Art Brut – Top of the Pops!
So, jetzt noch schnell einen Döner im Antalyagrill Ecke Kopernikusstrasse / Warschauerstrasse – mit der besten Knoblauchsoße die ich je zusammen mit Kalbfleisch gegessen habe -, dann weiter Richtung Kreuzberg, über die Bahnschienen (mit schönem Blick über die trashigen Gleisanlagen und Fernssehturmsillouette am Horizont) und über die Spree (mit schönem Blick auf die U-Bahnlinie 1, die hier zur brooklynschen Hochbahn mutiert). Knapp hinter dem Cafe Knusprig taucht rechts das Berliner Lido auf.
Da der alterwürdige Berliner Klub in erreichbarer Fußdistanz zu meinem Hotel liegt, habe ich mich zu einem Spontanbesuch entschlossen.
Art Brut, die Energiebolzen zwischen Punk und Frank Sinatra Charme geben sich die Ehre, und das Konzert der Band rund um Eddie Argos wollte ich mir nicht entgehen lassen.
Da ich noch keine Karte hatte, war ich relativ früh am Lido. Später sollte voll werden, doch danach sah es um kurz nach 20 Uhr noch nicht aus. Die Vorband – eine Gruppe Namens Uh Oh – spielte vor einem fast leeren Saal.
Das Lido würde ich ein bisschen größer als das Kölner Gebäude 9 einschätzen. Links am Rand sind Sitzstufen, rechts vor dem Mischpult und dem Lichtregler Sitzhocker. Diese waren im wahrsten Sinn des Wortes besetzt, ansonsten herrschte eine gähnende Leere. Die UhOh’s sind eine lustige Band. Drei oder vier Tänzer hatten sie mitgebracht, und überdies Luftballons, die ins leere Lido segelten, und allerlei Bühnenschnickschnack. Sängerin Nina Casey wechselte während des gut halbstündigen Auftritts dreimal ihr Outfit. Zum Schluß trägt sie einen Lichterkettenanzug, klettert von der Bühne auf die immer noch leere Tanzfläche und tanzt. Herrlich. Damit passen sie wie eine eins zu Berlin. Eine gelungene Vorstellung der Münchener Band, die mit ihrem Indie- Trash – Performanceprogramm durchaus zu überzeugen wusste.
Ready Art Brut?
Ja, um kurz nach halb zehn betraten Eddie Argos, Bassistin Freddy Feedback, Schlagzeuger Mikey Breyer, Gitarrist Jasper Future und Leadgitarrist Ian Catskilkin, der mich – warum auch immer – an Simon Gallup erinnerte, die Bühne.
Die neu CD „Art Brut vs Satan“ habe ich noch nicht hören können, so freute ich mich, einen ersten Eindruck von den neuen Stücken zu bekommen.
Viele neue Sachen gaben sie aber nicht zum besten, das Konzertgerüst bildeten die ersten beiden Alben. Sechs Neuigkeiten, die sich allesamt gut in das altbekannte einfügten, konnte ich entdecken. Art Brut scheinen sich auf ihrem dritten Album treu zu bleiben.
Live das gleiche Bild. Ich hatte die Band vor zwei Jahren in Köln gesehen, und irgendwann bei Rock am Ring nachts auf der allerkleinsten Bühne des Festivals. So wie damals war es auch jetzt. Der Rumpelrock entwickelt noch immer diese besondere Eigendynamik, noch immer ist Eddie ein großartiger Entertainer. Und beides zusammen ergibt beste Liveunterhaltung. So auch dieses Mal.
Besonders gelungen die Geschichte seines Rückenleidens.
Untermalt mit Tönen von „Modern Art“ erzählt uns Eddie, warum er seit Tagen über Rückenschmerzen klagt. Es geschah vor einer Woche und einem Tag, beim Besuch des van Gogh Museums. Durch die starke Anziehungskraft der Bilder seines Lieblingsmalers sei er körperlich so mitgenommen worden, dass er sich seitdem kaum mehr bewegen könne. 13 Euro hätte ihn das gekostet. „I paid 13 Euros, 13 Euros!“
Daher sei er heute mehr Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis Jr. , und Art Brut weniger Punkrock. Na gut, schauen wir mal.
Die Eddie Argos Show lief langsam an, und natürlich blieb dies nicht die einzige Anekdote an diesem Abend. Weitere Geschichten über Liebe, Leid und immer wieder den vermaledeiten Rücken, folgten.
Ebenso die immer gleichen Songansagen „This next song is about… . Ready Art Brut?!“
Musikalische Glanzstücke des Abends waren die Songs des ersten Albums „Bang Bang Roch’n Roll.“ „My little brother“, „Emily Kane“, oder im herausragenden Zugabeblock „Formed a band“ und „18000 Lira“ sorgten für die allergrößte Stimmung. Leider vergaßen Art Brut „Good weekend“ und „Moving to L.A.“.
Aber man kann nun mal nicht alles haben.
Nach guten 70 Minuten verließen Art Brut die Bühne. Und wie! Eddie Argos, mit schmerzverzerrtem Gesicht und einer Hand den Rücken haltend, ließ sich, von einem Roadie stützend, herausschleppen.
That’s entertainment! Art Brut -Top of the pops!

Setlist:
01: Alcoholics Unanimous
02: Nag Nag Nag Nag
03: Modern Art
04: Rusted gun of Milan
05: What a rush
06: St. Pauli
07: Bang Bang Rock’n‘ Roll
08: Fight
09: Summer Job
10: DC Comics
11: Emily Kane
12: Demons out
13: Bab weekend
14: Direct Hit
15: Pump up the volume
16: My little brother
17: Slapdash
Zugabe:
18: Formed a Band
19: 18000 Lira
20: Post scooting out

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Multimedia:
Archiv: Art Brut – Köln, 05.06.2007

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