Ort: Parc del Forum, Barcelona
Bands: Julia Holter, Speedy Ortiz, Hamilton Leithauser, Slowdive, The Julie Ruin, Lee Ranaldo and the dust, Slint, Darkside

Schotterparkplatz Panorama

Wie dokumentiere ich dieses Festival? Nun, in diesem Jahr habe ich mich erneut dazu entschlossen, Tagesberichte zu verfassen. Bei insgesamt vier Tagen Konzerte im Parc del Forum ergibt das logischerweise vier Berichte. Die Aufteilung in Tage erscheint mir lesbarer als ein elendig langer Bericht (#tlc’tr). Dabei kann ich die einzelnen Konzerte natürlich nur kurz anreissen, die gewohnt ausführliche Abhandlung wie bei einem Einzelkonzert würde meinen Blogzeitrahmen sprengen und sicherlich würde ich nie damit fertig werden.
Und ich denke, es tut auch keine Not. Ein Festval ist ein Festival ist ein Festival.
Vorab jedoch ein kurzer Überblick darüber, welche Bands in dieser Blogquadrologie vorkommen. Nach dem zeitlichen Ablauf sortiert sind dies:
– am Mittwoch, 28.05.2014: Sky Ferreira
– am Donnerstag, 29.05.2014:
Colin Stetson, Julian Cope, Real Estate, Girl Band, Warpaint, SVPER, Future Islands, Queens of the stoneage, Arcade Fire, Metronomy
– am Samstag, 31.05.2014:
Speedy Ortiz, Courtney Barnett, Television, Spoon, Goodspeed you! black emperor, The Dismemberment Plan, Cloud nothings, Nine inch nails, Foals

Jemanden vergessen? Ach sieh‘ selbst!

Zum Donnerstag.

Parc del Forum, Freitag, 30.05.2014

Slint

Gudrun vom Konzerttagebuch erzählte in ihrem Bericht über das feine Mannheim Open Air von sogenannten Krawallnasen, die ihr ein Festival vermiesen können. Jeder kennt die von ihr sehr schön beschriebenen Situationen sicherlich und ja, auch mir können diese Leute ein Konzert verleiden. Ärgerlicher finde ich es aber, Festivalkonzerte aus riesiger Distanz zu betrachten.
Da es der Zeitplan so wollte, und da ich nicht zu den auserwählten Besuchern mit VIP Ticket gehörte, entschied mich daher gegen den Besuch des Slowdive Auftritts. Die Engländer, die in diesem Jahr mit ihrer Reunion an der Reihe sind (nächstes Jahr übernehmen das sicher Ride), spielten auf der zweitgrößten Bühnen, allerdings so in zeitlicher Nähe zu Speedy Ortiz, das es nicht gereicht hätte, in den vorderen Bereich vorzudringen. Hinzu kam das Ärgernis, dass der vordere rechte Bühnenbereich sogenannten VIP Besuchern vorenthalten blieb, es war also noch nicht einmal der gesamte Platz für Arbeiterklassenbesuchern reserviert. Das konnte also nichts werden, und auch leicht trotzig ob dieser zwei Klassen Regelung entschied ich mich für ein Alternativprogramm. Das hieß Hamilton Leithauser und Slint.

Hamilton Leithauser

Hamilton Leithauser spielte ein Clubkonzert auf der sogenannten Heineken Hidden stage, einer Bühne in den Katakomben des Parc del Forum, mit einer Kapazität für maximal 450 Leute. Für dieses Konzert musste man sich nachmittags Tickets am Infostand abholen.

