Ort: Kulturkirche, Köln
Vorband: Heat

Warpaint - Köln, 28.06.2011

Sehr ärgerlich. Da sind wir pünktlich an der Kulturkirche und gurken wie blöde eine knappe halbe Stunde durch das Wohngebiet, um einen Parkplatz zu finden. Den gibt es natürlich nicht und so müssen wir unser Auto jedwede abstellen und ein gutes Stück zu Fuß zur Nippeser Kirche zurück latschen.
Eine Initiative muss her, die die Kulturkirchenleute davon überzeugt, Tickets nur mit Parkschein auszugeben. Oder aber zumindest jegliche Eimer, Baustellenzäune und Stühle mit Papierzetteln wie „Privatparkplatz“ vor einem Konzertabend verbietet.
Nee Quatsch, wir wohnen selber mitten in der Stadt und sind auch leiderfahrene Eigenheimbewohner was das Zuparken (“es war doch nur ’ne halbe Stunde.“) oder das „ich war doch nur kurz im Getränkeladen gegenüber“ Parken auf dem eigenen Stellplatz angeht. Eine halbe Stunde ist nicht lang, aber es ist ärgerlich, wenn ich just in dieser halben Stunde vom Einkaufen zurückkehre und nicht vor der Tür parken kann.
Es ist also okay, keinen Parkplatz in den Wohngebieten um die Kirche gefunden zu haben.
Als Fazit bleibt schlussendlich: Die Vorband Heat – hach wie passend – verpasst, dafür aber frische Luft gewonnen. Ein genauso wertvolles Gut an diesem heißesten Tag des Jahres. Das Thermometer zeigte den ganzen Tag werte jenseits der 30°-Grad Celsius. Sommerwetter, wie es bei uns üblich ist, nicht angenehm luftig, trocken, sondern drückend, schwitzig.
In den Staaten wäre der Konzertsaal jetzt auf 17° Grad heruntergekühlt, sodass man Schal und Jacke im Gepäck haben müsste, bei uns ist das nicht so. Hier schwitzt man im Stehen.
Ein wahrlich wenig idealer Tag, um abends ein Konzert in einem geschlossenen Raum zu besuchen. Open Air wäre besser, aber manche Dinge kann man sich nicht aussuchen oder gar ändern, zum Beispiel das einzige Deutschlandkonzert der kalifornischen Warpaint just an diesem Tag des Jahres. Da müssen wir natürlich hin, Warpaint sind eine unserer Lieblingsbands, koste es, was es wolle. Und wenn es 60° Grad im Brutofen Kulturkirche sein sollten. Pah, das schreckt nicht ab. Diese Qualen nehme ich auf mich, auch wenn ich es nach spätestens 5 Minuten sehr bereue. Hitze oder auch schon übertriebene Wärme mag ich ganz und gar nicht. Kalte Winter sind toll, Sommer und warme Temperaturen nicht.

