Ort: Gloria, Köln
Vorband:

Banks & SteelzEin Rapper und ein Rocksänger treffen sich und gründen eine kleine Supergroup. Wobei sich das klein auf die Anzahl zwei bezieht, nicht auf die Größe der beiden Musiker. Denn beide sind ohne Frage Weltstars. Paul Banks (der Sänger von Interpol) und  Steelz (a.k.a. RZA; der Rapper vom Wu-Tang Clan und Gravediggaz) bilden das Projekt Banks & Steelz. Als ich die ersten Songs hörte, dachte ich sofort, dass die Interpol Gitarre, die Paul Banks nach wie vor vorzüglich spielt, musikalisch verdammt gut zu den Sprechgesängen von Robert Fitzgerald Diggs passt. Ich fühlte mich an 1993 erinnert. Damals erschien zum Film Judgement Night ein Soundtrack, der Alternative und Rap/Hiphopbands zusammenbrachte. Der Film ist eher mittelmäßig und lohnt nicht, der Soundtrack aber war und ist dagegen sehr unterschätzt. Er bietet tolle Perlen wie die Zusammenarbeit von De la Soul mit Teenage Fanclub, Sonic Youth mit Cypress Hill oder Dinosaur Jr. mit Del Tha Funky Homosapien.
Für mich ist Banks & Steelz die Weiterführung des Judgement Nights Albums in das Jahr 2016. Auf ihrem Album Anything but Words tragen die beiden eindrucksvoll die Idee einer Zusammenarbeit von Alternative/Indierock und Rap fort. Der einzige Unterschied: Hier treffen sich lediglich zwei Musiker aus den jeweiligen Genres.

Köln ist die erste Station ihrer kleinen und ersten Europatour. Das Gloria ist nicht übermäßig voll, das Wetter draußen schmuddelig und drinnen die Musik des Vor-DJ annehmbar. Sanfte, leicht tanzbare Sonntagabendmusik. Eine gute Einstimmung auf das folgende Konzert, das laut Aushang (!) für 21 Uhr angesetzt ist. Um zehn nach neun ist natürlich noch niemand auf der Bühne. Der mit Eiswürfeln inklusive Schaumweinflasche gefüllte Champagnerkübel bleibt bis dahin der einzige Aufmerker. Wollen die beiden auf ihr erstes gemeinsames Europakonzert gebührend anstoßen oder steht das Ding nur so zur Show da rum? Auflösung folgt.

Die Herren betreten in Anzügen die Bühne. Paul Banks, mit hochgeschlagenem Jacketkragen, sieht ein bisschen verpeilt und müde aus. Robert Fitzgerald Diggs dagegen scheint topfit und wirkt in seinem zu weiten Cordanzug wie ein Elder Statesman des Rap Geschäfts. Ein Schlagzeuger komplettiert die Liveformation von Banks & Steelz.

Das Publikum ist gemischt und weiß vielleicht gar nicht so recht, was es erwarten kann. Aber es wirkt auf mich neugierig und aufgeschlossen. Ich bin neugierig. Neugierig auf dieses spannende Projekt, neugierig auf die Zusammenarbeit zweier so unterschiedlicher Musiker und auf das, was sie live daraus machen.
Bereits während der ersten Songs werde ich angenehm überrascht. Wow, das klingt live viel besser als auf Platte. Die Gitarre ist präsenter und das Schlagzeug gibt den Stücken viel Zug. Der Gesang von Paul Banks und der Sprechgesang von RZA passen stimmlich sehr gut zusammen. Noch so ein Ding, das mir beim Hören des Albumstreams nicht so bewusst aufgefallen ist.  „One by one“ ist dafür ein Muster mit Wert und ein kleiner Hit. Doch Anything but words hat nicht nur Hits. Allerdings gibt es ein, zwei verdammt gute Songs auf dem Album. „Giant“ ist solch ein Song und er zeigt, dass Paul Banks es immer noch drauf hat. Ein Gedanke, der mich ein paar Songs lang verfolgte: Nicht nur auf den ersten Interpol Scheiben waren klasse Songs, auch auf den schwächer bewerteten Soloalben gibt es schöne Momente. Ja, Paul Banks Gespür für Songstrukturen und -melodien ist irgendwie immer noch da. Was nach den ersten Interpol Sachen zu weiteren Welthits vielleicht fehlt, ist ein kongenialer Musikpartner, der diese Ansätze weiterführt und die Songs damit in höhere Höhen hebt. Mit den Sologeschichten klappte das nicht ganz, und auch mit dem Projekt Banks & Steelz wird das nicht gelingen. Die Songs auf Anything but words sind allesamt solide und schön, aber zu einem bisschen mehr fehlt eben das gewisse Etwas. „Giants“ bildet da eine Ausnahme. Aber und nichtsdestotrotz ist es ein spannendes Projekt, wenn nicht für die breite Indiemasse, dann allemal für Banks-Fans und Hiphop/Rock affine Konzertgänger.

Bei nur einem produzierten Album ist das Repertoire stark begrenzt. Oft spielen Bands dann noch ein oder zwei Coversongs, um wenigstens eine Stunde Konzert voll zu kriegen.  Banks & Steelz spielen ein Cover. Und das richtigerweise nicht vom Wu-Tang Clan oder Interpol. Sie spielen „Nikes“ von Frank Ocean. Diese seichte R’n’B Schnulze interpretieren sie gut und es passt wunderbar zu den eigenen Songs. Es wäre doch auch doof gewesen, „Stella“ oder „Leif Eriksson“ in die Setlist aufzunehmen. Die wären genauso fehlplatziert, wie wenn Lee Ranaldo auf seinen Konzerten Sonic Youth Songs spielen würde.
Trotz Coversongs ist das Konzert nach einer knappen Stunde vorbei. „Giants“ als letzter Song vor der Zugabe faszinierte mich dabei genauso, wie es „Wild Season“ und „Conceal“ zuvor getan hatten. Zu einem der beiden Songs kam dann auch der Schaumwein zum Einsatz. Und von wegen Prösterchen und so! RZA schüttelte die Flasche kurz und kräftig und lässt die erste Reihe vor ihm kurzzeitig unter einer Champagnerdusche leiden. Das Formel 1 Siegerpodest lässt grüßen. Gut, kann man in einem halbvollen Gloria mal so machen. Es ist der Showhöhepunkt an diesem Abend.
Musikalisch ging das Konzert voll in Ordnung. Wie gesagt, Anything but words hat nicht nur Reißer, aber durch die Kürze des Auftritts war es nicht möglich, Langatmigkeit aufkommen zu lassen. So blieb es zu jeder Minute ein schöner und interessant unterhaltsamer Abend.
Und Paul Banks Stimme ist und bleibt einfach großartig!

Kontextkonzert:
Wu Tang Clan – Primavera Sound Festival Barcelona, 25.05.2013
Interpol – Primavera Sound Festival Barcelona, 28.05.2015
Interpol – Köln, 25.01.2015 / Palladium
Paul Banks – Köln, 29.01.2013 / Gloria
Interpol – Dortmund, 22.11.2010 / Westfalenhalle 2
Julian Plenti – Köln, 08.12.2009 / Kulturkirche Nippes
Interpol – Köln, 19.11.2007 / Palladium
Interpol – Köln 11.05.2007 / Kulturkirche Nippes
Pearl Jam – Düsseldorf, 22.06.2007 / ISS dome

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