Ort: Gebäude 9, Köln
Vorband:
Die etwas andere kanadische Band. Als die Japandroids vor einigen Jahren auf meiner Bildfläche erschienen, passten sie so gar nicht in mein kanadisches Musikbild. Seinerzeit assoziierte ich Kanada mit melodiösen schönen Indiepop Klängen, Bands wie die Stars, Broken Social Scene, Feist oder Arcade Fire standen für das, was ich mit kanadischer Musik verband und eröffneten mir den schönen und richtigen Blick auf die kanadische Musikszene, mit der ich bis dato nur Bryan Adams verband. Die Japandroids passen da nicht hinein. Ihr Post-Rock ist laut, wild, krachig.

2009 hatten Brian King und David Prowse ein Alleinstellungsmerkmal. Bands nur mit Gitarre und Schlagzeug sah ich damals nicht und kannte diese Kombi eigentlich nur von den Blood Red Shoes. Doch die waren Kindergeburtstag gegenüber dem Wums der Japandroids. Gerade live fegten die beiden alles weg, was ihnen im Wege stand und jedes ihrer Konzerte war ein Knaller. Ihr letzter Kölner Auftritt im Luxor 2010 bestätigte dies eindrucksvoll. ‘Prädikat sehenswert‘ urteilte ich seinerzeit, auch wenn es zwischendurch merkwürdige Momente der Überforderung gab. Oder Eintönigkeit, die mich überforderte. So genau kann ich das nicht benennen. Fakt ist jedoch, dass ich nach 45 Minuten Schlagzeuggedresche und Gitarrengeschreie ich jedes Mal hatte genug und mit jeder Minute mehr traten Abnutzungserscheinungen hervor. Das Grundschema der Songs war eng gefasst, gerade die ersten Sachen liefen alle nach dem gleichen Masterplan: Augen zu und volle Wucht nach vorn. So ca. 4 Minuten lang. Das ist an und für sich nicht verkehrt, aber eben auch ein bisschen eintönig. Ähnlich eintönig, wie ein Bad Religion Konzert für mich eintönig klingt. Nur die Hitdichte bewahrte mich bei den Japandroids davor, ihre Konzerte mit einem faden Beigeschmack zu memorieren. „Wet hair“, „The boys are leaving town“, „Crazy/Forever“, „Sovereignty“ ließen mich vieles verdrängen. Und mich öfter Japandroids Konzerte besuchen. Denn ihr erstes Album Post nothing ist ein Meisterwerk. Und so waren die ersten Konzerte a) zeitlich genau richtig dimensioniert und b) mit ausreichend Hits bestückt.

Das dritte Album, just erschienen, scheint eine Spur weichgespülter als die bisherigen, so zumindest mein Eindruck nach zwei-, dreimaligem Hören. Das macht die Kanadier für die breitere Masse interessant. So las ich in der männlichsten aller Männerzeitschriften, der GQ:

Japandroids make the best Arena Rock- Now they just need the Arena
When Canada’s most beloved rock duo plays a show, crowds scream, mosh, and go hard. Now three records deep, Japandroids are too big to play small clubs but too small to play arenas. Can they make the next leap?

Eine Albenbesprechung in der GQ? Was ist dann die nächste Stufe? Auftritte und Kurzkonzerte bei den Fashion weeks der Weltmetropolen? Gefühlt klingt das nicht gut. Aber gefühlt ist das noch weit weg. Und ob die beiden überhaupt diesen ‘next leap‘ machen können und wollen, ist noch längst nicht raus. Dazu fehlt vielleicht ein kleiner Hit, der den Bekanntheitsgrad der Band nochmals hebt.

Das Gebäude 9 ist nicht ausverkauft und frage ich mich spontan, warum nicht. Das Album hatte doch Lobeshymnen, wenn ich das richtig verfolgt habe, und vor ein paar Wochen bei Car Seat Headrest war es trotz Konkurrenzveranstaltungen gerammelt voll. Ist die Zeit des Post-Rock vorbei oder sind die Japandroids, trotz Stadionrocksongs auf Album drei, nie weiter weg vom Stadion als heutzutage. Das Konzert selbst stellt einiges dummerweise sehr schnell klar.

