Ort: Gebäude 9, Köln
Vorband:

Scout Niblett

Fing schwach an und steigerte sich dann von Minute zu Minute.

So das Fazit der Kölner-Stadtanzeiger Kurzkritik zum sonntäglichen Tatort. Für das zeitgleich stattfindende Scout Niblett Konzert kann ich das Tatort-Resümee allerdings nicht gelten lassen. Es war nie schwach!
Seit einigen Jahren versuchen wir uns gegenseitig mit den Worten „ist besser als der Tatort“ für sonntägliche Abendkonzerte zu motivieren und den Sofaklebegummi abzustreifen. Für diesen Abend war das überhaupt nicht nötig. Nach dem wunderbaren Scout Niblett Konzert im Sommer auf dem Dach des Museums Ludwigs war es für mich eine sehr logische Konsequenz, an diesem Abend ins Gebäude 9 zu fahren.
Novemberwetter ist Erkältungswetter. So sagt man landauf landab. Und so falsch ist das nicht. Draußen ist es usselig, Nieselregen, erste Nachtfröste. Drinnen dagegen warm, die angestaubte Heizungsluft vernebelt einem die Nebenhöhlen. Mal ist die Winterjacke zu dick, mal die Übergangsjacke zu dünn. Dem November kann man es nur selten recht machen, und umgekehrt auch.
Die neuen Konzertanfangszeiten des Gebäudes 9 machen es mir auch nur selten recht. Lange war mir 21 Uhr zu spät, mittlerweile ist mir 20 Uhr zu früh. Und so kommt es seit einigen Wochen regelmäßig zu Verwirrungen, wenn wir uns hier zu einem Konzertbesuch verabreden. Aber, wir sind ja nicht in Benelux, bei uns nimmt man es nicht so genau mit angekündigten Anfangszeiten.
Also passt derzeit 20.30 Uhr immer. Und das passt mir wiederum sehr, erst recht, wenn ein Künstler absehbar nicht viel länger als eine Stunde konzertieren wird. Besteht dann doch die immer wieder gern gezogene Option, mit dem Zug anreisen zu können. Bisher war das für das G9 keine Option, (Fussweg, relativ frühe letzte Bahn, späte Anfangszeit). Da ich das bei Scout Niblett ähnlich sah, also einen Auftritt rund um die 65 Minuten, raffte ich mich mal wieder auf, den ÖPNV zu nehmen. Es ist halt so gemütlich.

Scout Niblett war erkältet. Laut und röchelnd hustend schleppte sie sich von Song zu Song. Novemberwetter. Bereits nach dem zweiten Song war ihr eine Unfittness anzusehen, die sie dann, als alle Bandmitglieder auf der Bühne standen, auch zugab: „I feel sick.“ Da war ein Viertel des Konzertes schon rum. „Gun“, dieser wunderbare sich hineinsteigernde Song vom vorletzten Album lag sekundenbruchteile hinter uns und zum dritten Mal an diesem Abend war ich begeistert. Wie schon bei den ersten beiden Songs.

Dabei begann alles so wie im Sommer auf dem Dach des Museums Ludwig. Allein kam Emma auf die Bühne, um einen ersten Song zu spielen. Zu „Gun“ war das Bühnentrio mit Miguel Ortiz und Jan Philipp Janzen komplett und die herzzerreißende Show konnte endgültig in vollem Umfang beginnen. Ich könnte jetzt viel über die spannenden laut-leise Passagen berichten, über das wild antreibende Schlagzeugspiel, dass nach ruhigen Momenten wie ein urplötzlich aufkläffender, großer Hund losbellte, über die ohnmächtig wütend klingenden Gesang oder die nie zu dramatisch aber immer energisch genug da seienden Gitarren.

Ich könnte darüber berichten, aber ich fürchte, ich finde nicht die passenden Begriffe, um die Scout Niblett Musik treffend zu bebildern. Songs wie „My man“ oder „Nevada“ kann ich nicht beschreiben, erst recht nicht, wenn ich sie live höre.
Auf Konzerttagebuch.de las ich, dass die Songs des aktuellen Albums in Zeiten von Liebesschmerz und Herzscheisse geschrieben wurde. Das wusste ich gestern Abend noch nicht. Grundsätzlich ist es mir auch egal, wie und unter welchen Bedingungen Musik produziert wird. Aber als ich das auf der Rückfahrt las, dachte ich: ja, das macht Sinn. Es erklärt das ein oder andere Stück.

„What can i do?“ fragt Scout Niblett in ihrem letzten Song. Nun, es ist zwar aus dem textlichen Zusammenhang gerissen, aber ich würde sagen: Wiederkommen. Einfach nur wiederkommen.
Es war eine ganz starke Stunde!

Kontextkonzert:
Scout Niblett – Köln, 09.06.2013
Scout Niblett  – Barcelona, 28.05.2010

Schreibe einen Kommentar