Ort: Heineken Music Hall, Amsterdam
Vorband: keine

Der NME weiß es bereits knappe 10 Minuten nach Konzertende:

The Stone Roses frontman Ian Brown called the band’s drummer Reni a ‚c**t‘ onstage in Amsterdam at tonight’s (June 12) gig at the Heineken Music Hall.
It was rumoured on Twitter that Reni had walked offstage during the show, but in fact, Ian Brown returned to the stage after the band had played their main set. The crowd were expecting an encore of ‚I Am The Resurrection‘ – which the Roses had played at their show in Barcelona last week. Instead, Brown told the crowd „the drummer’s gone home“.
NME’s source at the show explained that the crowd weren’t sure if Brown was being serious or not as he repeated, „I’m not joking, the drummer’s gone home.“ Brown continued: „Get all your aggro out on me, I can take it.“ Then he added: „What can I say, the drummer’s a c**t.“

Tja, so sind sie, die Manchester Bands der ersten Stunde. Oasis schafften das nie! (und sie ärgern sich sicherlich maßlos darüber!)
Mein erstes Hörverständnis, den Schlagzeuger hätte vor der Zugabe eine Spontankrankheit ereilt, stimmte also gar nicht. Aber das mit der Stimme und dem Verstehen von Ian Brown ist sowieso eine separate Geschichte. Eine von vielen die, dieses Konzert für uns bereithielt.
Genau, es war seit langem wieder eine dieser Konzertfahrten, die für höchste Unterhaltung gut war. Doch der Reihe nach. Was hatten wir uns gefreut, als wir vor einigen Wochen davon erfuhren, dass eine unserer Lieblingsband der anfangenden 90er, die Stone Roses, doch noch ein Konzert in unserer Nähe spielen würden. Schnell buchten wir die Karten, innerhalb der ersten Stunden nach Freischaltung des Ticketverkaufs lagen sie als pdf in unseren Postfächern. Dass dies alles völlig unnötig, weil die Amsterdam Arena längst nicht ausverkauft sein sollte, konnten wir damals nicht ahnen. Die zügigen „sold out“ Meldungen der anderen Roses Auftritte ließ anderes befürchten. Nun gut, wir waren auf der sicheren Seite, so oder so.
Das Amsterdamer Konzert sollte mein zweites Stone Roses Konzert werden. 1995 sah ich sie im Kölner E-Werk. Den damaligen Abend kann ich mit einem Wort beschreiben: desolat. Positive Erinnerungen habe ich keine, nach diesem fahrigen Auftritt wollte ich kein Stone Roses Fan mehr sein und überlegte ernsthaft, meine Roses CDs zu verschenken. Da die Band kein drittes Album mehr aufnahm und sich kurze Zeit später auflöste, wurden mir viele derlei Überlegungen abgenommen. Danach verschwand die Band, viele neue – und bessere – Brit-Bands übernahmen ihren Platz. Ian Browns Solosachen haben mich nie begeistert, The Seahorses, die nachfolgende Band des Gitarristen John Squire mochte ich sehr und sah sie im Vorprogramm von Oasis drei Jahre später in Oberhausen.
Als die Stone Roses im letzten Jahr eine Reuniontour ankündigten spekulierten wir schon über einen Primavera Auftritt. Der fand nicht statt und lange Zeit sollte es so aussehen, als ob die Briten überall aber nur nicht in unserer Nähe spielen sollten. Trotz oder gerade wegen der desolaten 90er Jahre Konzerterinnerung war es irgendwie logisch, dass ich sie nochmals live sehen wollte. Als dann das Amsterdamer Konzert in den bestehenden Tourplan eingeschoben wurde, war alles klar.
Unter normalen Umständen wäre es ein Konzertausflug gewesen, über den wir uns auf der Rückfahrt maßlos geärgert hätten.
Die lange Fahrt für 70 Minuten Konzert, ein mehr als teuer offizieller Parkplatz vor der Heineken Music Hall, anstrengendes Publikum um uns herum und Bierpfützen auf dem Boden.
All das nahmen wir überraschend gelassen hin, ärgerten uns nicht und wunderten uns genau darüber auf der Rückfahrt. Also muss doch irgendwas Magisches an diesen Stone Roses sein…
Sehr pünktlich waren wir auf dem Vorplatz der Amsterdam Arena. Obwohl der Name anderes vermuten lässt, ist die Halle mehr ein Arena-chen als eine Arena. 5000 Leute passen in die schöne Konzerthalle, die einen sehr guten Eindruck auf uns machte. Eine zweirangige Sitztribüne gegenüber der Bühne, ein passendes Verhältnis von Saalbreite zu Saallänge und eine gute Akustik sorgten für schöne Rahmenbedingungen.
Als wir den Saal betraten, es war kurz vor acht, war es nicht voll. Einige Konzertreisende waren schon da, aber alles in allem war die Arena vielleicht zur Hälfte gefüllt. Da es im Vorfeld klar war, dass es keine Vorband geben würde, richteten wir uns auf einen Konzertbeginn von viertel vor neun, neun Uhr ein. Die Setlisten der ersten beiden Stone Roses Konzerte aus Barcelona (den britischen Warm-up Gig nicht eingerechnet) ließen auf eine Konzertdauer von guten 80 Minuten schließen, so dass wir uns den Amsterdamausflug am Wochenende noch damit schönredeten, um 2 Uhr wieder in Köln zu sein. Als um viertel nach neun immer noch keine Bühnenaktionen in Sicht waren, war uns auch das egal, genauso wie die sich in Scharen um uns herum gruppierten Inselbewohner, die sich gefühlt alle 5 Minuten mit sechs- bis 10 Bierbechern in der Hand an uns vorbei schoben oder in unserem Rücken zu Mallorcahymnen ravten. Ab da war klar, der Abend wird feucht fröhlich. Es zeigte aber auch, dass die Stone Roses wohl nur mit britischem Publikum funktionieren (oder in Japan). Von daher ist die easy jet Stadt Amsterdam als Konzertort abseits der großen Festivals geschickt gewählt, bietet sie doch die Gelegenheit, günstig und fix zum Konzert anzureisen. Und dieses Angebot nahmen sehr viele Briten wahr.
