Ort: Zakk, Düsseldorf
Vorband: Chris Imler

Ja, Panik

An dieser Band habe ich mich live noch nicht satt gesehen. Ein schönes Fazit, dass ich gegen Mitternacht beim Verlassen des kleinen Saals des zakk in Düsseldorf ziehen kann. Ja, Panik. Zum zweiten Mal in diesem Jahr. Zum zweiten Mal die Tour zum aktuellen Album Libertatia. Das hatte noch keine Abnutzungserscheinungen. Im Gegenteil!

Das Konzert ist sehr gut. Genauso spannend und hinreißend wie vor einigen Wochen im Kölner Gebäude 9.
Vieles hat sich nicht geändert, die Songs sind größtenteils die gleichen, auch der Bühnenaufbau und die Setlist weichen nur in Kleinigkeiten voneinander ab. Logisch, ist es doch die gleiche Tour, nur der Teil nach den Osterferien. Da macht man nicht viel anders.
Aber einer fehlte im Vergleich zum Februar. Gitarrist Jonas Poppe ist in Düsseldorf nicht anwesend. So bleibt es an Keyboarderin/Gitarristin Laura Landergott, das Kernteam Andreas Spechtl, Stefan Pabst und Sebastian Janata zu unterstützen.
Merke ich das irgendwie? Zu Beginn ehrlich gesagt nicht, aber im Laufe des Konzertes kommt mir der musikalische Vortrag einfacher strukturiert vor als beim Kölner Konzert. Die Songs klingen weniger aufgeblasen, Schlagzeug, Gitarre, Bass stehen stärker im Fokus; das Keyboard ist nicht so ausufernd. Oder irre ich jetzt vollkommen und ich habe das erste Konzert in völlig falscher Erinnerung behalten? Mag gut sein, was ich dagegen klar sagen kann ist, dass mir die Düsseldorfer Ja, Panik Konstellation sehr gut gefällt.
Wie schon in Köln spielen sie zwischen „Trouble“ zu Beginn des Abends und dem wiederum tollen Spechtl’schen Solofinale „Nevermind“ Material von der aktuellen Platte (hauptsächlich) und den Vorgängeralben (auserwähltes). Die acht Stücke des aktuellen Albums Libertatia bilden dabei den Kern des Konzertes, die schönen „Nevermore“, das erwähnte „Trouble“ und „The evening sun“ – die B Seite der Split Single mit der Band Die Heiterkeit – ergänzen das Set.
Kernstück des Abends bleibt auch dieses mal „Eigentlich wissen es alle“. Hatte ich beim letzten Bericht schon erwähnt, dass mir der Song auf dem Album gar nicht so ins Ohr fällt? Live ist er wie ich finde eine ganz große Hausnummer. Der getragene Gesang, die leicht nervöse und gleichzeitig beruhigende Gitarre, ach, einfach die gesamte Dramaturgie des Songs bringt mir eine leichte Gänsehaut. „Eigentlich wissen es alle“ hat zwar nicht die epische Länge von „DMK KIU LIDT“, aber in meinen Augen ist es der nächste große Ja, Panik Welthit.

Der schönste Augenblick war der letzten gemeinsamen Zugabe „The evening sun“ vorenthalten. Andreas Spechtl steht links am Keyboard, verträumt vor sich hin singend, und Laura Landergott zusammen mit Stefan Pabst rechts am Bühnenrand, Rassel und Gitarre spielend.
I was sleeping in a room with my soul left out. Ruhig und gelassen wird der Song vorgetragen, kein Vergleich und gegensätzlich zu den vorherigen Stücken. Immer leiser singt Andreas Spechtl den Refrain gegen Ende des Stücks, bis nur noch das Surren der Boxen zu hören ist und die drei im dunkeln die Bühne verlassen.

Wer war nochmal in Köln Vorprogramm? Ich habe es vergessen, was auch heißt, dass er mir nicht sonderlich bedeutend war. Der Düsseldorfer Support Akt Chris Imler ist um Längen bedeutender und passender. Synthiepunkpop die Musik (mir fällt nix besseres ein), Chris Imler selbst eine Mischung aus Piet Klocke, Yello und dem Suicide Sänger. Do it yourself, alles, so präsentiert sich Imler auf der Bühne. Vor ihm eine Trommel, darüber Airdrums und ein Keyboard. Manchmal spielt er eine Trompete, nie die Gitarre. Sein Debütalbum heißt Nervös, und so präsentiert sich auch seine Musik. Oft bricht Imler Songs ab, muß neu starten, weil er den falschen Synthieton raushaut oder sich verdrückt oder der Mikrofonständer sich in Richtung Bühnenboden verabschiedet. Oft erzählt er zwischen den Stücken viel wirres Zeug, und sehr oft entstehen irgendwie und urplötzlich schönste Melodien aus all dem Musik-Mischmasch, dass ich es kaum glauben mag. Seine Songs heißen „Ich bin ein einfacher Arbeiterjunge“, „Ausziehen“ oder „Norwegen“ (Refrain: ich mach mir Sorgen wegen Norwegen) und handeln von seinem Bruder oder haben schlichtweg Nonsenstexte.

Über all die Jahre hinweg hat Imler, neben all seinen Schlagzeug-Jobs, im eigenen Wohnzimmer an billiger Studiotechnik herumgetüftelt. „Eigentlich habe ich die ganze Platte zu Hause aufgenommen“, sagt er über die Produktionsbedingungen von ‚Nervös‘. „Ich habe die Gitarre auf dem Boden gespielt, eine Flöte und eine Trompete genommen und geschaut, was dabei herauskommt. Ich kann diese Instrumente nicht im eigentlichen Sinne spielen, aber ich kriege etwas raus aus ihnen, das loope und pitche ich.“

Chris Imler macht Musik zwischen Kinderlied und Electro-Punk schreibt der Musikexpress über sein Album Nervös. Das klingt anstrengend und nach einer halben Stunde Liveerlebnis ist es das auch. Trotz alledem bleibt es unterhaltsam, auch die restlichen 20 Minuten seines Auftritts.
In Summe ein gutes Konzert, besser als der Kölner Auftritt.

Setlist:
01: Trouble
02: Post shakey time sadness
03: Dance the ECB
04: Run from the ones that say I love you
05: Time is on my side
06: Au Revoir
07: Alles leer
08: Libertatia
09: Eigentlich wissen es alle
10: Die Luft ist dünn
11: Chain Gang
12: Alles hin, hin, hin
13: Antananarivo
Zugabe I:
14: Thomas sagt
15: Nevermore
16: The evening sun
Zugabe II:
17: Nevermind

Kontextkonzerte:
Ja, Panik – Berlin, 13.02.2014 / Lido
Ja, Panik – Köln, 05.02.2014 / Gebäude 9
Lüften! Festival – Frankfurt, 22.06.2012, Jahrhunderthalle

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