Ticket

Und da mein Freund Christoph die Absicht hatte, sich für das Hidden stage Konzert der Wedding Present für Tickets anzustellen, bat ich ihn, mir für Hamilton Leithauser eines mitzubringen. Das machte er natürlich und so fand ich mich zur Slowdive Zeit in dem Gewölbe ein.
Die Heineken Hidden stage liegt grob gesagt unter dem Gelände der ATP Bühne, und ist in diesem Jahr zum ersten Mal im Primaveraprogramm aufgeführt. Neben Leithauser spielen dort u. a. Peter Hook, die Buzzcocks und eben Wedding present. Am ersten Tag interessierte uns das Peter Hook Konzert (Peter Hook spielt Unknown Pleasures, welch eine Ankündigung), aber wir erfuhren erst vor dem Einlass zur dann schon ausverkauften Hidden stage von den Ticketregularien. Am Freitag waren wir dann vorbereitet und ich stand mit einem Ticket in der Hand vor der Einlasskontrolle.
Von Hamilton Leithauser erfuhr ich erst einige Tage vor dem Spanienausflug. Eine Bekannte aus diesem digitalen sozialen Netzwerk ließ den Namen fallen, und da ich manchmal sehr neugierig bin, war dies Anreiz genug, mir den Sänger der amerikanischen Band The Walkmen anzusehen. Und während die Walkmen Ende letzten Jahres eine extreme Pause angekündigt haben, veröffentlicht ihr Sänger mit Black hours ein Soloalbum mit eher sanften Gitarrensongs und gedrosseltem Tempo. Das klingt nicht sonderlich spektakulär, ist aber durchaus sehr hörbar. Obwohl ich das Album nicht kenne macht das Konzert keine Langeweile. Die angenehme Atmosphäre vor der Kellerbühne und Songs wie das famose „Alexandra“ liefern dazu ein Futter, dass einen Slowdive Auftritt schnell vergessen lässt. Vom Punk und schwermütigen Indierock der Walkmen ist Leithauser solo weit entfernt, ziert doch mehr der Pop seinen Auftritt. Songs wie „5AM“ oder „I retired“ klingen dabei so wunderbar perfekt, dass ich mir das Album unbedingt kaufen werde.

Nach Leithauser blieb noch Zeit für etwas Slowdive. Vor der Sony Bühne war es erwartet voll und ich erhaschte noch den letzten Song „Golden hair“ am Rand des Platzes. Alles richtig gemacht, dachte ich. Musikalisch finde ich Slowdive jetzt nicht so überragend, um mir das über eine volle Konzertlänge anzutun, mir reicht da nach wie vor ihr Konzert in der Bochumer Zeche vor vielen Jahren. Allerdings haben Slowdive mit ihrer Reunion auch alles richtig gemacht, denn sicher nicht umsonst säumten 25000 Besucher den Platz vor der Bühne. Eine win-win Situation, wie es scheint.

Julia Holter Band

Der zweite Konzerttag startete bereits sieben Stunde zuvor. Julia Holter spielte zu früher Stunde (also um 16 Uhr) im Auditori groß auf du wir nahmen die Gelegenheit dankend an, dieses erste Konzert im Sitzen genießen zu können. Julia Holter singt Songs über Statuen, die lieber Menschen wären, weil Menschen sich bewegen können („Marienbad“). Das packt sie in leicht verschrobene Musik, die mit Cello, Violine und Saxophon eine sympathische Tageseröffnung ergibt. Solche Songs bzw. Musik passt gut in Auditori, weil in diesem Konzertsaal der Sound immer hervorragend ist und so all die kleinen Feinheiten der Jazzarrangements gut herauskommen (siehe: Colin Stetson). Bei ihrem Barbara Lewis Cover „Hello stranger“ mit seinen langsamen Streichern musste ich nochmal kurz an den Vortag denken. Erst an Metronomy, die phasenweise enorm schnell ihr Stücke spielten, also viel schneller als auf Platte, dann an Warpaint, die im Coververgleich eindeutig den kürzeren zogen. „Hello stranger“ passt so perfekt zu Julia Holter wie unperfekt „Ashes to ashes“ zu Warpait.

