Ort: Botanique, Brüssel
Vorband:

Waxahatchee

Waxahatchee ist der Name eines Flusses im US-Bundesstaat Alabama. Die umliegenden Städte haben Namen wie Stewartville, Alexander City Childersburg und Columbiana. Nach diesem Fluss benannte die amerikanische Katie Crutchfield ihr Musikprojet. Die SingerSongwriterin stammt aus dieser Gegend, genauer aus Birmingham, der nah gelegenen Bundesstaatenhauptstadt.

Waxahatchee entdeckte vor zwei Jahren im arte Fernsehen, im Musiksender Tracks lief ein Feature über das ländliche Amerika abseits New Yorks und deren Indiemusiker. Katie Crutchfield war ein Teil des Berichtes, ihre musikalischen Wurzeln und Zusammenarbeiten wurden genauso wie ihr Soloprojekt Waxahatchee vorgestellt. Das war kurz nach der Veröffentlichung ihrer zweiten Platte Cerulean Salt, ich mir in den Tagen nach der Fernsehsendung auch direkt kaufte. Beeindruckt von der guten Musik auf Cerulean Salt kaufte ich kurze Zeit später den Waxahatchee Backkatalog, also noch das Debütalbum American Weekend.
Abseits der Musik gehörte Waxahatchee (der Fluss) ab diesem Augenblick auf meine Liste der interessanten Orte, die ich gerne besuchen möchte. So wie Winnipeg (wegen I hate Winnipeg – dem Refrain aus einem Weakerthans Songs) und Fargo (hat nichts mit Musik zu tun, ist aber die Kulisse für einen der hervorragendsten Film aller Zeiten). Ich kann mir nichts interessanteres vorstellen, als Reisen anhand solcher Orte zu planen.

So wie sich Alabama zu New York verhält, so klingt auch Waxahatchees Musik. Angestaubt, provinziell, nicht wirklich hip. Anschließend an die 90er bei Musikerinnen wie Liz Phair oder Lisa Germano sind Katie Crutchfields Songs der Zeit hinterher, aber auf keinen Fall minder schön oder gar altbackend. Es ist eher so wie mit Oma’s altem Kaffeeporzellan, zeitlos und in jeder Generation passend.
Im April erscheint das dritte Album Ivy Tripp der Südstaatlerin. Kurzzeitig hatten wir gehofft, dass sie ein paar Exemplare mit auf Tour bringt und wir beim Merch zuschlagen könnten. Leider war das nicht so und so muss ich noch etwas auf das neue Material warten. Nach Insiderwissen soll es anders klingen als die beiden Vorgängeralben American Weekend und Cerulean Salt. Abwarten.
Wenn es ihr gelingt, noch etwas mehr Pop in ihre Songs zu legen, dann ist ihre Musik noch stärker als jetzt schon dafür geeignet, TV Serien von Veronica Mars über Walking Dead bis zu Ray Donovan musikalisch zu unterlegen. Was wiederum gleichbedeutend mit mehr Bekanntheit wäre, die hätte Katie Crutchfield definitiv verdient.

In Brüssel spielte sie vor einem sehr überschaubaren Haufen Publikum ihre kleine Solo Show. Für mich war das überraschend, ich hätte, gerade in Brüssel mit seinen vielen amerikanischen Kurzzeiteinwohnern mit mehr Andrang gerechnet.
Apropos Soloshow. Auch dies war auf der Hinfahrt so eine Frage, die wir uns stellten. Kommt sie mit Band oder ohne Begleitung. Nun, sie kam ohne Band, jedoch nicht ohne Begleitung. In den knappen 45 Minuten Konzert wurde sie bei zwei oder drei Songs (die alle vom kommenden Album stammen) von ihrer Zwillingsschwester beim Gesang unterstützt. Alleine musste sie also die europäische Hauptstadttour mit Auftritten in London, Paris, Brüssel, Amsterdam und Berlin nicht absolvieren.

Ihre Zwillingsschwester Allison Crutchfield ist musikalisch kein unbeschriebenes Blatt. Vor dem Projekt Waxahatchee spielte sie zusammen mit ihrer Schwester in der Band P.S. Eliot, aktuell ist sie wohl eines von vier Mitgliedern der Band Swearin.
Der Abend begann mit einem frühen „Catfish“ und allein für diese drei Minuten hat sich der Ausflug mehr als gelohnt. Nur mit der verstärkten Gitarre toppt der Eröffnungssong des 2012er Albums American Weekend die Plattenversion um ein vielfaches. „Catfish“ war ein schöner, herzzerreissender Beginn des Abends, der sinnbildlich für all das stand, was noch kommen sollte: unaufgeregte Musik in einer schönen Umgebung. Denn der Gewölbekeller der Botanique mit seinen Backsteinsäulen und -wänden bot das perfekte Ambiente für den Waxahatchee Auftritt. Klein, intim, schummrig.
Im angenehm gefüllten Saal umschwirrte uns die ruhige und gar nicht so motzig wie auf Platte gespielten Songs. Unaufgeregtheit, das Wort des Abends. Ohne großes Brimborium und Zwischenankündigungen spielte Katie Crutchfield ihre 12, 13 Songs. Darunter waren alle Hits, so dass die Kürze des Auftritts keinerlei Qualitätseinbussen mit sich brachte. „Gras stain“, „American Weekend“ und „Bathtub“ gehörten genauso zum Programm wie die drei neuen Stücke sowie das abschließende „I think i love you“.
Als kleine Zugabe und abendliches Zuckerbrot gab’s „Noccalula“ obendrauf. Toll!

Am 8. Juni spielt Waxahatchee im Kölner Blue Shell. Wer da nicht hingeht, der hat kein Herz für Musik.

Fotos:

Schreibe einen Kommentar