Ort: Live Music Hall, Köln
Vorband:

WarpaintAls „Undertow“ erklang, war alles gut.
Dieser 30.10. bot konzertmässig einfach zu viele Möglichkeiten, um die richtige herauszusuchen. Die Minor Victories spielten in Düsseldorf, Suuns und Warpaint in Köln. Wo gehste da hin? Ist doch alles gut. Ein Drittel der möglichen Auswahl fiel weg, da sich für die Minor Victories eine weitere Gelegenheit beim Crossing Border nächstes Wochenende auftut, für die andren beiden Drittel gab es leider keinen erreichbaren Alternativtermin. Dadurch, dass ich zu allem Überfluss auch noch für beide Konzerte ein Ticket kaufte – manchmal bin ich schon arg durcheinander -, wurde die Entscheidung nicht leichter. Mein Herz tendierte für Warpaint, musikalisch Interessanteres vermutete ich bei Suuns. Nach einigen Überlegungen entschied ich mich für die Mädchenband aus Los Angeles, schließlich hatte ich sie auch länger nicht gesehen und der Weg in die Live Music Hall war mir an diesem Abend angenehmer.

Als ich den Saal betrat, war es überraschenderweise gar nicht so voll. Die Vorband, dessen Namen ich mir gar nicht erst gemerkt habe, weil ich ihn lieber vergessen möchte, spielten bereits. Eine krude Mischung aus Maceo Parkers Life on planet groove und Hippie-Pop drang an mein Ohr und ich war froh, erst spät hier zu sein. Bongo-Trommeln und Muskelshirts, das ist beides nicht meins.

Während ich diese Gedanken habe, stehe ich links von der Bühne. Hier zieht es wie Hechtsuppe und der Wind aus einer Umluftanlage pfeift so stark, dass meine Haare wehen. Scheinbar haben die Betreiber der Live Music Hall reagiert und sich der Kritik der immer zu warmen und stickigen Halle zu Herzen genommen. Erst letztens las ich, dass bei einem Konzert einer japanischen Band mehrere Besucher ohnmächtig wurden und dermaßen über die schlechte Luft geklagt haben, dass es nun wohl genug war und Abhilfe hermusste. Aber diese Belüftung war nicht nur mir zu stark. Ich hatte mich schon gewundert, warum links vor der Bühne kaum einer stand. Jetzt wusste ich es und alsbald verkrümelte ich mich auch wieder.
Rüber auf die andere Seite, rüber zu Warpaint.

Mit „Bees“ eröffneten sie das Konzert. Das war schon mal gut. Mit „Undertow“, diesem Evergreen und vielleicht besten Warpaint Stück, wurde es besser. Da war er wieder, dieser wunderbare Bass von Jenny Lee Lindberg, dieser harmonische Doppelgesang von Emily Kokal und Theresa Wayman. Warpaint at its best. In diesem Moment war nicht klar, warum ich mit der Konzertentscheidung zögerte. Besser geht es doch nicht. Hier erlebe ich doch in diesem Augenblick musikalisch alles, was ich mag. Seichter Indiepop, zarte Stimmen, ein markantes Bassspiel und eine wunderhübsche Band. Doch leider ist nicht jeder Song wie „Undertow“.

Was mir bei meinen bisherigen Warpaint Konzerten passierte, ereignet sich auch an diesem Abend. Irgendwann wird es langatmig, irgendwann kommt die Zeit, in der ich die Qualität der Band infrage stelle. Dann wird mir die Vertracktheit zu viel, dann stört mich das rhythmusbrechende Schlagzeug, der Chorgesang, eigentlich alles. Dieses Mal kommt das Gefühl bei „Beetles“ und „Elephants“, zwei älteren Warpaint Songs. Gut, dass im Anschluss mit „Love is to die“ ein poppigerer Song folgt, der mich mittanzen ließ und mein Gefühl löschte. Alles wieder in Butter, alles wieder mehr Pop. Wie auf Bestellung folgen „New song“ und „Disco//Very“, die weniger gitarrendominierten Songs neueren Datums. An diesen vier Songs gegen Ende des regulären Sets ist die Entwicklung von Warpaint deutlich zu erkennen. Indietronica ist nun eher ihr Ding. Spielen Warpaint mit den ersten Alben irgendwo zwischen den Bangles und Blondie, spielen sie mit dem aktuellen Heads up stärker im aktuellen Pop. Das finde ich nicht schlimm, es ist nur neu. Ein Qualitätsverlust ist Heads up nicht. Live geht ein Song wie „The stall“ sehr gut.

Die Bühnendekoration sieht aus Weihnachtsmarktbeleuchtung. Gelbe Lichterketten baumeln an Plastikbäumchen. Passend dazu abgestimmt ist die Bühnenausleuchtung diffus in Gelb-, Rot- und/oder Blautönen gehalten. Ab und an flackern Bodenscheinwerfer weißes Licht in den Saal, Spots gibt es keine. So werkeln die Bassistin Jenny Lee Lindberg und Schlagzeugerin Stella Mozgawa im Hintergrund nahezu unbemerkt vom Rampenlicht. Aber sie werkeln, so wie ich das von Warpaint gewohnt bin, sehr gut und akkurat. Die Rhythmusmaschine funktioniert wie eh und je. Im Vordergrund agieren Emily Kokal und Theresa Wayman, singen abwechselnd oder im Duett. Sie stehen enger beieinander als bei ihren letzten Auftritten, die ich gesehen habe. Jenny Lee Lindberg gehörte da der Platz der Bühnenmitte, links und rechts von ihr spielten und sangen die beiden Gitarristinnen. Aber da der Bass nach hinten auf ein Podest gesetzt wurde, entsteht diese, andere Bühnenordnung.

Auf der Bühne passiert nicht viel. Muss es aber auch nicht. Wichtiger ist, dass Warpaint musikalisch top sind. Die Fertigkeiten von Emily Kokal, Theresa Wayman, Jenny Lee und Stella Mozgawa sind ganz groß. Hatten wir nicht vor Jahren schon festgestellt, dass gerade die Schlagzeugerin eine der Besten ihres Faches ist? Ich meine ja. Dieses Konzert brachte es erneut hervor. Da passt jeder Schlag, ebenso jedes Gitarrenpling von Emily Kokal.

Mit „Intro“ vom Warpaint Album kommen sie zurück. Nahtlos folgt „Keep it healthy“, so wie auf dem Album. Das ist schön. Mit „So good“ wird es ein letztes Mal groovy/funky, bevor endgültig die Lichter angehen.

Fazit: Warpaint sind immer noch ein verdammt gutes Liveerlebnis!

“It’s cold on stage“, sagt Emily Kokal irgendwann leise. Mhh, vor der Bühne war es sehr warm und stickig.

Kontextkonzert:
Warpaint – Köln, 20.08.2014 / Sendesaal des WDR
Primavera Sound 2014 – Barcelona, 29.05.2014
Warpaint – 23.02.2014 – Köln / Live Music Hall
Crossing Border Festival – Den Haag, 16.11.2013
Warpaint – Köln, 28.06.2011  / Kulturkirche Nippes
Primavera Sound 2011 – Barcelona, 28.05.2011
Rolling Stone Weekender 2010 – Ostsee, 12.11.2010

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar