Ort: Gebäude 9, Köln
Vorband: Maybeshewill
„Machen die etwa Postrock?“ Viel Skepsis schwang in dieser Frage mit, die mir kurz vor dem Beginn des Maybeshewill Auftritts gestellt wurde. Dieses Biest Postrock, oft ohne Gesang, ist für die einen anstrengender langweiliger Kram, für die anderen ist er das nicht. Für mich ist er das oft nicht, für meine gestrige Begleitung in der Regel schon.
John Helps, Andy Jackson, Robin Southby und Schlagzeuger James Collins machen Postrock. Ohne Worte. Mit Gitarren, Keyboard und Schlagzeug. Das ganz links aufgebaute Mikrifon brauchten sie nur, um sich zu bedanken und um allen viel Spaß zu wünschen. Maybeshewill kommen aus Leicester, dem Norden Englands, sie könnten auch aus Schottland stammen, dem Land der Postrockbands.
Es sah lustig aus und es war sicherlich auch dem wenigen Platz auf der Bühne geschuldet, wie die fünf sich in einer Reihe am Bühnenrand aufstellten. Wie an der Schnur gezogen standen sie nebeneinander und als nach wenigen Minuten jeder für sich auf seinen Anderthalb Quadratmeter Platz anfing zu tanzen, sah das nach Kasperletheater und sehr komisch aus. Gute 40 Minuten spielten Maybeshewill das, was man von Postrockbands erwartet: Laute, melodiöse, gitarrenlastige Rockmusik. Auf große laut-leise Sequenzen wie Mogwai oder Goodspeed you! black emperor verzichten sie, ihre Songs folgen mehr der Machart langsamer Beginn und Spannungsaufbau, Eruption, Spannungsabbau / Songende. Das klingt vorhersehbar und war es auch. Das wiederum ist jedoch nicht schlimm, ganz im Gegenteil, mir gefielen Maybeshewill sehr.

… and you will know us by the trail of dead seien eine große Band, schrieb ich nach ihrem Duisburger Konzert vor zwei Wochen. Dem ist nach diesem Abend wenig hinzuzufügen. Eventuell das Wörtchen „sehr“, zumindest jedoch „ziemlich“.
Ich habe die Texaner in den letzten Jahren sehr oft sehen dürfen, und es kam mir jedesmal so vor, als ob ich eine andere Band sehen würde. Jason Reece und Conrad Keely waren die einzigen Konstanten, drum herum gab es, so meine Konzerteindrücke immer wieder Wechseleien. In diesem Jahr fiel mir ihr Bassist Autry Fulbright II auf, den ich bisher nicht kannte. Oder muss ich ihn aus Vorjahren kennen? Grundsätzlich ist mir egal, wer die Musik spielt, die ich mag. Diskussionen, ob Trail of dead in Originalbesetzung oder nur mit dem und dem Musiker die wahren Trail of dead sind, finde ich blöd.
Lost Songs ist das achte Album der Band, das in dieser Woche veröffentlicht wird. Live gab es im G9 auch wieder zwei Songs von diesem Album, das auch in Duisburg gespielte „Up to infinity“ und „Lost songs“, das sie an diesem Abend zum zweiten Mal live spielten. Die übrigen 90 Minuten waren Hits der übrigen sieben Scheiben. Das großartige Herzstück des Konzerts war die Zeit von „Relative ways“ bis „Homage“. Ich habe selten solch intensive Konzertminuten erlebt wie hier. Ähnlich erging es mit auch schon im Grammatikoff, als mich ihr Mittelteil völlig aus der Bahn riss, allerdings empfand ich es gestern noch eine Spur stärker. „A perfect teenhood“ hatte ich lange fehlgedeutet, es ist ein Wahnsinnshit. Immer und immer wieder wechselten Jason Reece und Jamie Miller ihre Positionen an Schlagzeug und Gitarre, einmal sogar mitten in einem Song. Und mir wurde klar, dass man Testosteron für solche Auftritte braucht, sehr viel Testosteron. Unklar bleibt mir, warum man mitten im Lied die Instrumente wechselt. Kann der jeweils eine nur diese Gitarrengriffe bzw. Trommelabfolgen? Ich werde es nie erafhren.
Wer ein lautes, wildes Indiepunkrock Konzert erleben möchte, der ist bei Trail of dead hundertprozentig richtig aufgehoben. Kein Glamour, aber viel Arbeit. Zwar Emo, aber nie Pathos. Trail of dead sind eine der wenigen Bands, die so gekonnt Indiemelodien und Punk verknüpfen, dass daraus kein fieser Rise against melodic hardcore entsteht. Mit „Another morning stoner“ schließt sich der Kreis. “Will you smile again” zu Beginn und eben Stoner zum Schluss sind der perfekte Rahmen. Zwei wunderbare Rocksongs, die Überhits der Bands als Einstimmung und Abschluss eines tollen und sehr lauten Abends.
Als wir das Gebäude 9 verlassen sind wir durchgeschwitzt. Es war warm an diesem Herbstabend. Draußen, drinnen, im Herzen. Überall. An manchen Tagen braucht es so einen Abend.
Trail of dead sind eine sehr große Band!

Setlist:
01: Ode to Isis
02: Will you smile again?
03: Worlds apart
04: Lost songs
05: Up to infinity
06: Mistakes & regrets
07. Blight takes all
08. Caterwaul
09. Relative ways
10: A perfect teenhood
11: Spiral Jetty
12: Weight of the sun (or the post-modern Prometheus)
13: Homage
14: Totally natural
Zugabe:
15: Another morning stoner
16: Richter scale madness

Kontextkonzerte:
…and you will know us by the trail of dead – New York, 12.11.2006
…and you will know us by the trail of dead – Köln, 14.05.2009
…and you will know us by the trail of dead – Bochum, 11.07.2009
…and you will know us by the trail of dead – Düsseldorf, 27.03.2011
…and you will know us by the trail of dead – Esch-Alzette, 13.04.2011
… and you will know us by the trail of dead – Duisburg, 05.10.2012

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