„Ach ist der Sänger süß. Ich bin verliebt“ hörte ich es neben mir sagen. Ja ja, diese Reaktion kann ich nachvollziehen. Ich verliebe mich auch ständig: In Sarah Bettens, Kim Gordon oder Sarah Cracknell. Und wenn ich ein Mädchen wäre und sechs Jahre jünger, dann hätte ich mich auch in den ungemein sympathischen Athlete Sänger Joel Pott verliebt. Ach was, in alle fünf. Die Briten sind auf so unspektakuläre Weise spektakulär, die muss man einfach mögen. Das ist der Phoenix-Faktor.
Genau, richtig gelesen, es waren fünf Musiker auf der Bühne. Zu der Viererstammbesetzung mit Joel Pott, Carey Willets, Tim Wanstall und Stephen Roberts gesellte sich ein weiterer Gitarrist.
Wie viele Menschen mögen Athlete wohl in England? Das fragten wir uns zu Beginn des Konzertes, dass keine Vorband kannte und daher genug Freiraum zur launigen Unterhaltung bot. Wir kamen auf keinen gemeinsamen Nenner, aber waren uns einig, dass es auf alle Fälle mehr sein müssten als bei uns.
So war das Luxor denn auch „nur“ gut gefüllt und nicht ausverkauft. Eine ziemlich heterogene Gruppe hatte sich Karten für diesen Abend besorgt, eine typische Zielgruppe konnte ich nicht ausmachen. Athlete sind also Mainstream, ohne vom Mainstream eingenommen zu werden. Radiospielzeit haben sie zumindest bei Kölner Rundfunksendern keine, und warum das so ist, versteh ich überhaupt nicht. Interessant.
Dabei gibt es viel schlechteres, was medial durchgehypt wird. Aber gut, möchte ich es egoistisch positiv sehen, dann liegt der Vorteil darin, dass Athlete weiterhin in kleinen Klubs spielen müssen/ dürfen, und die Liveerlebnisse im entspannteren Rahmen bleiben. Da überlaß ich Coldplay oder Snow Patrol gerne das Stadion.
Mit „Wires“, „Hurricane“ oder dem wunderbaren „24 hours“ haben Athlete Songs geschrieben, die perfekter Pop sind.
Wer gemein sein möchte könnte die Songs auch als Pärchenmusik abtiteln. Dann wäre es allerdings unpeinliche Pärchenmusik, die auch uns Jungs begeistert, da sie den gewissen Britpopindieschmiss mitbringt, der sie nicht zu platt-kitschig erscheinen lässt. Aber zu Athlete möchte niemand gemein sein!
Ich erwartete nicht viel von diesem Abend, das aktuelle Album „Black Swan“, das ich nun zwei, dreimal durchgehört hatte, sprach mich nicht auf Anhieb an und überdies waren Athlete bei mir nicht mehr so präsent wie in den Jahren davor. Gleichsam gab es mit den Pixies und The xx zwei für mich bedeutendere Konzerte, auf die ich mich im Vorfeld viel mehr freute.
Aber, ich hatte noch dieses wunderbare Liveerlebnis von vor zwei Jahren im Kopf, als ich die Briten an gleicher Stelle schon einmal sah, und sofort angetan war von den extrem guten Livequalitäten Athletes. Damals wusste die Band sofort zu begeistern und es war für mich eines der Konzerthöhepunkte des Jahres.
So kaufte ich ohne zu zögern eine Karte und hoffte insgeheim, dass sie nicht allzu viel neues Material spielen werden. Und in der Tat, die drei, vier fünf neuen Stücke fielen mir gar nicht sonderlich auf, wenn ich das unsägliche „Black Swan“ mal ausklammere. Das Set war eine tolle Mischung aus allen Alben, eigentlich fehlte nur noch „Tokyo“ zum perfekten Athlete- Glück.
Ansonsten hatten sie alle meine Lieblingslieder mit dabei, und als der zweite Song des Abends mit diesem typischen Plubberbeat eingeleitet wurde, hatten sie mich. „You got the style“, das Stück von Vehicles & Animals, dass mich auf Athlete aufmerksam machte.
Vor einiger Zeit hatte ich für mich eine simple Definition für den Unterschied zwischen einem guten und einem besseren Konzert entwickelt. Bekomme ich während eines Songs Gänsehaut (nein, nicht weil die Klimaanlage zu stark eingestellt ist und mir kalt wird), dann ist es ein besseres Konzert. Gestern war es ein besseres Konzert, denn als „Hurricane“ erklang, war es soweit. Der Gänsehaut Moment war da.
Der Rest ist schnell erzählt. Athlete zeigten große Spielfreude und Sänger Joel Pott weiß, die ersten Reihen zu unterhalten.
Als zur letzten Zugabe „Wires“ angestimmt wurde, waren alle im Luxor restlos begeistert. Es war ein gutes Ende eines tollen Konzertabends.
Auf dem Rückweg unterhielten wir uns noch ein wenig über das erlebte und kamen unisono überein: Athlete sind live eine Hausnummer für sich und viel intensiver als auf Konserve.
Und ja, Athlete sind genau nach unserem Geschmack!!
Setlist:
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Multimedia:
Fotos: frank@flickr
Kontextkonzerte:
Athlete – Köln, 12.12.2007