Es begann mit einem Versprechen und einer vertrauten Ansage. ‘Hi, my name is Brian, this is David. We are Japandroids from Vancouver, British Colombia, Canada.‘ So klang es schon vor Jahren, so klingt es auch jetzt noch vor den ersten Tönen von „Near to the wild heart of life“. Am Ende des Songs dann die Ansage, dass dies ja nur zum warmmachen gedacht sei, und man sich jetzt warm fühlen würde und es nun so richtig begänne. „Near to the wild heart of life” war wirklich zahm, die Abmoderation passte also. Nur leider wurde es danach nicht wirklich wilder. Mit „Adreanaline nightshift” und „Fire’s Highway“ kamen die Knüller vom zweiten Album Celebration Rock, aber überraschenderweise verliefen sie sich irgendwo im Nirgendwo. Natürlich war es noch früh im Konzert und eine erste Stimmungsprognose für den Abend sehr vage, aber irgendetwas sagte mir schon jetzt, dass das heute kein überragender Abend werden würde. Es war so eine Vorahnung, die sich leider mit jedem Song immer mehr bestätigen sollte.

Es folgten ein paar neue Sachen, der Stimmung half das nicht auf die Sprünge. Ich vernahm weiterhin eine gewisse Reserviertheit im Saal, ein gegenseitiges pushen von Publikum und Band schien an diesem Abend unmöglich. Und so plätscherte vieles dahin. Auch die älteren Songs, die sie in ihr Set integriert hatten, zündeten nicht. Ein Jammer, dass „Wet hair“ null funktionierte. Mann, was kann man dazu tanzen! Hier wollte aber niemand so richtig, ich auch nicht. Das Konzert lief einfach weiter und hielt nicht inne. Es fehlte allen der Biss an diesem Abend. Aber woran lag das, wo war die Energie oder zumindest die gefühlte Energie?
Mir schien es, dass die Band überspielt und nicht fit wirkte. Zwar ackerten Brian King und David Prowse an ihren Instrumenten wie eh und je, aber es wirkte mühsam und ausgelaugt. Erst dachte ich, es käme mir nur so vor, weil auch ich noch nicht wieder ganz fit im Saal stand. Der Infekt, der mich 2 Wochen lang stilllegte, steckte mir noch ein bisschen in den Gliedern. Aber um mich herum schienen viele ähnliche Gedanken zu haben. Unaufmerksamkeit machte sich breit, Handydisplay leichten während der Songs auf und ja, niemand schien so recht bei der Sache zu sein. Da auch der Sound nicht übermäßig laut ausgesteuert war, wurden wir auch nicht vom Lärm quasi erschlagen und vereinnahmt. Die Japandroids schafften es nicht, den Saal einzunehmen und von anderen Gedanken wegzureißen. Auch ich wurde unkonzentriert: ich erinnerte mich auch an ein Gespräch, das ich in der Bahn mitbekommen hatte. Es ging um den Austausch von Krankheitsgeschichten unter einer fünfer Jungengruppe. Von Meniskusoperationen, Rückenmarkspritzen und obskuren Arztbesuchen auf Fuerteventura war da die Rede. Uahh, mir wurde jetzt noch ganz komisch bei dem Gedanken an diese – mir zu ausführliche – Schilderung der langen Spritzennadel und anschließenden Taubheitsgefühl in den Beinen.
Im Laufe des Konzertes wurde es um mich herum immer unruhiger. Unschöner Höhepunkt war nach 70 Minuten eine einsetzende Massenwanderung.  Japandroids spielten gerade das komisch klingende „Arc of Bar“, als es viele nicht mehr aushielten. Nicht sehr wenige gingen an mir vorbei in Richtung Vorraum und Theke. Wirklich nicht sehr wenige, und es taten sich urplötzlich größere Lücken im Publikum auf.

Erst gegen Ende kam etwas mehr Schwung. „No known drink or drug” scheint der beste Song des aktuellen Albums zu sein, live war dies zumindest mein Eindruck. Die abschließenden „Young hearts spark fire“ und “The house that heaven built”  versuchten nochmal alles, geschafft haben sie nur ein bisschen. Aber immerhin ein bisschen und ich fand es gut, diese beiden Japandroids Lieblinge live zu hören.  Auch wenn zum Ende heraus Brian Kings Stimme sehr litt und er folgerichtig den ohohohohohohohoh Part und einige andere Sequenzen ausließ. Die sonst rausgebrüllten Songpassagen verhallten in normalen Tonlagen. Die Band schien wirklich nicht fit. Das war sehr schade, aber eine Frage bleibt unabhängig davon offen: Wo waren eigentlich „Crazy/Forever“ und „The boys are leaving town“.

Die CD habe ich mir am Merchstand trotzdem gekauft. Near to the wild heart of life ist Album of the month bei UNCUT, erläutert ein Aufkleber auf der Hülle. Na dann.

 

Kontextkonzert:
Japandroids – Köln, 08.02.2010 / Luxor

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