Ort: Luxor, Köln
Vorband:

The pains of being pure at heart - Köln, 28.11.2010

Im Sommer des letzten Jahres waren sie der letzte heiße Scheiß. Das Luxor war knackevoll, die Erwartungshaltung hoch, die Stimmung euphorisch.
„The Pains of being pure at heart“ hatten gerade ihr Debüt veröffentlicht und galten als die letzte Rettung für ambitionierten Twee-Pop.
Sehr zu recht, denn ihr Album „The Pains of being pure at heart“ ist eine Ansammlung von Hits. Damit hatten die vier einen Maßstab gesetzt, der höher kaum sein kann und der sie in den nächsten Monaten auf alle wichtigen Festivals und in alle wichtigen Konzertstädte dieser Welt chauffierte.
Ende letzten Jahres erschien ihre zweite EP, nicht minder schlecht. Das nächste Album, „Belonging“, wird für 2011 erwartet.
Mittlerweile ist der große Hype weg, die Band machte sich rar, tourte viel in den USA und in Japan und war in Europa „nur“ auf dem ein oder anderen Festival zu sehen. Und sehr oft in Spanien. Im grauen Herbst nun steht eine kleine Mitteleuropatour an, und Köln war wiederum dabei.
Für mich also keine Frage, kurz vorbeizuschauen und mich in Sachen „The Pains of being pure at heart“ Schaffenswerk updaten zu lassen. So ganz bin ich da nämlich nicht auf dem laufenden. Also, ein Album, zwei EPs, soweit habe ich nichts verpasst.
Zwei neue Singles sind im Laufe des Jahres hinzugekommen, „Say No to Love “ und „Heart in your heartbreak“. Man möge mich jedoch verbessern, wenn ich Unsinn schreibe.
Beide Songs spielten sie auch gestern Abend. Kip Berman kündigte sie als „neue Songs“ an.
Das war so nach ungefähr vierzig Minuten, der Abend damit schon fast um.

Es war eines dieser typischen Sonntagskonzerte. Der Tag schlurfte so vor sich hin, familiäre Verpflichtungen hielten mich auf Trab und von gepflegtem Wohnen war weit und breit nichts zu sehen. Die nachmittägliche Terminfahrt war schon länger bekannt und hindert mich nicht daran, eine abendliche Konzertveranstaltung mitzunehmen. Aber wie solche Tage nun mal sind, scheint vorher noch alles ganz klar und locker zu bewältigen, ist der Tag selbst ganz anders. Je später der Nachmittag, desto schwerfälliger werde ich und die Gedanken an einen möglichen Tatort im TV immer wahrscheinlicher.
Letztes Wochenende gab ich kleinlaut nach, fuhr den abendlichen Weg aus der alten Heimat direkt durch bis in die neue Heimat. Ich nahm mir vor, das dieses Mal nicht zu tun.
Glücklicherweise siegte an diesem Tag meine Neugierde auf die Band. Und meine Lust, wieder ein Konzert zu besuchen.
Als ich pünktlich um neun am Luxor auflief, war kein Betrieb auf dem Bürgersteig. Das ist sehr ungewöhnlich, denn eigentlich stehen hier noch die Raucher und Flaschenbiertrinker beisammen und zuckeln an ihren Drogen. Ich schob ihre Abwesenheit auf die Kälte, war jedoch gleichzeitig irritiert, weil ich auch keinen Tourbus vor dem Luxor entdeckte.
Das wird doch nicht?!
Nein, das Konzert war nicht abgesagt oder verlegt worden. Der Tourbus parkte nur nicht auf dem Tourbusparkplatz und die Leute waren schon drinnen.
Wer bis jetzt immer noch glaubte, „The pains of being pure at heart“ seien angesagt, der wurde spätestens jetzt eines besseren belehrt. Halb voll war das Luxor, und vom ehemaligen Hype lange nichts mehr zu spüren. Ein sehr durchmischtes und etabliertes Indiepublikum wartet auf die Band.
Schnell war klar, eine Vorband gibt es heute Abend nicht, und so zog sich die Zeit, bis die New Yorker, live immer noch ergänzt durch „Germany’s most exciting export“ Chris Hocheim, gegen zehn Uhr die Bühne betraten.
Und dann musste ich grinsen. Was für ein T-Shirt trug Sänger Kip Berman da? Ein Belle and Sebastian Shirt. Mensch, diese Band verfolgt mich seit Wochen. Und ich finde die nicht einmal sonderlich toll! Aber sie ist immer irgendwo: Im letzten Urlaub, im zukünftigen (?) Urlaub, im Netzwerk, in der Zeitung. Ist denn im Moment Belle and Sebastian Zeit? Es sieht so aus.

Bei den Pains hat sich musikalisch erwartungsgemäß nichts geändert. Von Beginn an, „This love is fucking right!“, schönster Twee-Pop in all den Farben, die ich gerne habe. Großartig!
Das lästige Referenzengeeiere a la „klingen wie ..“ spar ich mir. Mittlerweile sollte jeder Wissen, wie die Pains klingen oder falls nicht, kann er es hier nachlesen. Zuzüglich eines sehr interessanten Gedankenaustausches über die Qualität der Band.
Ich möchte es so schreiben: „The pains of being pure at heart“ sind toll. Zwar trifft der Sänger nicht jeden Ton, aber die Gesangsqualitäten sind nicht ein entscheidendes K.O. Kriterium einer Band. Dazu gehört viel mehr. Ihre luftig lockeren und so herrlich altbacken klingenden Gitarren sind einfach grandios. Die reissen alles raus. Egal was. Diese Melodien, diese Riffs zaubern mir ein so herrlich molliges Gefühl in den Magen, dass ich all den Bands, die sich bereiterklärt haben, Shoegaze, Dreampop oder Twee in die Jetztzeit zu retten, gar nie böse sein kann.

Und wie schrieb ich vor vierzehn Monaten:
„Ich wiederhole mich nur zu gern: „The pains of being pure at heart“ sind eine wundervolle Band, ihre Konzerte unbedingt empfehlenswert.“
Dabei bleibt es!

Multimedia:
Fotos: frank@flickr

Kontextkonzerte:
The pains of being pure at heart – Köln, 05.06.2009

Schreibe einen Kommentar