Ich sag es mal so: Entweder man liebt es oder man hasst es. Delphic live ist garantiert nicht jedermanns Sache. Es ist das zweite Mal, dass ich die Manchesterband live sehe. Zugegebenermaßen war unser erstes Zusammentreffen eher kurz, und es war mir auch überhaupt nicht mehr bewusst, dass sie vor zwei Jahren im Vorprogramm von Bloc Party spielten. (Aber auf das Google Gehirn ist Verlass, auf mein Gedächtnis eher weniger!).
Während ihres gut einstündigen Konzerts hatte ich viele Assoziationen.
Zum Beispiel die: So müssen die Happy Mondays bei ihrem Versuch, die Songs des 1989er Albums „Hallelujah“ live umzusetzen, geklungen haben. Rumpeliger Bass, breiige Gitarren, alles überdröhnende Keyboards und Airdrums. Als Ergebnis steht ein großer Klumpen Soundkompott, der mit den feinen, dezidierten Klängen des Delphic Albums, die man auf einem iPod hört, nichts gemein hat. Und genau wie Shaun Ryder kann auch James Cook eher nicht so gut singen. Aber seinen Gesang hört man eh kaum, und wenn doch, wie im Zugabenteil beim entspannter angelegten „Remain“, dann ist der Hallpegel so gut gewählt, dass das Gebrabbel weniger ins Gewicht fällt.
Beim Delphic Liveerlebnis ist der Tanzbeat das entscheidende Argument. Und der ist gut. Rave, Trance, Techno, Madchester. Das funktioniert, hier zeigen die vier Manchunians, wo ihre Wurzeln liegen. Tanzen, das kann man zum Delphic Livesound, zum zuhören ist er sehr ungeeignet.Und ehrlich gesagt, ich hatte das auch so erwartet. Die YouTube Liveschnipsel zeigten mir schon vorher, dass der Sound bösartig und sehr unausgewogen daherkommt. Also, das war keine Überraschung.
Im übertragenen Sinn ist es so wie bei einem Health Konzert. Noch so eine Verknüpfung, die mir in den Kopf fährt. Auch die L.A. Rockband klingt live gewöhnungsbedürftig wuchtig und überdimensioniert, auch ihre Sounds fallen mitunter sehr tief ins Wasser.
Beide Bands schaffen es aber irgendwie, diesen Tatbestand beiseite zu schieben und deklarieren ihn zur Nebensache. So macht sich während des Sets eine soundhafte Erschlagenheit breit, die noch dadurch verstärkt wird, dass Delphic ohne große Pausen Song an Song reihen. Keyboardpassagen bilden Brücken und sekundenkurze Ruhe gibt es erst nach dem vierten Song.
Der Auftritt gleicht hier mehr einem DJ Set als einem Konzert. Ihre sieben Songs spielen sie in extrem langen Variationen. Immer wieder weichen Trancebeats die Songstrukturen auf, verzögern den Refrain-Strophe-Refrain Rhythmus um ein Vielfaches. Es kommt mir vor, als ob ich sämtliche Maxis – und hier den jeweiligen extended dance mix – von New Order über Happy Mondays bis hin zu Underworld sinnfrei und stumpf hintereinander weghöre. Das klingt vielleicht negativ, soll es aber nicht sein. Es war ein beeindruckendes Konzert. Warum auch immer.

Aber Delphic stehen zurecht da, wo sie die britische Musikpresse und die BBC hinschreibt: unter den TOP 3 der hoffnungsvollsten Bands für 2010. Ob das für mehr als 2010 reichen wird, wir werden es sehen.

Setlist:
01: Clarion Call
02: Doubt
03: Red lights
04: Submission
05: Halcyon
06: This monumentary
07: Counterpoint
Zugabe:
08: Remain
09: Acolyte

Multimedia:
Fotos: frank@flickr

Kontextkonzerte:
Bloc Party – Köln, 17.02.2009
Health – Köln, 17.10.2009

Schreibe einen Kommentar