Warum geht man auf ein Olli Schulz Konzert? Nun, zum einen natürlich wegen der Musik, das ist klar. Aber da ist noch mehr. Wer ein Olli Schulz Konzert besucht erwartet auch Geschichten. Lustige Geschichten über alles mögliche. Über ehemalige Aushilfsjobs in Callcentern, über Ollis Metalphase , über Tourerlebnisse oder das Einkaufen im Supermarkt.
Im Kölner Gloria bekamen wir mehr als genug davon. Wir lachten und schmunzelten mehr als 2 Stunden lang und konnten so das wenig geglückte Set des Warm-uppers Winson schnell verdrängen.
Winson, wo hat man den ausgegraben? Olli Schulz beantwortete die Frage selbst bei der Vorstellung seines Supportacts: „Ich habe ihn aus dem Gefängnis freigekauft und jetzt muss er dafür die Tour mit uns bestreiten.“ So ist das, und die gut 600 im Gloria müssen das ausbaden.
Wer sich erinnern mag: „Discomädchen“ war vor vielen Jahren ein kleiner 1Live Radiohit des Mannes, der mit Vornamen Marcus Daniel Jürgen heißt. „Liebeskummer ist Luxus Baby“ könnte einem auch bekannt vor kommen. Muss es aber nicht. Was als Akustikset mit Gitarre begann, mutierte ab Song Nummer drei zu einer schlechten beatboxgetriebenen Kopie Deichkinds oder Lützenkirchens. „Was soll ich sonst tun?“ fragt Winson in einem Song. „Mensch, ich weiß es auch nicht,“ möchte man antworten, „vielleicht wieder gute Musik machen. Discomädchen war doch seinerzeit gar nicht so schlecht.“ Und wovon lebt eigentlich Peter heute?
Bühenspässchen alleine reißen es nämlich nicht raus. Das gefiel neben uns auch anderen nicht. Sechs Mädchen setzten sich demonstrativ auf den Boden und jubelten laut, als der letzte Track angekündigt wurde.
Na ja, die 20 Minuten taten keinem Weh und hinterließen keine Spuren. Bisher die schlechteste „Vorband“ des Jahres.
Setlist:
01. Something like this
02. Liebeskummer ist Luxux
03. Kuck die Leute an
04. Discomädchen
05. Was soll ich tun
06. Remix von irgendwas
Olli Schulz kannte anschließend keine Gnade. Über 2 Stunden verbrachten er und seine Band, alles Leute aus dem Home of the Lame Umfeld, auf der Bühne.
War es Zufall oder durchs Unterbewusstsein bewusst abgestimmt. Vielleicht entstand die Setlist während eines Hungerastes, denn die ersten beiden Songs hatten was mit Essen zu tun. Naja, zumindest in ein, zwei Worten. Heißt es in „Wenn das Leben dich beißt“ direkt zu Beginn „er isst einen Döner, die Sauce klebt am Kinn“ ist das nachfolgende „All you can eat“ selbstbezeichnend. Gut, in beiden Songs geht es inhaltlich um ganz andere Dinge, aber es passt gerade so schön.
Gerade raus und rockig wurden die Songs im neuen Bandgefüge – von den alten Kollegen Der Hund Marie hatte sich Olli Schulz vor einiger Zeit losgeeist – präsentiert. Bei Stücken des vorletzten Albums „Warten auf den Bumerang“ fiel mir dies besonders auf. Neben „Wenn das Leben dich beißt“ spielten sie das wunderbare „Rückspiegel“ und „Wenn die Music nicht so laut wär’“. Den Singer/ Songwriter kehrte Olli erst im Zugabenblock raus.
Und es wäre kein Olli Schulz Konzert, wenn da nicht die kleinen Anekdoten kämen. Geschichten über minderbegabte Gitarrenanschläge als mögliches Trademark, Gala lesen beim Zahnarzt und daraus resultierende Songs („Wie sie“) oder eine angezettelte Diskussion über Mörtley Crue Alben.
„Ich kenne kein gutes Album von denen.“ – „Stimmt nicht.“ (Ein Zuruf aus dem Publikum.) – „Welches denn? „Girls, Girls, Girls“ ist Schrott, „Theatre of Pain“ ist Schrott, „Dr. Feelgood“ ist Schrott, na ja, da sind schon ein paar ordentliche Sachen drauf. Aber trotzdem“ – „Das Live Album!“ – „Ach das Live Album. Das kenne ich nicht.“
So wurde es ein launiger Abend mit viel Palaver und großem Grinsen. Hatte ich den stummen Affen bei Sony, die betrunkene Frau aus Erlangen, die Depeche Mode Releaseparty nach dem Magdeburger Konzert und die für 2 Euro käuflichen CD Hüllen am Merchandisestand für die selbstgebrannten Olli Schulz CDs schon erwähnt?
Gesungen wurde natürlich auch. „Manchmal singt man Lieder, die hält man selbst kaum aus!“ hat Olli Schulz mal irgendwo gesagt. Nun, stimmt. Tragödien und Alltagsbeobachtungen. Immer in dicken Reimen verpackt, aber immer auch kritisch.
Großer Höhepunkt das Abschlusslied des regulären Sets: „Song ohne Grund“. Olli bewies hier mal eben, dass so ziemlich alles auf die Akkordfolge dieses Songs passt, was in den letzten Jahren an deutschsprachlichem veröffentlicht wurde: Silbermond, Juli, Tokio Hotel, Herbert Grönemeyer, Luxuslärm, Polarkreis 18, alle wurden verwurstet; 10 bis 12 Songverweise baute er in diesem Titel ein. Toll! Auch Klaus Lages 1000 Mal berührt, mit dem Olli gerne eine Split Single aufnehmen würde, durfte nicht fehlen.
Der Zugabenteil wurde ein Wunschkonzert. „Elefanten“ und „Mixtape“ wurden auf Zuruf gespielt. Letzteres mit einigen Textfezen „Safe heute nacht“, der eingedeutschten Eagle Eye Cherry „Safe tonight“ Version. Köstlich. „Bibo“ aus dem Bundesvision Songkontest durfte natürlich nicht fehlen und kam im zweiten Zugabeteil.
Wenn dieses Konzert wirklich jemals als DVD veröffentlicht wird – es wurde zumindest komplett mitgeschnitten – ist das ein Pflichtkauf. Mehr Olli Schulz geht nicht!
Olli, für Dich wird immer eine Kerze in der Kathedrale meines Herzens brennen!
Ach eins noch: Lee Buddha, der dich auf dem Banjo bei zwei Songs unterstützte, kommt ursprünglich aus Dortmund, nicht aus Köln.
Und noch eins: Olli Schulz erzählt immer dasselbe!
Setlist:
01: Wenn das Leben dich beißt
02: All you can eat
03: Ab jetzt tut’s nur noch weh
04: Dann schlägt dein Herz
05: Wenn die Music nicht so laut wär‘
06: Weil die Zeit sich so beeilt
07: Wie sie
08: Ewig leben
09: So lange einsam
10: Kaiserwetter
11: Was macht man bloß mit diesem Jungen?
12: Geheimdienst
13: Isabelle
14: Die Ankunft der Marsianer
15: Der Rumäne
16: Rückspiegel
17: Song ohne Grund
Zugabe I:
18: Lonely at the top
19: Elefanten
20: Mixtape
Zugabe II:
21: Tanz den Bibo
22: Wenn die Sonne wieder scheint
Zugabe III:
23: Bloß Freunde
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Multimedia:
Fotos: frank@ipernity