Vor einigen Wochen bescherten mir die vier jungen Frauen mein bisher zweitbestes Konzert des Jahres.
Auf der großen Llevant Bühne beim Primavera spielten sie mit Wind im Gesicht und Blick auf das Mittelmeer ein traumhaftes Set voller Spaß und Freude. Seinerzeit war ich überrascht, dass die Veranstalter Warpaint auf der großen Bühne angesetzt hatten, 5000 aufmerksame Zuhörer am frühen Abend zeigten aber, dass sie in Spanien bereits eine Größe sind.
Bei uns sind Warpaint das eher (noch) nicht. Die Kulturkirche, ein Veranstaltungsort in 100er als in 1000er Dimensionen, war nicht oder nur gerade so ausverkauft (wobei ich „gerade so ausverkauft“ nicht näher erläutern kann).
Auch das wunderte mich, höher hätte ich ihren Bekanntheitsgrad schon eingeschätzt. Aber vielleicht war es auch einfach zu warm …
Um kurz vor neun waren wir vor Ort. Im Radio wurden wir seit einer halben Stunde auf das Konzert vorbereitet, zwei der vier Mädchen waren Gäste des Einslive dauerjugendlichen Ingo Schmoll im Plan B. Es war also klar, dass der Abend erst nach neun beginnen würde. Und genauso kam es. Um kurz nach neun starteten Warpaint in den Abend.
Die Kirche war gut gefüllt und brüllend heiß. Wir blieben im hinteren Bereich, weiter vorne schien mir die Luft noch stickiger. Neben dem Mischpult war noch Platz, und es stand fast an der Tür, sodass wir hier noch leichte Luftzüge abbekamen. Auf dem Pult lag die Setlist, und so erfuhr ich schon zu Konzertbeginn, dass es insgesamt elf Songs und zwei Zugaben geben wird.
Nimmt es die Spannung, wenn man die Songs vorher kennt, oder steigert es die Vorfreude? Gute Frage am Rande. Mich belastet das Wissen nicht, habe ich vor länger Zeit festgestellt. Meistens vergesse ich die Spielfolge eh nach wenigen Minuten wieder.
Den Anfang machte der non-Album-Track „Jubilee“. Er ist die Warpaint Standarderöffnung. „Jubilee“ ist ein Song aus dem Demo Album von vor der „The fool“ Zeit und er stimmte gut auf den Abend ein. Im Gesang von Emily Kokal vorgetragen nimmt es viel von der Eleganz und Coolness einer Warpaint Show vorweg.
Aber etwas ganz anderes, das so gar nicht Musik zu tun hat, fiel mir direkt ins Auge: Bassistin Jenny Lee Lindberg trägt ihre Haare jetzt blond. Und sie hat, meine Premiere, kein Witwe Bolte Kopftuch umgebunden (so nannten wir das um den Kopf gebundene Tuch seinerzeit auf dem Primavera, ob es der richtige Fachbegriff ist, weiß ich nicht).
Es blieben die einzigen Veränderungen zu den letzten Warpaint Konzerten.
Musikalisch alles wie gehabt, logisch. Bei einer ein-Alben Band halten sich musikalische Neuerungen von Konzert zu Konzert in Grenzen. Herunterkommende Bassläufe, traurig zeternde Gitarren, das ist der einzigartige Warpaint Klang. Dazu ein Schlagzeug, das dezent im Hintergrund bleibt und Gesangsparts von Emily Kokal und Theresa Wayman, die wohldosiert und unaufgeregt die Instrumente ergänzen.
Zwischen Album und Liveerlebnis machen Warpaint Unterschiede. Live ziehen ihre Songs, dehnen sie durch längere Instrumentalparts bis ins Unendliche. Die Stücke bekommen dadurch eine Eigendynamik, eine Besonderheit, die nur wenige Bands in einem Konzert ihren Songs mitgeben können. Warpaint können das, und das zeichnet die Kalifornier aus. Das macht Warpaint zu einem sehr sehenswerten Liveerlebnis.
Einige schreckt das ab. So gab es nicht wenige, die während der letzten Zugabe „Beetles“, das die Vier auf gute 10, 12 Minuten ausuferten (Albumzeit 6 Minuten), vorzeitig das Kirchenschiff verließen. Auch im Mittelteil des Konzertes, gleich nach den beiden Klopfern „Composure“ und „Undertow“ gab es kleinere Aufmerksamkeitsdefizite. Die Hitze forderte Tribut, sag ich mal.
Denn langatmig oder gar langweilig sind die Ausschweifungen keineswegs. Eher berauschend. Ein gutes Beispiel ist das finale „Beetles“, Postrock ohne Rock, 10 Minuten Gitarrengeschrammel. Ähnlich wie „Burgundy“ oder „Elephants“.
Nach einer guten Stunde schlug „Baby“ die Brücke zum Beginn des Konzerts. Emily Kokal stand alleine auf der Bühne und spielte den Song. Ihre Gesangparts bildeten den Rahmen für dieses wundervolle Konzert.
Zu diesem Zeitpunkt war es schon ein sehr gelungener Abend, die Hitze wurde durch Warpaint kurzzeitig ausgeblendet.
Die Krönung jedoch stand noch aus: „Beetles“. Ein Song, ein Hit, ein großer Hit. Etwas losgelöst vom restlichen Set spielten warpaint ihn in einer sehr ausufernden Version. Während sie das machten stellte ich mir die Frage, wer von den Vieren auf der Bühne wohl einen Beetle fährt. Ein absurder Gedanke, ich gebe es zu, da muss die Hitze stark im Spiel gewesen sein.
Ich tippte auf eine Person. Den übrigent traute ich Toyotas oder Volvos zu.

Wiedermal ein gutes Warpaint Konzert. Nicht so gut wie auf dem Primavera, aber auf gleich hohem Level wie der Ostseeauftritt im letzten Jahr.
Mir scheint, diese Band kann nichts falsch machen.

Zusatz: Was mir bisher nicht aufgefallen ist: Gitarristin Theresa Wayman und Schlagzeugerin Stella Mozgawa tauschen bei einem Song (bei welchem hab ich vergessen) ihre Rollen. Wow.

Setlist:
01: Jubilee
02: Bees
03: Warpaint
04: Burgundy
05: Composure
06: Undertow
07: Set your arms down
08: Majesty
09: Elephants
Zugabe:
10: Baby
11: Beetles

Multimedia:
Fotos: frank@flickr

Kontextkonzerte:
Primavera Sound 2011 – Barcelona, 28.05.2011
Rolling Stone Weekender 2010 – Ostsee, 12.11.2010

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