Anfang der 90er Jahre machte sich eine neue deutsche Musikbewegung auf, die dahin schlummernde Indieszene mit deutschen Texten zu bereichern. Blumfeld, Cpt. Kirk &., Die Erde und Die Sterne und später Tocotronic standen für deutschsprachige Musik jenseits von Schlager und Liedermacher. Hamburger Schule nannte man das Modell, über das Wikipedia berichtet:
„sie sei nicht einfach ein „Sammelbecken ähnlich klingender Musik“. Sie zeichnet sich vor allem durch deutschsprachige Texte aus, denen oft ein hoher intellektueller Anspruch zugemessen wird und die umfangreich mit Gesellschaftskritik, linkspolitischer Einstellung und postmodernen Theorien verbunden sind. Dies insbesondere wurde von der Musikpresse wie etwa der Spex als lobenswerte Eigenschaft hervorgehoben. Im Vordergrund stand aber nicht die deutsche Sprache als solche, denn wie schon bei den frühen Punks in Deutschland wurde diese weniger bewusst gewählt, sondern war ganz natürlich als Muttersprache das Medium Ausdruck und Inhalt. Von nationalistischen Interpretationen des Singens in deutscher Sprache distanzierten sich die Bands teilweise deutlich (z.B. Die Sterne, „Ich scheiß auf deutsche Texte“). Die Homogenität findet sich somit im Hintergrund – in den Einstellungen gegenüber einer „modernen“ Welt – in der Musik – vielleicht auch einer der Gründe, warum vor allem die frühen Bands der Hamburger Schule deren Existenz gerne bestreiten. Die sozialen und insbesondere politischen Kooperationen (einige Bands waren personell verflochten mit den so genannten Wohlfahrtsausschüssen in den 90ern) unterstützten wiederum den Bewegungsgedanken.“
Mit den Lassie Singers hat dies erst mal nicht viel zu tun. Ich würde sie nicht der Hamburger Schule zugehörig zählen, aber sie profitierten sicherlich von der neuen medialen Sprachbewusstheit dem „es ist okay, in Deutsch zu singen“.
Denn neben der neuen, deutschsingenden Indieszene etablierten sich Anfang der 90er auch erste deutsche HipHop Projekte wie „Advanced chemistry“ und die „Fantastischen Vier“.
Die Zeit war also reif, und die Lassie Singers waren da.

1988 gründeten Britta Neander, Christiane Rösinger, Almut Klotz und Funny van Dannen die Lassie Singers. Musikalisch die trotzige große Schwester Blumfelds und entfernte Verwandte der Rainbirds sangen die Lassies über das Leben. Sie wollten nicht sozialkritische und politische Gesellschaftskritik übern, sie wollten lieber über Autofahrten, den nächsten Freund oder das ein oder andere menschliche Desaster erzählen. Mit feinen Alltagsbeobachtungen brachten sie die Dinge auf den Punkt. „Pärchen verpisst euch, keiner vermisst euch“, so ist es, so soll es gesungen werden. Ohne Rücksicht auf tralala Gesänge und mit viel Liebe zur Melancholie waren sich die Lassies für keinen Scherz und Wortwitz zu schade, wirkten herrlich kämpferisch und mit ihrem trashigen Geschrammel immer sehr direkt.

Lassie Singers // kurze Kurzbio
– Stil: deutschpop
– gegründet: 1988
– aufgelöst: 1998

Lassie Singers // wichtige Mitglieder
Britta Neander
Christiane Rösinger
Almut Klotz

Lassie Singers // Alben:
1991 Die Lassie Singers Helfen Dir
1992 Sei À Gogo
1994 Stadt, Land, Verbrechen
1996 Hotel Hotel

Lassie Singers // unser Kennenlernen
Übers Radio. Die Singles „Hamburg“ und „Es ist so Schade“ hatten einen respektablen Radioeinsatz. „Hamburg“ war lange Zeit unser Lieblingsautofahrsong. „Pause, nein geht nicht… dreh mal die Kassette um… die Landschaft hier ist fucking thrill“. Ach, das war so toll frisch, echt, charmant und do-it-yourself klingend zugleich, dass „Hamburg“ nur eins werden konnte: ein Ohrwurm. Es gab nichts spaßigeres als auf der A1 zu fahren und direkt vor Ort in Echtzeit mitzugrölen: „am Kamener Kreuz links vorbei, im Radio läuft hr3…Toy-R-Us? Komisch …“
Lassie Singers: urkomisch!
Die erste deutsche Girl Band hatte mich. Und da „Mein Freund hat mit mir schlussgemacht“ („…helfen dir“) oder „Loswerden“ dem „sexy Hamburg“ (beide auf „Sei À Gogo“) in nichts nachstanden, weiterhin ein Schmunzeln auf mein Gesicht zauberten und gute Laune verbreiteten, blieb ich ihnen treu. Die Lassie Singers schilderten immer das wahre Leben. Ich glaube, dass machte die Songs aus. Man schmunzelte, erkannte Situationen wieder und lachte schlussendlich über das eigene Leben. Auch dann, wenn es gar nicht lustig ist. Musik als Therapie und Fröhlichmacher. Gibt es besseres?

Lassie Singers // Lieblingssong
Nur weil wir keine Ausbildung haben, machen wir den ganzen Scheiß!
Nicht nur, weil ich es hier schon zitiert habe: „Hamburg“. Kühe , Kühe , Kühe!!!

Lassie Singers // Noch was?!
Christiane Rösinger und Britta Neander gründeten 1997 die Band Britta.
Und ein Zufall brachte mich neulich nach langer Zeit wieder auf die Lassie Singers: Beim hören des Samplers “Berlin Songs Vol. 3“ entdeckte ich im Booklet den Namen Christiane Rösinger. Sie ist also weiterhin musikalisch aktiv.

https://youtube.com/watch?v=g81YBkCl_dI

Lassie Singers // Links
@ youtube

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. -Christoph-

    Was habe ich die Lassie Singers geliebt! Eine großartige Band!
    Danke fürs Wiedererinnern!

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