Ort: Rockhal, Esch-Alzette
Vorband: DJ Set

Ein Album wie geschnitten Brot, dieses It‘s a shame about Ray. Ein Hit jagt den anderen und so ist es mehr als verdient und gerechtfertigt, das Evan Dando 20 Jahre nach seiner Veröffentlichung mit dem Album im Programm auf riesengroße Welttournee geht. Seit Januar spielen sie fast täglich ein Konzert. Nach Köln kommen sie in diesem Monat auch noch, nun stand jedoch für die Lemonheads erstmals Luxemburg auf dem Tourplan. Ich war auch schon länger nicht mehr hier. Dabei ist die Rockhal eine meiner lieblingskonzertorte. Aufgeräumt und verkehrstechnisch gut erreichbar liegt sie in einem neuen Wohn- und Büropark Esch-Alzettes auf einem ehemaligen Fabrikgelände im sogenannten Esch Belval.
Pünktlich um halb neun bin ich vor Ort. der Weg durch die regnerische Eifel dauerte länger als geplant. An und für sich steh‘ ich dem Naturschutz positiv gegenüber, allerdings bin ich nach dieser erneuten Trödelfahrt über die B51 sehr für den Lückenschluss der A1 zwischen Blankenheim und Trier. Luxemburg würde dann noch ein Stückchen näher rücken, was ich durchaus gut finden würde. (Ja, manchmal muss ich egoistisch denken.)
Also, ich war zeitgerecht an der Halle und als ich den Saal betrat doch sehr überrascht: Gerade einmal 70 Leute tummelten sich im Innenraum. Dass die Rockhal nicht voll sein würde, hatte ich erwartet, dass es allerdings so leer sein würde, auch nicht. Seit wenigen Minuten legte ein DJ muntere und lange nicht gehörte Singles aus den 90ern auf: Belly, Buffalo Tom, Magnapop. Ein unterhaltsames Vorprogramm, dass die Zeit gut überbrücken sollte.
Da die Rockhal freies w-Lan anbietet, kann ich noch ein bisschen lesen und mir die Zeit sinnvoll vertreiben. Gut für die Band, dass sich noch weitere Besucher in der Rockhal einfanden, so dass der Saal schlussendlich gut halbvoll war. Bis die Musiker auf der Bühne erscheinen sollten dauerte es noch eine gute Stunde. Nachdem der Lichtmann die Videoleinwand justiert hatte, alle Filme auf seinem Blackberry-Tablet ordnete und im Übereifer zweimal erst das Saallicht aus und wieder an stellte, trat gegen kurz vor 10 Evan Dando auf die Bühne.

Allein mit Akustikgitarre begann er, „The Outdoor Type“ zu spielen. Völlig aus dem nichts. Wow, ein Wahnsinnsbeginn, dem – noch wahnsinniger – “Being alive” folgte. Das war ein guter Start in das Konzert und spätestens ab jetzt war mir klar, das hier und heute ein anderer Evan Dando auf der Bühne steht als beim letzten Konzert. Das ist auch schon wieder 4 Jahre her, wie ich gerade bemerke. Damals spielten die Lemonheads im Gebäude 9 und ein flüchtiges Überlesen des Artikels ruft es nochmals in meine Erinnerung zurück: es war ein einziger Dando Abgesang.

An diesem Freitag ist Gott sei Dank alles anders. Frisch sah er aus, nicht ausgelaugt und verdrogt. Das machte Mut für den Abend. Noch vor einigen Minuten unterhielten wir uns über den desaströsen Doherty Auftritt hier vor ein paar Wochen und fragten uns, ob es heute besser werden würde. Kurz gesagt: es wurde viel besser.
Also, die Hits „The outdoor Type“ und „Being alive“ lagen genauso hinter uns wie „Frying Pan“ und „No backbone“, als Evan die Band auf die Bühne bat und uns wissen ließ, dass sie nun das Ray Album in Reihenfolge spielen werden.

“Now we play Ray in a row.”

Gesagt, getan. Das Album misst 30 Minuten Spielzeit, in der Rockhal war der Drops nach 25 Minuten gelutscht. Toll! Was für eine grandiose Darbietung! Die drei prügelten die ersten 11 Songs regelrecht herunter. Oft gab es nahtlose Übergänge zwischen den Stücken, teilweise mutierten die Alternative-Pop Songs zu High-Speed Tracks, die, kaum dass sie begannen, vorbei waren. Die Lemonheads hielten das Tempo hoch, keine Frage. Ach, es war ein viel besseres Konzert als erwartet! Auch die schwächeren Albumtracks „The Turnpike Down“, „Hannah & Gabi“ und „Ceiling Fan in My Spoon“ wirkten bei mir kaum nach. Auf der Hinfahrt hatte ich da noch Bedenken.
Alles schrie nach einem sehr guten Konzert und zum perfekten It‘s a shame about Ray Abend fehlte nur Juliana Hatfield. Allerdings und bekanntermaßen dauerte ihre Liaison mit Evan Dando ja nicht lang und nach dem Ray-Nachfolgealbum „Come on feel the Lemonheads“ war sie (leider) raus. Aber die Stimme der Bassistin ist und bleibt die einzig zulässige zweite Lemonheads Gesangsstimme. An diesem Abend musste der Bassist bei „Bit part“ oder „My Drug Buddy“ aushelfen und er hielt sich dankenswerterweise dezent im Hintergrund. Sein Gesang war kaum zu hören. „Frank Mills“, das den Abschluss des Albums bedeutete, spielte Evan Dando dann wieder alleine. Es war der Übergang zur zweiten Solo Session an diesem Abend. „It’s about time“ und „Into your arms“ waren zwei der fünf Solonummern, die jetzt folgten. Qualitativ stand sie dem Eröffnungspart in nichts nach und als Rahmen um die Album-Songs gezogen passten die Akustikparts wunderbar. Doch damit war der Abend noch nicht vorbei. Für fünf oder sechs weitere Songs kamen Bassist und Schlagzeuger nochmals auf die Bühne. „Philadelphia“ und „Tenderfoot“ waren zwei der Stücke und ich glaube, „The great big no“ haben sie auch noch gespielt. Ich weiß es aber nicht mehr genau. Zwei Zugaben ergänzten das Set und nach runden 75 Minuten war der Abend vorbei. Wir waren uns einig, es war ein gutes Konzert, ein sehr gutes!
An diesem Freitag hatte sich jeder Kilometer gelohnt! Gut gestimmt verließ ich die Rockhal und Luxemburg, um durch die dunkle und schaurige Eifel nach Hause zu fahren. Die konnte mir jetzt auch keine Angst mehr machen, in bestmöglicher Laune waren die zweieinhalb Stunden Rückfahrt ein Klacks.

Multimedia:

Kontextkonzert:
The Lemonheads – Köln, 03.10.2008
The Lemonheads – Köln, 27.10.2006

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