Ort: Gebäude 9, Köln
Vorband:Young Montana?

Wu Lyf - Köln, 90.10.2011

„Nette Show, Jungs.“ Konfuse und unterhaltsame 50 Minuten liegen an diesem Sonntagabend im Gebäude 9 hinter uns. Die britischen Wu Lyf verabschiedeten sich gerade mit einer Mischung aus Abbauen und Zugabeklängen und ich wurde von den hell flackernden Neonröhren der Hallendeckenbeleuchtung aus meinen Gedanken gerissen.
Was war denn das gerade für ein Konzert? Kein normales, soviel steht in diesem Moment fest.
Was die vier Wu Lyfs uns hier präsentierten, wucherte zum Ende hin immer mehr in ein kleines musikalisches Chaos aus. Es war die Zeit um das Wipers Cover, nachdem nix mehr so richtig Hand und Fuß hatte. Die Songs wirkten nicht mehr planmäßig gespielt, die Improvisation im Ablauf übernahm das Kommando. Was manchmal nicht das schlechteste sein kann. Im Fall von Wu Lyf, die ich erst am Tag zuvor über ihr aktuelles Album kennengelernt hatte, passte das gut zusammen.
Ursprünglich sollte ich die vier Briten schon eine Woche länger kennen. Denn am Samstag zuvor war ich mit der vollen Absicht in den heimischen Saturn gestiefelt, um mir ihr Album und noch die ein oder andere CD zu kaufen. Zuhause musste ich dann feststellen, dass ich mal wieder Bandnamen verwechselt hatte. Statt Wu Lyf lag das Wye Oak’sche „Civilian“ in meiner Umhängetasche. Nun, auch keine schlechte Wahl, allerdings nicht die geplante. Diesen faux pas musste ich natürlich wieder wettmachen, und die nächstbeste Gelegenheit dazu war eben dieses Wochenende. Nach dem ersten Durchhören von „Go tell fire to the mountan“ war klar, dass das vorher eher zögerlich anvisierte Konzert am Sonntagabend gesetzt wird. Egal welcher Tatort auch immer kommen mag: Münster, Hannover, Ludwigshafen, selbst ihr habt keine Chance.

Denn Wu Lyf klingen sehr nach den Bands, die wir mögen: Modest Mouse, Foals, Shins, oder Math-Rock im Allgemeinen. Im Sommer waren Ellery Roberts, Gitarrist Evans Kati, Bassist Thomas McClung und Schlagzeuger Joe Manning bereits in der Stadt. Im Rahmen des c-o Pop spielten sie auf dem Dach des Museums Ludwig.
Just in diesen Tagen veröffentlichte die Band ihr Debüt „“Go tell fire to the mountan““, ein scheinbar lang ersehntes:

„Seit über einem Jahr wird das Flüstern im Bloggerwald immer lauter, mit der Veröffentlichung einer CD oder ausgiebigen Liveauftritten hielt man sich jedoch konsequent zurück. Die Band überzeugte vielmehr mit erstaunlichen Videos, klassischem orgellastigen Sound und einem Sänger, dem man ständig Hustenbonbons reichen will, so sehr schreit, kreischt und krächzt er.“

Alles richtig, was die c-o Pop Homepage schreibt. Der Hype war also da (und er hat scheinbar keinen Sommer lang gehalten, das Gebäude 9 war an diesem Abend nur locker gefüllt).
Die Stimme des Sängers ist wirklich phänomenal. Ich weiß nicht, wie er das macht, aber sein Gesang ist, nun ja, einzigartig. In den Zwischenansagen höre ich dann eine tiefe, nach durchzechten Nächten klingende Stimme, die, übrigens wie alle Ansagen, mit so viel dunklem Hall unterlegt wird, dass wir kaum etwas von dem verstehen, was auf der Bühne gesprochen wird.
Cool, weiterer Pluspunkt.
Erster und dickster Bonus ist ihr Sound. Wu Lyf klingen in der Tat anders als alle anderen britischen Bands und Bands weiterer Landsmannschaften. Wichtigstes Instrument ist eine Kirchenorgel, zweitwichtigste das Schlagzeugspiel von Joe Manning, der zeitweise so wuchtig auf seine Trommeln drischt, dass man Angst und Bange um das Instrument haben muss.
Aber a propos britisch. Es ist dieses typische britisch vs. us- amerikanische Klangklischee, dem ich an diesem Abend voll auf den Leim gegangen bin.
Bevor ich bei Wikipedia ein wenig rumgegraben habe, war ich felsenfest der Überzeugung, das Wu Lyf eine amerikanische Band seien. Modest Mouse, Shins, ja, gerne auch die frühen 90er Jahre Flaming Lips („Go tell fire to the mountan“ klingt live sehr nach dem Flaming Lips „Jesus“ Album), das ist deren Liga. Aber Manchester? Die Happy Mondays und Charlatans klingen doch ganz anders! Britische Bands klingen doch, nun ja, wie die Beatles und nach Pop, amerikanische Indiebands eher rauer und rockiger.

“I think WU LYF are the best band I’ve seen in 8 years, since…The Libertines. But they’re not really very commercial – they’re like a Godspeed You Black Emperor, or a Jesus & The Mary Chain…at the moment I can’t see them being a massive seller or an Arcade Fire type band. Well, maybe they will, but I’m not sure it’s what they want. In any case, their story is fascinating and I like the fact they’re not doing things the normal way.”
(NME-Schreiber Matt Wilkinson)

Interessante Momente haben sie, keine Frage. Das D7 Cover war so einer. Der Bassist übernahm den Gesang und zusammen mit dem Gitarrenspiel von Evans Kati sah es nicht nur so aus, es klang auch wie eine Nirvana- Blaupause. Inklusive Ponyhochpusten.

Heavy Pop. Welt, vereinige dich! Luzifers Jugendstiftung.

Multimedia:
Fotos: frank@flickr

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