Ort: zakk, Düsseldorf
Vorband:

Christiane Rösinger

„Beim Autofahren macht alles ein bisschen mehr Sinn.“
Dieser, etwas lapidar und nebensächlich erzählter Satz beschäftigte mich auf der Rückfahrt noch ein paar Minuten. Ja, da ist was dran. Mir kommen oft gute Ideen beim Autofahren, Gedankenknoten lösen sich auf und vermeidliche Problemsorgen verschwinden im Nirgendwo. Also wenn ich mich nicht über Raser, Drängler und andere Pappnasen aufregen muss. Dann bin ich nämlich abgelenkt. Daher mag ich es, nachts oder spätabends Auto zu fahren. Ansonsten und grundsätzlich mag ich Autofahren aber eher nicht. Ein kleiner Wiedrspruch in sich, ich weiß.
Christiane Rösinger fährt gerne Auto. Im Mai 2012 fuhr sie sehr viel Auto, oder besser gesagt Bulli, oder noch besser gesagt einen blauen VW Kombi mit dem Kennzeichen B-AQ … . BAQ, Baku. Das Kennzeichen war nicht ausgesucht, es ergab sich zufällig am Kennzeichenausgabeschalter.
So machte sie sich mit Claudia Fierke auf nach Baku, zum Grand Prix de l’eurovision de la chanson a.k.a. Eurovision Song Contest. Aber nicht um dort zu singen, also beim ESC, sondern um einfach da zu sein. Gesungen hat sie dann in Baku doch, im deutschen Kulturhaus. Aber das ist eine andere Geschichte. (Die natürlich im Buch steht). Eine Idee aus einer Bierlaune heraus geboren, die sich im nüchternen Zustand jedoch nicht mehr wegdiskutieren ließ. Oder anders gesagt. „Warum eigentlich nicht nach Baku fahren.“
„Von Berlin nach Baku“ heißt Christiane Rösinger aktuelles Buch. Da ich nicht ein ausgesprochener Bücherwurm bin, habe ich es noch nicht gelesen. Ich lese überhaupt sehr wenige Bücher. Das ist merkwürdig, denn ich mag Indiemusik und nach einer meiner Theorien gehören Bücherlesen und Indiemusik mögen irgendwie zusammen. Ich kenne viele Menschen, bei denen diese Kombination zutrifft. In einem Feldversuch wären die empirischen Beweise sehr vorzeigbar und würden jeder statistischen Auswertung standhalten. Nun, ich bin wohl der Ausreißer, der in jeder guten Statistik ebenso wenig fehlen darf wie schlüssige Wertehäufungen. Egal, Statistik ist Mathe und Mathe ist kein Hobby von mir.
Musik schon, und obwohl an diesem Abend die Buchlesung „Von Berlin nach Baku“ im Vordergrund stand, gab es immer wieder thematisch passend musikalische Überbrückungssequenzen. Das war der eigentliche Anreiz für mich, mir diese Veranstaltung anzuschauen. Gespielt wurden sie von der Royal Showband, die sich aus den Musikern Claudia Fierke, Virginia Rösinger und Stefan Pabst zusammensetzte. Letzterer ist übrigens Bassist und Sänger der Gruppe Ja, Panik.
„Hamburg“, als quasi Eröffnungssong durfte natürlich nicht fehlen. „Rumfahren“, die älteren erinnern sich. Womit sich der Abend schon vollauf gelohnt hatte. „Hamburg“, diesen alte indiegassenhauer mit seiner schönen, melancholisch suchenden Melodie und dem gelangweilt klingenden Gesang habe ich früher oft gehört. Er war so passend in vielen Lebenslagen, textlich so treffend formuliert. „Am Kamener Kreuz links vorbei“, haben wir oft mitgesungen, wenn wir zwischen Werne und Unna die A1 befuhren. Ein guter Song, eines meiner Lieblingslieder.

„Christiane Rösinger, Liedermacherin und kritische Anhängerin des Eurovision Song Contest, fährt im Mai 2012 von Berlin nach Baku. Ohne Orientierungssinn und geographische Kenntnisse, aber mit einer seelenstarken Mitmusikerin und einem auf dem Gebrauchtwagenmarkt eilig erworbenen Fahrzeug. Sie begegnet bulgarischen Männern, die ihr Leben lang auf Ziegen starren, harrt aus im »einsamsten Frühstückssaal der Welt« und überschreitet in der Türkei die Cappuccinogrenze. Sie lernt, professionelle Auslandsdeutsche von Deutschen im Ausland zu unterscheiden, wird in Tiflis zum Bestandteil der Deutschen Woche und tritt endlich, nach 4800 staubigen Kilometern, auch in Aserbaidschan auf – weit weg vom offiziellen Sponsorenspektakel.
In vielen ökologisch, alternativen Kreisen ist das Autofahren ja verpönt, und es erfordert heute einigen Mut zu sagen: Ich fahre so gern Auto! Das Rumfahren ist doch immer das Schönste!
Genau wegen dieser Vorliebe kam Christiane Rösinger am 26.Mai 2012, als nach der üblichen zähen Punkte- Auszählung beim ESC in Düsseldorf das Siegerpaar Ell und Nikki aus Aserbaidschan und der nächste Austragungsort Baku fest stand, auf die zündende Idee:
„Baku- Da müsste man mal mit dem Auto hinfahren!“

So beschreibt das zakk die Veranstaltung auf seiner Homepage. Wenn Christiane Rösinger aus ihrem Buch liest und andere Geschichten zu den Bildern auf der Videoleinwand erzählt, klingt die Reise nach einem großen Spaß mit vielen interessanten und lohnenswerten Eindrücken.
Daher kann ich nichts anderes als dies sagen: Es war ein sehr gelungener Abend mit guten Geschichten, schön ausgewählten Buchpassagen und hervorragenden Songs.

Gespielt wurden:
01: Hamburg
02: Jeder ist in seiner eigenen Welt
03: neu
04: Geh in den Keller
05: Poupee de Cire, Poupee de Son (France Gall Cover)
06: Satellite (Lena Cover)
07: Euphoria (Loreen Cover)
08: Au revoir
09: Wer wird Millionär
10: Sinnlos
11. Liebe wird oft überbewertet

Kontextkonzert:
Christiane Rösinger – Köln, 05.02.2011

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