Lee Ranaldo

Nach dem Julia Holter Auftritt gab es die einzigen beiden Primavera Ärgernisse. Es war geplant, sich im Anschluss Linda Perhacs im Auditori anzuschauen. Die Absage des Konzertes der alten Folk Dame war uns allerdings schon am Vortag bekannt, so dass die unfreiwillige Pause und der eisetzende leichte Regen unsere Pläne dahingehend verschoben, erstmal im nahegelegenen Einkaufszentrum einen Abendsnack zu uns zu nehmen. Ein Vorteil von städtischen Festivals ist unbestritten er, dass die Infrastruktur am Rande des Geländes stimmt, sowohl was die Verpflegung als auch die An- und Abreisemöglichkeiten angeht.
Die zweite Absage traf mich überraschend und unvorbereitet. Ich wollte mir statt der Pixies lieber die neue Band The Julie Ruin um die Rrriot Grrrl Aktivistin und Ehefrau von Adam Horovitz, Kathleen Hanna (ehemals Bikini Kill) anschauen. Kathleen Hanna entdeckte ich im letzten Jahr, als ich zufällig über die Dokumentation The Punk Singer stolperte. Das Ärgerliche war, dass ich die Absage nicht mitbekam.
Das riss ein Loch in meine Abendplanung, das jedoch durch ein paar Minuten The war on drugs und ein paar Minuten mehr Lee Ranaldo and the dust gut gestopft wurden. Da beide Konzerte jedoch zu diesem Zeitpunkt schon liefen, konnte ich mich nicht so recht entscheiden, und pendelte zwischen den nebeneinander liegenden Bühnen Vice und Pitchfork hin und her.
Bis dato war ich noch nicht vor der ATP Bühne. Eigentlich schade, denn gerade im letzten Jahr hat mir diese Bühne viele wunderbare Konzerte beschert (Bob Mould, The sea and cake, Merchandse). Mit dem Auftritt der amerikanischen Band Slint sollte sich dies ändern.

Slint

Slint sind alte amerikanische Indierecken. Ende der 80er Jahren etablierten sie zusammen mit Bands wie Chokebore und Tortoise den sogenannten Slowcore. Dazu reichten ihnen zwei Alben (Tweez und Spiderland) und eine Lebensdauer von 5 Jahren. Ihr Primavera Auftritt fand 20 Jahre nach ihrer letzten Veröffentlichung statt, der sogenannten Untitled EP, Slints wohl bedeutendste Platte (sagt die Musikpresse). Die EP wurde nach dem Ende der Band veröffentlicht und beinhaltet zwei Songs aus den 1989er Jahren und der Zeit um die erste LP Tweez.Auf der ATP Bühne huldigten sie allerdings ihrem zweiten Album Spiderland, das sie vollständig, wenn auch in anderer Reihenfolge als auf dem Album zu hören, spielten. Ergänzt haben sie ihr Set um den Spiderman Outtake „Pam“, sowie „Ron“ und „Glenn“ von Tweez bzw. der Untitled EP.
Ähnlich wie bei Chokebore überzeugten mich die getragenen, wohlüberlegten Gitarrensongs sehr. Ihr Konzert ist sehr ruhig und gediegen, die Musiker lassen sich zwischen den Stücken enorm viel Zeit und die Ansagen von Sänger Brian McMahan sind kurz und flüsternd. ‚Last song. Thanks‘ haucht er förmlich ins Mikrofon, bevor „Good morning captain“ für die nächsten acht Minuten umherpoltert. Slint sind eindeutig eine Jungs- und Männerband. Und was machen Männer so, wenn sie mehrheitlich unter sich sind? Richtig, sie hören andächtig der Band zu und spenden Szenenapplaus, wenn während eines Songs ein Verstärker eine Stufe höher gedreht wird bzw. ein Effektgerät bedient wird. Weird!

Darkside

Im krassen Gegensatz dazu Darkside. Ich verspürte nach dem erschlagenen Slint Konzert noch keine Müdigkeit und brauchte noch etwas Zeit, um wieder runterzukommen, bevor ich mich auf den Weg machen wollte. Da kamen mir die Düster-Techno-Elektro-Jazz-oiden Nicolas Jaar und Dave Harrington gerade recht. Vom Rand des Amphitheaters der Ray-Ban Bühne schaute ich mir noch eine gute halbe Stunde das Nebel und Weisslichtgewitter Darksides an. Ein schön anzusehender Nacht-Soundtrack.
Space is only noise.

Zum Samstag.

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