Die Stimmung war entsprechend, als die Stone Roses erwartungsgemäß mit „I wanna be adored“ starteten. Dass die Madchester-Gründer nicht nur große Hits haben und leicht überschätzt wurden, zeigte sich sehr schnell in den Songs 3 bis 5. Gleichklingende Popsongs mit langgestreckten Gitarrensoli ließen uns Festlandeuropäer unabgeholt zurück. Jetzt tanzte und sang nur ein Drittel der Arena zu „Mercy paradise“ oder „Where angels are play“.
So war das Zwischenfazit nach der Hälfte des Sets, das von mir nie gemochte „Fools gold“ in einer sehr ausgedehnten Version hatte ich gut gerade überstanden, wenig überraschend:
Ian Brown, der Gallaghers Prototyp, ist immer noch der Vollspaten, Mani, Reni und Johni (Squire) immer noch die guten Handwerker und einige der Roses Songs immer noch leicht überbewertet.
Bei „Don’t stop“, diesem vertrackten und verdrehten Rave-Bombastding, fällt mir Johnis und Manis Gitarrenspiel besonders eindrucksvoll auf. Wie kann man nur all diese abrupten Wendungen gitarrengrifftechnisch hinbekommen? Ich dachte immer, es würde mit Keyboards gespielt und nicht mit Gitarren. Sagenhaft. Ich hörte aber auch, dass Ian Brown sowas von keine Tonlagen trifft und hält. Sein Gesang, und das hörten wir immer in den Momenten deutlich heraus, wenn er direkt an der Box vor uns herum turnte, wurde künstlich verstärkt. Wir hörten immer eine zweite Stimme, sahen aber keinen weiteren Sänger (gut, Reni hatte ein Mikrofon, allerdings klang es nicht so, als ob der Schlagzeuger die Zweitstimme geben würde). Saint Etienne lösten vor einer Woche das gesanglich / textliche Problemchen ihrer Frontfrau geschickt dadurch, dass sie ihr eine Backgroundsängerin zur Seite stellten. Wunderbar und gut. Die Stone Roses lösten es anders. Egal ob vom Band unterstützt oder anders, das auswärtige Publikum war textsicher und sang gnadenlos alles mit. Daher spürte man den Stimmdefizit nur sehr selten in wenigen Momenten.
Die ganz große Show (eine große war es ja bereits) begann mit „Waterfall“. In Reihenfolge kamen anschließend mit „Don’t stop“, „This is the one”, “She bangs the drums” und “Made of stone” all die Riesenhits, die ich immer noch sehr gerne höre. Junge, Junge, besser geht es nicht! Jetzt lief das Ding auf höchster Umdrehung und Ian Brown war in seinem Poserelement: hier ein paar Grimassen für das Mädchen links in der ersten Reihe, dort ein paar Boxertänzelschritte oder einfach mal das Mikrofon in die Hosentasche stecken und beidarmig die Rasseln schwingen. Herrlich, großartig! Mag er gesanglich nicht mehr ganz auf der Höhe sein, eine Rampensau ist Ian Brown nach wie vor. Nach „Love spread“ verließ die Band die Bühne und alles wurde für eine Zugabe – wir erwarteten „I am the resurrection“ – vorbereitet. Nach einigen Minuten kam dann Ian Brown aus dem Backstagebereich ans Mikrofon und verkündete, dass es keine Zugabe mehr geben werde. Den Grund verstanden wir auch bei der dritten Wiederholung nicht wirklich richtig. Das war es dann also, das Konzert war beendet. Licht an, Abbau. Ein sehr unterhaltsamer Abend fand sein überraschendes Ende. Ein Ende jedoch, das gut zu diesem Stone Roses Konzertabend passte, da waren wir uns auf der Rückfahrt einig. Komischerweise ärgerten wir uns auch nicht darüber.
Dieser Abend war viel besser als mein erstes Stone Roses Konzert. Der Ausflug hat sich gelohnt.
Everybody’s dancin‘ shoes?“ Jep!

Setlist hören bei Spotify: The Stone Roses – Live @ Heineken Music Hall, Amsterdam, 12-06-2012

Multimedia:
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Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. samuelski

    soweit ich weiß hat Reni schon immer hinterm schlagzeug mitgesungen.
    auch bei diesem konzert konnte man sein headset sehen und ich kann bestätigen,
    dass Reni eine erstklassige zweitstimme gesungen hat.
    die kam so herrlich aus dem untergrund heraus, dass ich dann immer verwundert war,
    wie melodiös und voll das lied und der entsprechende refrain war.
    wirklich klasse. toller schlagzeuger und super sänger nebenbei.

    andere frage:
    hast du den mikrophon-trick von ian brown verstanden?
    fand ich ja ganz geil.

    grüße

    1. frank

      Nee, den hab ich leider auch nicht verstanden!

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