A trained dog is a stupid dog.
Das Subway in Köln. Hier war ich noch nicht zu Besuch. Der Klub ist direkt an einer der Hauptverkehrsstraßen der Stadt in einem Keller untergebracht. Niedrige Decken, leicht verwinkelte Bauweise. Die Bühne ist eine Treppenstufe hoch in der Ecke des Raums. Es riecht nach Institution, ob das Subway eine ist, ich weiß es nicht.
Also, raus aus dem Zug in Köln-West, ein paar Meter den Bahndamm entlang, links herum, und schon bin ich da. Kurz vor neun, die Türen sind noch geschlossen. Warten bei Minusgraden. Mit mir stehen noch rund 10 Leute auf dem Gehsteig und machen dasselbe. Montagsmelancholie.
Irgendwann öffnet sich die Tür. Ich schlänge mich die Treppe hinunter, hier unten ist es nicht viel wärmer. Angemüdet setze ich mich auf einen Hocker. Der Vortag steckt mehr als tief in meinen Knochen. Ich habe Durst, kaufe etwas zu trinken. Der große Uhrzeiger schleicht Richtung zehn. Er hat keine Eile, Savoy Grand offensichtlich auch nicht. Die vier sitzen in der Ecke und erzählen. Hoffentlich läuft es heute in zeitlich angenehmen Bahnen, denke ich. Es wäre nicht schlimm, wenn es keine Vorband gäbe.
Es ist angenehm unhektisch im Saal. Alle lungern vor sich hin, warten. DJ iPod spielt Fahrstuhlmusik.
Savoy Grand gehören zu den unterschätzten Bands dieser Welt. Nach über fünf Jahren ist die Band aus Nottingham wieder auf Europatour. Vier Alben haben sie mittlerweile veröffentlicht, jedes ist eine Schönheit für sich und unbedingt empfehlenswert.
Ihr aktuelles Baby „Accident book“ ist gerade mal ein halbes Jahr alt. Neil Wells, der noch auf fünf der insgesamt 9 Liedern mitwirkt, ist nun nicht mehr mit von der Partie. Er ist so was wie der Tausendsassa der Stadt, spielte er doch schon in den anderen beiden Nottinghamer Bands Seachange (wunderbar!) und Escapologists (sehr wunderbar) eine gewichtige Rolle.
Könige der Langsamkeit seien Savoy Grand, las ich anderorts. Ruhige, bedächtige, sehr minimalistische Musik, zu weit weg vom Mainstream, nicht nah genug am Indiehorizont, um mehr als ein paar Hände voll Menschen zu begeistern.
So sind denn vielleicht knapp hundert Leute vor Ort. Savoy Grand beginnen ruhig, so wie erwartet. Wohl dosiert klingen die Gitarren von Graham Langley und Neil Johnson. Schlagzeug und Keyboard sind nicht fern davon. Graham Langleys Stimme hat eine ungemein beruhigende Wirkung. Sie klingt klar und hell, wohl akzentuiert und unaufgeregt.
Zwischen den Songs stimmt Graham sekundenlang seine Gitarre neu. „Ah, so ein Mist.“ Sagt er auf Deutsch leise vor sich hin. „Das ist besser.“, und lacht leicht verlegen. „Quit unprofessional, unacceptable.” Die Boxen brummen dazu sanft vor sich hin. Soundtrack der Stille. Die Band hat es nicht eilig, Slow-core wörtlich genommen.
Von Hektik ist hier keine Spur. Hinten links knistert ein Bonbonpapier. Es ist auffallend ruhig im Klub, selbst von der Bar hört man kein nerviges Geklimper. Keiner wagt es, ein Wort zu reden. Alle sind wegen der Band hier, Trittbrettfahrer scheinbar keine. „Well, you all came out on a monday evening.“, mehr geflüstert als gesprochen sind die Worte.
Nach fünf oder sechs Songs ist eine gute halbe Stunde vergangen. Ein erster messbarer Lärmausbruch, für Sekunden wird es spürbar laut. Doch so schnell wie er da war, verschwindet der Moment auch wieder. Ruhe. In der nächsten Songpause zieht sich Schlagzeuger Darren Simpson seinen Pullunder über, reicht seinen Hocker rüber zu Kieran O‘Riordan, der für “Foircandles“ ein zitherähnliches Instrument auf seine Oberschenkel platziert. Nach dem Stück wandert der Hocker wieder an seinen angestammten Platz zurück. Die Entspanntheit der Aktion ist phänomenal.
Es folgen noch ein, zwei Songs, dann haben Savoy Grand nach einer guten Stunde ihr Set beendet. In aller Ruhe.
Zur Zugabe wird es noch mal kurz laut. Neil Johnson hebt sanft einen Drumstick vom Boden und zaubert leise, flirrende Klänge aus seinen Gitarrensaiten. Deutlich hört man alle Feinheiten des Savoy Grand Sounds. Auch die Klarinette, die der Keyboarder zeitweise einsetzt.
Dann kehrt endgültig Ruhe ein.
Vor einigen Tagen sah ich im Fernsehen eine Dokumentation über einen kleinen Ort in Wales: „Vom langsamen Leben in Wales – sleep furiously“. Ich fühlte mich gestern Abend sehr an diese Dokumentation erinnert. Savoy Grand hätten den Soundtrack schreiben können.

Setlist:
(via EMail)
Hi Frank if i recall correctly it was this:
01: Survivor
02: A good walk spoiled
03: Day too long
04: Business is good
05: Took
06: The undertaking
07: Last night on earth
08: Fourcandles
09: Change is an engine
10: The plan
11: Photophobia
Zugabe:
12: Doctor’s teeth
13: Mirror song

Multimedia:
Fotos: Kölner Stadtanzeiger

Kontextkonzerte:
Seachange – Köln, 19.09.2006

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. jekaterina

    schön.

    1. frank

      Vielen Dank! Oh ja, schön war es in der Tat.

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