Ort: Gebäude 9, Köln
Vorband:

Savages

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage. Diese Band scheint mir derzeit sehr wichtig zu sein Und in der Tat, als die Bandansetzungen für die Crossing Border Reihe bekanntgegeben wurden, war meine Freude darüber groß, die Briten im November nicht nur in Köln, dieser Termin stand vorher schon länger fest, sondern auch in den Niederlanden sehen zu können.
Oh ja, Savages haben es mir in diesem Jahr merklich angetan. Kein anderes Album als „Silence yourself“ habe ich so oft gehört, hat mich so sehr begeistert. In Barcelona spielten sie ein überragendes Konzert, so dass mich ihre Musik auch live mächtig beeindruckte. Savages sind eine fantastische Liveband, eine der besten, die ich in diesem Jahr gesehen habe.
Als die Band Ende des letzten Jahres in den Musikzeitschriften Erwähnung fand, sprachen diese oft von Vergleichen mit Joy Division, Siouxie and the Banshess und ähnlichen. Auf den ersten schnellen Blick ergibt dies auch durchaus Sinn, Savages Musik ist in den 80ern verdrahtet, Sängerin Jehnny Beth sieht überdies mit ihrer Kurzhaarfrisur und den schwarzen Kleidern britischer Modelabels Ian Curtis nicht unähnlich. Allerdings, und das merkte ich beim Hören des Albums sehr schnell und sehr deutlich, haben Savages viel anderes und eigenes in ihrer Musik, so dass ich ihnen nicht nur den eigenen Plattenschrank vorhalten mag und all die Joy Division Referenzen eher als Unsinn ansehe. Quasi als Beweis und Untermauerung dieser landläufigen Ansicht spielten sie an diesem Abend mit „Dream Baby dream“ ein Suicide Cover, also einen Song aus der prä-Punk-Wave-Ära, der jedoch sehr gut zu Savages passt.
Sucide spielen also auch für Savages eine wichtige Rolle. Immer wieder merke ich, dass viele meiner Lieblingsband diese 70er Jahre Band um Alan Vega verehren und mit Coverversionen erwähnen. Und so finde ich es gut, dass ich Suicide vor einigen Jahren live erfühlen durfte. (Und sei es nur, um schwerwissend mitreden zu können: „jaja, kenn ich, hab ich gesehen.“).

Wie toll diese Band ist, also Savages, zeigt sich, wenn man sich im Konzert für Augenblicke von der Sängerin lösen kann. Das fällt schwer, ich weiß. Die Gitarristin Gemma Thompson spielt großartig, Bassistin Ayse Hassan hat einen famosen Lauf und eine wunderbare Art, ihr Instrument zu spielen, und das, was Schlagzeugerin Fay Milton bei „Husbands“ oder im finalen „Fuckers“ abliefert, ist der reine Wahnsinn. Wie eine Berserkerin sitzt sie – den Kopf nach vorne geneigt – über ihren Trommeln und haut drauf, als ginge die Welt unter. Zusammen entsteht so eine einzigartige Livewucht , der ich mich nicht entziehen kann.
Visuell ist das Konzert passend untermalt.

Viel weißes Licht und viel Dunkelheit. So passt es am besten, genauso wie die durchgängig schwarze Kleidung der vier Frauen. „I wear black on the outside / ‚Cause black is how I feel on the inside “. Grummelig oder nicht ganz so gut gelaunt scheint an diesem Abend jedoch nur meine Lieblingssavagerin Gemma Thompson zu sein. Ich glaube, sie war die einzige im gesamten Gebäude 9, die nicht gelacht oder zumindest gelächelt hat. Alle anderen hatten ihren Spaß beim Zuhören oder beim Musizieren. Das begann schon beim ersten Song „Strife“, als sich die Bassistin verspielte und sich lachend zu Fay Milton umdrehte. Und auch Jehnny hatte ihre Freude bei dem ein oder anderen Zwischenruf. Die Savages Sängerin ist überdies eine sehr beeindruckende Frontfrau. Phasenweise erinnerte sie mich an ein weibliches Liam Gallagher Pendant. Wenn sie mit verschränkten Armen und mit dem Rücken zum Publikum breitbeinig vor dem Schlagzeug steht, oder mit ihrem Kopf hin- und her zuckt. Also nix Ian Curtis!
Musikalisch bewegen sich Savages auf der ganz sicheren Seite. Ihr Debütalbum besitzt nur Hits, die ich auch in Jahren noch nicht vergessen habe. Die schon erwähnten „Husbands“ und „She will“, oder „No face“, „I am here“, „Shut up“ (gerade der zweite Teil nach dem mittleren Gitarrensolo) , „Hit me“. Sie alle funktionieren auch live wunderbar punkig.

Im Gebäude 9 kommt dies noch besser zur Geltung als Tage zuvor in Den Haag. Das Konzert ist nochmals eine Spur härter, intensiver. „Fuckers“ – auf dieser Tour der letzte Song eines Savages Konzertes – wird auf über 10 Minuten gedehnt, generell ist die zweite Hälfte viel wuchtiger als in den Niederlanden. Das liegt natürlich an der Spiellaune der Beginn, die sich aber auch sicherlich vom Publikum begeistern lässt. Nach einer kurzen Anwärmphase von ein, zwei Songs kommt es mir so vor, als ob beide voneinander profitieren. Und so wurde es ein herausragender Abend, in dem ruhigere Songs wie „Marshall Dear“ keinen Platz haben (ich mag ihn sehr, weil mich der Saxophonpart jedes Mal an Lisa Simpson erinnert). Und wenn das Cover der am wenigsten gute Song des Abends, spricht dies immer für die Band und deren Songs und deren Auftritt.

Savages gehören eindeutig zu den guten! Und all denen, die mir etwas anderes einreden wollen murmel ich leise entgegen: „don’t let the fukers get yo down, don’t let the fukers get yo down,don’t let the fukers get yo down, don’t let the fukers get yo down, don’t let the fukers get yo down, don’t let the fukers get yo down.”  Immer wieder. Das hilt sehr.

Kontextkonzert:
SavagesDen Haag, 16.11.2013
Savages – Barcelona, 23.05.2013

 

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