Konzerte im Wochentakt. Das bedeutet, weniger Tagesmüdigkeit und mehr Zeit zur digitalen Regeneration. Das Web 2.0 macht Spass, zieht aber Zeit. Und so ein Blog will zufrieden geführt werden.
Blood Red Shoes Im Gebäude 9 28042008 Am Ende der Aprilwochenquadrologie stand gestern der Konzertbesuch bei den Blood Red Shoes. Schon bei ihrem letztjährigen Kurzauftritt im Vorprogramm von Maximo Park sehnte ich ihr Konzert im Gebäude 9 herbei. Ich hatte seinerzeit die ersten Singles gehört und war schlichtweg begeistert von der Wucht ihres Polter-Pops. „ADHD“ und It’s getting boring by the sea waren meine spätsommerlichen / herbzeitlichen Lieblinge. Das muss scheinbar jemand mitbekommen haben, denn knapp ein halbes Jahr später wurde mein Wunsch real. Pünktlich zur Veröffentlichung ihres ersten Albums „Box of Secrets“ gaben Steven Ansell und Laura-Mary Carter ein knapp 65 minütiges Konzert in eben diesem Gebäude 9.
65 Minuten, was nicht nach viel klingt ist bei erst einer CD-Veröffentlichung indes völlig in Ordnung und kein Minuspunkt. Wer – zeitlich – mehr erwartet hatte, ist selbst schuld.
Ich allerdings hatte mehr erwartet. Mehr Emotionen, mehr Energie. Ihr Konzert war solide und gut, keine Frage, doch der letzte Funke wollte nicht so recht rüberspringen. Zumindest nicht auf mich. Ich hatte den Eindruck, es fehlt etwas. Genauer benennen kann ich das leider nicht, aber irgendwas irritierte. Ob es nur an mir lag?
So wurde es das bisher schwächste Konzert des Jahres. Und das ärgerte mich gewaltig, denn ich hatte mich auf ihren Auftritt gefreut, und war ein bischen enttäuscht.
Blood Red Shoes Im Gebäude 9 28042008Überraschenderweise war das Gebäude 9 nicht ausverkauft. Ich hatte mehr Support erwartet, gerade auch weil die beiden im Herbst relativ stark abgefeiert wurden, und war so von einem vollen Haus ausgegangen. Aber vielleicht waren sie in den letzten Jahren zu oft in der Stadt und in der näheren Umgebung unterwegs, um mehr Leute zu ziehen. Um neun war das Gebäude 9 gerade mal zur Hälfte gefüllt.
Als Black Box Revelation die Bühne betraten, musste ordentlich Disconebel rausgehauen werden, um den Saal ein wenig uneinsehbarer zu gestalten. Erste Beobachtung: das Wabberzeug duftet immer noch so süsslich wie im letzten Jahrtausend. So lange ist es her, dass ich dermassen stark im Nebel stand. Damals hiess der Soundtrack This corrosion und war Teil des Tanzflächen Art-Works der DJ’s. Gestern diente es wohl nur dazu, die Zuschauerlücken ein wenig zu kaschieren.
Zweite Beobachtung: BBR sehen noch genauso aus wie vor 14 Tagen. Der Gittarrist trägt gar dieselbe Jacke und Hose. Das Set der belgischen Band scheint auch ähnlich, wenn nicht gar identisch.
BBR sind, genau wie die BRS, eine zwei Personen-Combo. Obwohl, bei BBR könnte man auch zwei Mann-Combo sagen. Es gibt keinen weiblichen Part. Gitarrist Jan Paternoster und Drummer Dries Van Dijck geben eine gute Show. Es macht Laune, ihnen ihm Gebäude 9 zuzuschauen. In diesem Moment spielt das Gebäude 9 seine grossen Stärken aus. Die Bühne ist angenehm hoch und breit angelegt. Der Raum nach hinten schön offen und eben. Man sieht von überall gut und das Klima ist so noch angenehm erträglich. Anders sieht es aus, wenn die Konzerte ausverkauft sind. Aber wem erzähl ich das…
Der Ort, die Atmosphäre, das passt gut zu dem rauhen, leicht trashig klingenden Indierock neuester Prägung. Mit Gravity blues und i think i like you haben BBR sich auch schon mit 2 Stücken in meinen Ohren festgesetzt. Nach einer guten halben Stunde ist ihr Gig vorbei.
Blood Red Shoes Im Gebäude 9 28042008Die Umbaupause war eine Abbaupause. Da seit Beginn des Abends beiden Schlagzeuge aufgebaut in den Ecken der Bühne standen, nusste jetzt nur das links stehende Schlagzeug abgeräumt werden. Keine grosse Aktion also. Trotzdem dauerte es einige Minuten länger. Um kurz nach 10 wurde die Pausenmusik lauter, es lief Killing in the name von Rage against the machine, und ich dachte schon „dazu auf die Bühne kommen ist wie in den 80ern zu Led Zeppelin oder Deep Purple ein Konzert beginnen. Irgendwie merkwürdig.“ Doch das passierte nicht, es dauerte noch einen Deftones-Song und noch weitere Minuten, bis die beiden BRS ihr Konzert beginnen sollten.
Was macht man in solchen Momenten? Man schaut sich Menschen an. Und gleich die nächste Beobachtung: Man sieht auf Konzerten immer die gleichen Leute. Mal kommen sie allein, mal in Begleitung, mal in anderer Begleitung. Der knapp den Mid-agern entwachsende Mann mit Brille und brauner Jacke zum Beispiel, oder der Junge mit den hellblonden, gleichlangen Haaren, oder das Mädchen, das Ähnlichkeit mit einer Soup-Darstellerin hat. Sie alle habe ich schon so oft gesehen. Im Gebäude 9, im Luxor, in der Live Music Hall und sonstwo.
Als BRS starten, hat sich das der Raum ein bischen gefüllt. Genau wie vorhin BBR- Drummer Dries bearbeitet Steven sofort intensivst sein Schlagzeug. Nicht nur, dass er die ganze Zeit den Mund nicht geöffnet hat, er macht dabei auch den eleganteren und stilistischeren Eindruck als sein Drumkollege.
Eins zu null für BRS. An der Gitarre dann ein ungleicher Wettkampf. Jungs mögen Gitarre spielende Frauen, ob sie nun Kim Deal, Melissa auf der Maur oder Laura-Mary Carter heissen. Da hat man als Band gleich gewonnen und schiefgehen kann nicht mehr viel.
Laura-Mary Carter ist der eigentlich Blickfang. Sie trägt ein schwarzes Kleid und sieht auch sonst ziemlich charmant aus. Doch gerade zu Beginn scheint sie etwas orientierungslos zu sein. Sie beginnt verhalten, ist noch nicht so richtig da. Meine Mitbewohnerin sagte später dazu, am Anfang sei sie wohl noch ein wenig nervös gewesen. Ich dachte eher, sie sieht müde und überspielt aus. Im Laufe der nächsten knapp 60 Minuten legte sich das ein wenig. Es kam mehr Bewegung in die Sache. Nun schien auch Laura warm zu werden, Steven hatte da bereits sein T-Shirt ausgezogen. Immer und immer wieder drosch er wie ein Irrwisch auf sein Schlagzeug ein, der Roadie musste es des öfteren neu richten.
Doch aller Lärm (laut war es schon) und Charme halfen mir gestern nicht weiter. So richtig überzeugen konnten sie mich gestern nicht. Dann vielleicht auf dem Melt!
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Multimedia:
Fotos: christoph
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