig!

Setlist:
01: Calm down with me
02: My little tony
03: Friends
04: Rage quit
05: Real house wibes (desperate house vibes)
06: twist
07: Jelsy
08: Brush w Faith
09: My kiss era
10: Nurse!
11: Punkt
12: Glory hunter
13: Polly Armour
14: Worlds greatest emoter
Zugabe:
15: Missus Morality
16: Skylinny

Kontextkonzerte:

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