Ort: Robert Schumann Saal, Düsseldorf
Vorband: Frances

John GrantKurzentschlossen reifte der Plan, am Samstag dem New Fall Festival einen Besuch abzustatten. Aus Bequemlichkeit (wo ist diese Kirche, in der Kate Tempest spielt?) und aus Mangel an Wilco Karten entschied ich mich für den Auftritt von John Grant im Robert Schumann Saal direkt neben der Tonhalle. Nicht die schlechteste Wahl, ich mag diesen Veranstaltungsort; er ist schön, die Anfahrt ist unkompliziert, ein Parkplatz leicht machbar. Wenn ich schon an einem Samstag die Wohnung verlasse, sind das für mich durchaus Argumente, die mich beeinflussen. Also John Grant anstelle von Wilco und Kate Tempest. Überdies hatte ich John Grant auf seiner letzten Tour verpasst, und „Queen of Denmark“ und „Sigourney Weaver“ sind Songs, die a) verdammt gut sind und b) mir bisher live immer viel Spaß bereitet haben.

Dachte ich zumindest bis zu diesem Konzert. Denn die Versionen, die John Grant mit seiner Band vortrug, gefielen mir nicht. Die eigentlich ruhigen, nur klavierbestimmten Songs wurden im Bandgefüge mit Hardrockgitarre und Bombastschlagzeug ihrem Zauber beraubt. Da ist das melancholische von „Sigourney Weaver“ spätestens dann futsch, wenn nach ruhigem, klassischen Klavierbeginn die Hardrockgitarren dazwischen brettern, als gebe es kein Morgen mehr.
Schade, ich Vorfeld hatte ich mich sehr auf genau dies beiden Songs gefreut. Aber in diesem (neuen?) Gewand mochte ich sie nicht hören.

Schnell wurde es laut im Robert Schumann Saal. Bereits die ersten Songs brachten mir einen John Grant, den ich so nicht kannte. Wann habe ich ihn zuletzt gesehen? Vor drei Jahren war das, damals auch schon mit Band. Aber so krachig wie hier und jetzt habe ich sein Gloria Konzert von damals nicht in Erinnerung. Der Bass wummerte ordentlich durch den Saal. John Grants mächtige und famose Stimme war voll ausgesteuert. In den ruhigen Passagen war das vielleicht ein bisschen zu wuchtig, in Kombination mit Keyboards, Gitarre und Schlagzeug passend. Und nein, klanglich gab es in dieser eher der E-Musik zugeneigten Spielstätte nichts auszusetzen. Ich nahm die ersten Minuten des Konzertes in dieser lauten Atmosphäre hin, schließlich stand da ja noch ein Klavier auf der Bühne und ich hatte die Zuversicht, dass sich Teile des Konzertes in ruhigem Ambiente abspielen würde. Während ich darauf wartete, wurde ich mit einem ersten Lieblingslied entschädigt, „Marz“ war großartig, trotz E-Gitarrensolos.
Als sich John Grant ans Klavier setzte, war ich aufgeregt. „Queen of Denmark“ wurde angekündigt und in den ersten Klaviertakten freute ich mich auf den Song. Doch dann setzte wild mit großem Bäm das Schlagzeug ein. Oh nein, was war das? Noch ehe ich zu Ende denken konnte, krachte die Gitarre in den Refrain. Himmel hilf, John Grant, was machst du da? Meine Zuversicht schwand von Minute zu Minute. Plötzlich konnte ich mir nicht mehr vorstellen, dass irgendein Song nur am Klavier gespielt werden würde. Enttäuschung machte sich breit. Andererseits, sechs Jahre sind seit Queen of Demark vergangen, vielleicht ist die Schwermut dieser Songs nicht mehr angebracht. Des Kaisers neue Kleider. Und im Übrigen gab ihm der Applaus des Publikums recht. Nur mir gefiel das nicht so dolle.

John Grant spielt Wünsche. Neben „Sigourney Weaver“ noch ein weiteres Stück, dass offiziell nicht im Programm war und nicht auf der Setlist stand, aber vehement nett vom Publikum gewünscht wurde. ‘Für die Dame, bitte: „Sigourney Weaver“‘, und später dann ‚Bitte der Herr‘, so kündigte John Grant die gewünschte Songs an. Das war großartig. Das hatte was.
Ich habe völlig vergessen, wie gut er deutsch spricht. Fehler- und akzentfrei kündigte er seine Songs an, gab kleine Geschichtchen Preis und war überhaupt guter Dinge und redselig. So erfuhr ich, dass „I wanna go to Marz“ über seine Lieblingseisdiele handelt. Oder dass sich der Titel des Songs „Grey tickles, black pressure“ aus den isländischen Wort für Midlifecrisis und dem türkischen Wort für Albtraum, jeweils in ins Englische übersetzt, zusammensetzt. Unterhaltsam war das Konzert, das stand außer Frage.

Ich habe John Grant seit dem Queen of Denmark Album ein wenig aus den Augen verloren. Aber so viel Bombast hätte ich ihm nicht zugetraut. Ich finde es immer spannend und gut, wenn Künstler was neues machen, sich weiterentwickeln, nicht nur die schon ausgelatschten Pfade weiter ausweiten. Es ist ja auch langweilig, immer das gleiche zu machen. Nur leider gefallen mir die neuen Arrangements nicht so gut wie die ursprünglichen Versionen. Das ist aber mein Pech, klarer Fall. Objektiv betrachtet was es aber ein gutes, schönes Konzert mit allerlei Überraschungen und einem gut aufgelegten Entertainer John Grant.

Vielen Dank, dass Sie an einem Samstag ihr Haus verlassen haben, um mein Konzert zu sehen. (John Grant)

Kein Ding. Gerne geschehen.

Kontextkonzert:
John Grant – Köln, 07.04.2013 / Gloria
John Grant – Rolling Stone Weekender, 12.11.2010

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